Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 04.01.2022 zum Aktenzeichen 1 B 479/21 den Eilantrag auf Außervollzugsetzung der durch die Vierte Verordnung zur Änderung der 29. Coronaverordnung angeordneten Regelung über ein 2-G-Zugangsmodell im Einzelhandel (vgl. dort § 3 Abs. 4a und Abs. 5) abgelehnt.
Aus der Pressemitteilung des OVG Bremen vom 05.01.2022 ergibt sich:
Die Antragstellerin, ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen, das im Wesentlichen Produkte aus dem Textilsortiment sowie Wohn- und Dekorationsartikel und Schmuck vertreibt, machte im Wesentlichen geltend, es fehle für die Regelung – insbesondere für die bestimmten Einzelhandelsgeschäften auferlegten Kontrollpflichten – an einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage. Sie stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Im Einzelhandel bestehe bei den gegenwärtigen Vorsichtsmaßnahmen kein besonderes Infektionsrisiko.
Nach Auffassung des zuständigen 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Bedenken gegen die angegriffene Regelung. Hierfür finde sich im Infektionsschutzgesetz eine hinreichende Rechtsgrundlage, die es ermögliche, zur Bekämpfung der Corona-Pandemie den Zugang zu Betrieben und Einrichtungen an den Nachweis der Impfung oder Genesung zu knüpfen. Dies beinhalte auch die entsprechenden Kontrollpflichten des jeweiligen Betreibers.
Die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sei nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts sehr hoch. Ursächlich hierfür sei das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikron Variante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand (aus anderen Ländern) deutlich schneller und effektiver verbreite als die bisherigen Virusvarianten. Dadurch sei mit einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle zu rechnen und es könne zu einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und gegebenenfalls weiterer Versorgungsbereiche kommen. Die zuständige Behörde habe dagegen die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, die sich auch gegen sonstige Dritte („Nichtstörer“) wenden könnten.
Die in § 3 Abs. 4a und 5 der 29. Coronaverordnung geregelte Zugangsbeschränkung halte voraussichtlich die sich aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit ergebenden Grenzen des der Verordnungsgeberin zustehenden Gestaltungsspielraums ein. Sie bewirke – gemeinsam mit den weiteren in der Verordnung geregelten Einschränkungen – eine insbesondere im Hinblick auf die effektive Bekämpfung der Omikron Variante notwendige Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung, insbesondere von nicht immunisierten Personen, und trage damit zu einer Reduzierung des Infektionsgeschehens bei. Es sei zu beachten, dass sich Kundinnen und Kunden in Bekleidungsgeschäften oft über einen längeren Zeitraum aufhielten und auch insoweit eine erhöhte Infektionsgefahr bestehe.
Die von der Antragstellerin als Alternativen zu den Zugangsbeschränkungen vorgeschlagenen Maßnahmen, wie z.B. eine allgemeine Impfpflicht oder eine verschärfte Maskenpflicht seien entweder kein milderes Mittel oder zur Vermeidung der Virusübertragung auf nicht immunisierte Personen nicht gleich geeignet.
Schließlich seien die Zugangsbeschränkungen für den Einzelhandel, die als Berufsausübungsregelungen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 GG eingriffen, angemessen. Angesichts der gravierenden und teils irreversiblen Folgen, die ein weiterer unkontrollierter Anstieg der Zahl von Neuansteckungen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte, müsse in einer Güterabwägung das Interesse der Antragstellerin an einem ungehinderten Geschäftsbetrieb hinter dem mit der angefochtenen Regelung bezweckten Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zurücktreten. Der ganz überwiegende Anteil der potentiellen Kundinnen und Kunden sei weiterhin zum Betreten der Verkaufsstätten des nichtprivilegierten Einzelhandels berechtigt. Die Grundversorgung der nicht immunisierten Personen sei weiterhin gewährleistet.
Die angegriffene Vorschrift verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung von Bau- und Gartenbaumärkten, Blumenläden, Gärtnereien sowie Buchhandlungen und Gemischtwarenläden sei nicht willkürlich.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.