Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 03. März 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 1746/18 entschieden, dass eine Durchsuchung der Wohnung als Beschuldigter gemäß § 102 StPO verfassungswidrig war.
Die Fachgerichte haben im vorliegenden Verfahren das Vorliegen eines Anfangsverdachts der Geldwäsche in Bezug auf eine konstitutive Vortat nicht hinreichend dargelegt.
Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend.
Eine Durchsuchung wegen des Verdachts der Geldwäsche setzt voraus, dass ein Anfangsverdacht nicht nur für die Geldwäschehandlung vorliegt, sondern auch für das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer Katalogvortat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben ist. Dass eine Vortat gerade aus dem Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB begangen wurde, ist nach der derzeitigen Gesetzesfassung ein wesentliches Merkmal der Strafbarkeit der Geldwäsche. Erst die Vortat versieht das Geld oder den sonstigen Gegenstand, mit dem der Geldwäschetäter umgeht, mit dem Makel, der einer neutralen, sozialtypischen Handlung wie beispielsweise einer Geldzahlung das Unwerturteil der Strafbarkeit zuweist.
Nicht ausreichend für die Annahme eines Anfangsverdachts ist es demnach, wenn keine über bloße Vermutungen hinausgehende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Vortat bestehen. Auch Anhaltspunkte für die Annahme, das betroffene Geld oder der betroffene Vermögensgegenstand rührten aus irgendeiner Straftat her, genügen nicht, um Strafverfolgungsmaßnahmen auszulösen. Zwar wurde der Vortatkatalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB in den vergangenen Jahren stets erweitert, sodass mittlerweile weite Bereiche strafbaren Handelns erfasst sind. Jedoch verzichtet der Gesetzgeber in der aktuellen Fassung des § 261 StGB nicht gänzlich auf einen Vortatenkatalog und sind wesentliche Vergehen wie beispielsweise Diebstahl, Betrug und Untreue nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen von § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5 StGB (Gewerbsmäßigkeit, Bandenmäßigkeit, Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung) erfasst.
Die für die Meldepflicht aus § 43 GwG beziehungsweise § 11 GwG a.F. geltenden Anforderungen an den Geldwäscheverdacht können nicht auf den strafprozessualen Anfangsverdacht übertragen werden. Denn die Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz ist an deutlich geringere Anforderungen geknüpft. Insbesondere muss nach ganz herrschender Auffassung kein doppelter Anfangsverdacht im Hinblick auf die Geldwäschehandlung und das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer Vortat nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB bestehen. Für das Vorliegen eines meldepflichtigen Verdachts ist es danach ausreichend, dass objektiv erkennbare Anhaltspunkte dafür sprechen, dass durch eine Transaktion illegale Gelder dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen oder die Herkunft illegaler Vermögenswerte verdeckt werden sollen und ein krimineller Hintergrund im Sinne des § 261 StGB nicht ausgeschlossen werden kann.
Die gegenüber der Meldepflicht aus § 43 GwG beziehungsweise § 11 GwG a.F. erhöhten Anforderungen an den strafprozessualen Anfangsverdacht widersprechen der gesetzgeberischen Konzeption nicht. Zum einen hat der Gesetzgeber für die Verfolgung von Geldwäschedelikten keine Ausnahmen von den gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen vorgesehen. Ohnehin kann aus verfassungsrechtlicher Perspektive für die Geldwäsche keine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht werden, dass zulässiges Ziel einer Durchsuchung nicht die Verdachtsbegründung sein darf. Zum anderen können Verdachtsmeldungen ihren Zweck auch dann erfüllen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Vortat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen, indem sie einen Anstoß für Ermittlungen geben, durch die das Vorliegen eines Anfangsverdachts erst geprüft werden soll. Vorermittlungen zur Klärung der Frage, ob die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung strafprozessualer Zwangsmaßnahmen veranlasst ist, sind nach allgemeiner Ansicht zulässig.
Danach ist für den eine Durchsuchungsanordnung tragenden Anfangsverdacht der Geldwäsche zunächst erforderlich, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer bestimmten Geldwäschehandlung bestehen. Zusätzlich müssen nachvollziehbare Anhaltspunkte vorhanden sein, welche die Begehung einer der in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Vortaten möglich erscheinen lassen. Dabei ist die mögliche Katalogtat zu konkretisieren. Nicht erforderlich ist allerdings, dass die Geldwäschevortat bereits in ihren Einzelheiten bekannt ist. Das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass weitere Ermittlungen gegebenenfalls in Form von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist.
Hinter diesen Anforderungen bleibt der angegriffene Beschluss so weit zurück, dass er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 13 Abs. 1 GG erkennen lässt.
Zwar bestanden zum insoweit allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnungen tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung, dass das auf das Konto der Beschwerdeführerin zu 2. eingezahlte Geld aus (irgendwelchen) Straftaten herrühren könnte. Angesichts der vielfältigen Mängel und Auffälligkeiten des vorgelegten Darlehensvertrags ist die Auffassung der Fachgerichte, es bestehe ein Anfangsverdacht für dessen inhaltliche Unrichtigkeit, für den Versuch einer Verschleierung der Herkunft des Geldes und damit für die konkrete Möglichkeit, dass das Geld aus Straftaten stammen könnte, verfassungsrechtlich vertretbar.
In den Durchsuchungsanordnungen und dem angegriffenen Beschluss des Landgerichts Darmstadt wurde jedoch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Herkunft gerade aus einer Katalogvortat möglich erschien. Tatsächliche Anhaltspunkte, die auf das Herrühren des Geldes gerade aus einer der Katalogvortaten des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB schließen ließen, lassen sich den fachgerichtlichen Entscheidungen nicht entnehmen. Das Amtsgericht nahm insoweit keine Konkretisierung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht vor, sondern beschränkte seine Ausführungen in den Durchsuchungsbeschlüssen auf einen pauschalen Verweis auf „§ 261 StGB“. Auch soweit das Landgericht demgegenüber auf § 11 GwG a.F. abstellte und davon ausging, dass die Voraussetzungen des § 261 StGB im Rahmen des Anfangsverdachts nicht zu prüfen seien, verkennt es die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Durchsuchungsbeschlüsse und entsprechende Beschwerdeentscheidungen. Im Rahmen der Prüfung eines Anfangsverdachts der Geldwäsche ist auf die Voraussetzungen des § 261 StGB und damit auch auf das Vorliegen einer Katalogvortat abzustellen. Die für die Meldepflicht aus § 43 GwG beziehungsweise § 11 GwG a.F. geltenden Anforderungen an den Geldwäscheverdacht können dabei nicht auf den strafprozessualen Anfangsverdacht übertragen werden.
Da weder das Amtsgericht noch das Landgericht Anhaltspunkte für das Vorliegen gerade einer Katalogvortat und nicht bloß irgendeiner (anderen) Straftat anführten, sind die Durchsuchungsanordnungen sowie die angegriffene bestätigende Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht mit Art. 13 Abs. 1 GG zu vereinbaren.