Das Amtsgericht München hat am 17.07.2020 zu den Aktenzeichen 275 C 12174/20, 275 C 12175/20 entschieden, dass es rechtmäßig ist, einem Obdachlosen, der die Alltagsmaske krankheitsbedingt nicht tragen kann, Zugang zu zwei Hilfseinrichtungen zu verweigern, da ihm Zugang zu einem Essen auf anderem Weg und Zutritt zu ähnlichen Einrichtungen eröffnet war.
Ein Obdachloser begehrte von zwei Wohlfahrtsverbänden vorläufigen Zutritt zu deren Essensausgabe bzw. zu deren Tageseinrichtung auch ohne Atemschutzmaske. Der Antragsteller, ein fast vierzigjähriger Obdachlosen aus München, beruft sich auf ein aktuelles Attest, nachdem ihm wegen chronischen Asthmas das Tragen von Mund-Nasen-Schutz-Masken unmöglich sei. Sowohl auf die Inanspruchnahme der Essensausgabe wie der offenen Tageseinrichtung, die er vor allem wegen der Möglichkeiten zur Körperhygiene besuche, sei er angewiesen. Wegen Corona könne er für seinen Unterhalt nicht mehr selbst aufkommen.
Seine ursprünglich vor dem Verwaltungsgericht Anfang Juni 2020 gestellten Anträge wurden zuständigkeitshalber an das AG München verwiesen, da die privatrechtlich verfassten Träger die jeweiligen Angebote nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften vorhalten würden. Der Träger der Essensausgabe hält entgegen, dass der Antragsteller im Mai 2020 zweimal bei seiner Essensausgabe erschienen sei. Das erste Mal habe er mittels des auf seinem Handy gespeicherten Attestes irrtümlich Zutritt erhalten. Das zweite Mal sei ihm dieser verwehrt worden, da er das Attest nicht mehr vorgezeigt, sondern sich darauf berufen habe, dass man es registrieren hätte müssen. Das Essen sei ihm dann hinausgebracht worden. Es sei mit dem Selbstverständnis der Einrichtung unvereinbar, ihm Essen zu verweigern. Aufgrund der Schutzpflicht für die anderen Klienten könne man es ihm aber nicht innerhalb der Einrichtung ausgeben. Die Trägerin der offenen Tageseinrichtung bestätigt, dem Antragsteller am 16.05.2020 ein Hausverbot für ihre Einrichtung ausgesprochen zu haben. Dem sei eine erregte Diskussion innerhalb der Räumlichkeiten vorausgegangen, bei der sich der Antragsteller geweigert habe, diese ins Freie zu verlegen. Sowohl unter den Mitarbeitern wie auch unter der hoch vulnerablen Gruppe der Besucher gebe es einige, die zur Hochrisikogruppe zu zählen seien. Deren Schutz verbiete es, auch nur in attestlich belegten Ausnahmefällen von der Mund-Nasen-Schutzmaske abzusehen. Der Antragsteller könne auf entsprechende Einrichtungen der Landeshauptstadt München ausweichen, die zur Aufnahme verpflichtet seien.
Das AG München hat die Eilanträge abgelehnt.
Nach Auffassung des Amtsgerichts darf der Eigentümer einer Immobilie andere von jeder Einwirkung ausschließen und frei darüber entscheiden, wem er zu welchen Bedingungen den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt. In den Fällen, in denen eine Örtlichkeit für den Publikumsverkehr geöffnet sei und der Person des einzelnen Besuchers regelmäßig nur untergeordnete Bedeutung zukomme, sei jedoch ein sachlicher Grund für die Einschränkung des Zutritts erforderlich.
Es seien vorliegend die Freiheitsrechte des Einzelnen und die Interessen der Antragsgegnerin abzuwägen. Die Antragsgegnerin begründe die Einschränkung des Zutritts damit, dass sie eine Schutzpflicht für andere Klienten treffe. Angesichts der Tatsache, dass täglich eine Vielzahl von Menschen zur Essensausgabe kommen und es sich hierbei auch häufig um ältere Männer handele, die eine besondere Risikogruppe im Rahmen der Corona-Pandemie darstellen, hat die Antragsgegnerin – auch bei Berücksichtigung der Grundrechte des Antragsstellers – den Zugang zur Einrichtung in zutreffender Weise geregelt. Den Interessen der übrigen vielen Klienten der Antragsgegnerin sei vorliegend der Vorzug vor den Freiheitsrechten des Antragsstellers einzuräumen. Darüber hinaus sei der Antragssteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht daran gehindert, an der Essensausgabe teilzunehmen. Vielmehr werde ihm das Essen nach draußen gebracht.
Überdies gehörten nach den Ausführungen der Antragsgegnerin auch einige ihrer Mitarbeiter zur Hochrisikogruppe. Den Interessen der übrigen Besucher sowie den Interessen der Mitarbeiter der Antragsgegnerin sei vorliegend der Vorzug vor den Freiheitsrechten des Antragsstellers einzuräumen. Darüber hinaus sei der Antragssteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht schutzlos gestellt.
Die im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschlüsse sind rechtskräftig.