Das Oberlandesgericht Hamm hat am 16.10.2020 zum Aktenzeichen 11 U 72/19 entschieden, dass eine Stadt oder Gemeinde für den Sturz einer Fußgängerin über einen Pflasterstein nicht haftet, wenn sie darlegen kann, dass sie den Gehweg in zeitlicher und örtlicher Hinsicht ausreichend kontrolliert hat.
Aus Pressemitteilung des OLG Hamm vom 28.01.2021 ergibt sich:
Die damals 64jährige Klägerin verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld von mehr als 20.000 Euro wegen der Folgen eines von ihr behaupteten Unfallereignisses zur Mittagszeit im August 2017 auf dem Alten Markt in Bochum-Wattenscheid, bei dem sie sich den linken Oberarmknochen mehrfach gebrochen hat. Sie wirft der beklagten Stadt vor, eine Gefahrenquelle durch einen 4 bis 5 cm über das Straßenniveau hinausragenden Pflasterstein, über den sie gestürzt sei und den sie nicht habe erkennen können, nicht beseitigt zu haben. Die beklagte Stadt hat sich unter anderem damit verteidigt, dass die Pflasterung und der Plattenbelag auf dem Alten Markt regelmäßig einmal pro Woche durch einen geschulten Straßenbegeher – zuletzt fünf Tage vor dem Unfall – kontrolliert werde.
Das LG Bochum hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass es nicht darauf ankomme, in welcher Höhe der Pflasterstein herausgestanden habe, weil die beklagte Stadt den Markplatz jedenfalls ausreichend kontrolliert habe.
Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil war nicht erfolgreich.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts bestehen zwar keine Zweifel daran, dass die Klägerin zur angegebenen Zeit an der angegebenen Stelle über einen hochstehenden Pflasterstein gestolpert ist und sich durch den Sturz eine Fraktur des linken Oberarmknochens zugezogen hat. Auch sei klar, dass dieser Pflasterstein eine Gefahrenstelle dargestellt habe, die zu beseitigen gewesen sei. Dennoch hafte die beklagte Stadt nicht, weil sie ihre Kontrollpflicht nicht verletzt habe. Dabei müsse eine Stadt oder Gemeinde allerdings Straßen und Wege auf ihrem Gebiet überprüfen, um neue Schäden oder Gefahren zu erkennen und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Hierzu gehöre es, die Straßen und Wege – in Abhängigkeit von ihrer Verkehrsbedeutung – regelmäßig zu beobachten und in angemessenen Zeitabschnitten zu befahren oder zu begehen. Nicht verlangt werden könne aber, dass eine Straße oder ein Weg ständig völlig frei von Mängeln und Gefahren sei, da sich ein solcher Zustand nicht erreichen lasse. Diesen Anforderungen habe die beklagte Stadt genügt, indem sie rund fünf Tage vor dem Unfall die spätere Unfallstelle bei einer ihrer wöchentlichen Kontrollen noch durch einen Straßenbegeher habe überprüfen lassen. Für eine nicht ausreichende Kontrolle der Wegstrecke bestünden keine Anhaltspunkte. Der Pflasterstein könne sich auch kurz vor dem Unfall der Klägerin gelockert haben. Die Ungewissheit bezüglich der Ursache und dem Zeitpunkt der Lockerung gehe zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Klägerin.
Das Urteil ist rechtskräftig.