Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschluss vom 31.10.2019 zum Aktenzeichen 1 A 11643/17.OVG entschieden, dass eine Windenergieanlage im Landkreis Cochem-Zell das Kollisions- und Tötungsrisiko für ziehende Kraniche nicht in signifikanter Weise erhöht, so dass es einer Abschaltauflage zum Schutz des Kranichzugs nicht bedarf.
Aus der Pressemitteilung des OVG RLP Nr. 35/2019 vom 03.12.2019 ergibt sich:
Die Klägerin erhielt vom Landkreis Cochem-Zell die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage mit der Auflage, an den Massenzugtagen des Kranichs im Frühjahr und Herbst bei bestimmten Wetter- und Windbedingungen die Anlage während des Überflugs der Zugwelle abzuschalten.
Das VG Koblenz hatte ihre gegen diese Auflage erhobene Klage mit der Begründung zurückgewiesen, ohne die Nebenbestimmung stünde der Genehmigung der Anlage das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nach dem Bundesnaturschutzgesetz entgegen, weil sich das Tötungsrisiko für den Kranich durch die Windenergieanlage in signifikanter Weise erhöhe. Gegen die Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Das OVG Koblenz hat der Klage stattgegeben und die angefochtene Nebenbestimmung aufgehoben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die Voraussetzungen für den Erlass der Kranichabschaltauflage nicht gegeben. Die Windenergieanlage erfülle auch ohne die Auflage die Genehmigungsvoraussetzungen, insbesondere stehe sie auch ohne diese im Einklang mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Danach sei es verboten, wildlebende Tiere besonders geschützter Arten – zu denen auch der Kranich gehöre – zu töten. Der Tatbestand dieses artenschutzrechtlichen Tötungsverbotes sei mit Blick auf die bei einem Bauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere erst dann erfüllt, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöhe.
Dies sei hier nicht der Fall. Die Windenergieanlage der Klägerin erhöhe das Kollisionsrisiko für ziehende Kraniche nicht in signifikanter Weise. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft unterlägen ziehende Kraniche schon bei einer Gesamtbetrachtung aller Windenergieanlagen im Zugkorridor nur einer sehr geringen Gefahr der Kollision und damit der Tötung an Windenergieanlagen. Trotz einer hohen Zahl regelmäßig ziehender Kraniche und mehreren tausend Windenergieanlagen ohne Kranichabschaltauflagen im Zugkorridor sei die Zahl dokumentierter Schlagopfer sehr gering.
Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass hier in der Nähe der streitigen Windenergieanlage seit Jahren zahlreiche Windenergieanlagen ohne Kranichabschaltauflagen betrieben würden, an denen kein einziges Schlagopfer bekannt geworden sei. Diese praktischen Erfahrungen schlössen in einer Zusammenschau mit dem obigen Befund eines schon allgemein sehr geringen Schlagrisikos für einzelne ziehende Kraniche an Windenergieanlagen die Annahme einer signifikanten Gefahrerhöhung durch die hier streitige Windenergieanlage aus.
Jedenfalls aber verletze die Kranichabschaltauflage die Klägerin in ihrem grundrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung. Der Beklagte habe in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Windenergieanlage bis in jüngere Vergangenheit zahlreiche weitere Windenergieanlagen ohne Kranichabschaltauflagen genehmigt, ohne dass für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund bestehe.