Zur Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen von Sportvereinen

10. Dezember 2020 -

Der Europäische Gerichtshof hat am 10.12.2020 zum Aktenzeichen C-488/18 entschieden, dass Sportvereine, die Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringen, sich nicht unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit gemäß Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe m der Mehrwertsteuerrichtlinie berufen können, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren.

Aus der Pressemitteilung des EuGH vom 10.12.2020 ergibt sich:

Der BFH hatte einen Rechtsstreit zu entscheiden zwischen dem Finanzamt Kaufbeuren mit Außenstelle Füssen und dem Golfclub Schloss Igling e.V. wegen der Entscheidung des Finanzamts, bestimmten im Zusammenhang mit dem Golfspiel stehenden, vom Golfclub den Golfspielern erbrachten Dienstleistungen die Befreiung von der Umsatzsteuer zu versagen. Der BFH ersucht den EuGH in diesem Zusammenhang um Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112, der bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
m) bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;“

Der EuGH hat dem BFH wie folgt geantwortet:

  1. Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er keine unmittelbare Wirkung hat, so dass sich auf diese Vorschrift, wenn durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, mit denen sie umgesetzt wird, nur eine begrenzte Zahl in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit wird, eine Einrichtung ohne Gewinnstreben vor den nationalen Gerichten nicht unmittelbar berufen kann, um die Befreiung anderer in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer zu erwirken, die diese Einrichtung für die solche Tätigkeiten ausübenden Personen erbringt und die nach den genannten Rechtsvorschriften nicht befreit sind.
  2. Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist, der verlangt, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung von ihr erzielte Gewinne, die die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder sowie den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigen, nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.

Zu Antwort 1 führt der EuGH u.a. aus, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 weder eine abschließende Liste der in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden und von den Mitgliedstaaten von der Steuer zu befreienden Dienstleistungen enthalte noch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Befreiung aller ein solches Merkmal aufweisenden Dienstleistungen. Vielmehr sei diese Vorschrift dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaaten insoweit einen gewissen Ermessensspielraum einräume. Daher erfülle sie nicht die Bedingungen, um vor den nationalen Gerichten unmittelbar geltend gemacht werden zu können.

Zu Antwort 2 führt der EuGH u.a. aus, dass das Fehlen eines Gewinnstrebens voraussetze, dass die Einrichtung während ihres gesamten Bestehens und auch bei ihrer Auflösung für ihre Mitglieder keine Gewinne erwirtschafte. Andernfalls könnte eine solche Einrichtung diese Anforderung nämlich dadurch umgehen, dass sie nach ihrer Auflösung die durch ihre gesamten Tätigkeiten erzielten Gewinne an ihre Mitglieder verteile, obgleich ihr die mit der Einstufung als „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ verbundenen – insbesondere steuerlichen – Vorteile zugutegekommen seien. Folglich könne als „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie nur eine Einrichtung eingestuft werden, deren Vermögen fortwährend der Verwirklichung des von ihr verfolgten Zwecks diene und nach ihrer Auflösung nicht auf ihre Mitglieder übertragen werden könne, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder und den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteige.