Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 08.02.2022 zum Aktenzeichen 12 KN 51/20 und 12 KN 101/21 entschieden, dass planungsrechtliche Vorgaben zur Windenergienutzung des Landkreises Uelzen sowie der Stadt Diepholz unwirksam sind.
Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 5/2022 vom 08.02.2022 ergibt sich:
In den zwei heute von dem Senat entschiedenen Fällen hatten die Windenergieanlagen betreibenden Antragstellerinnen jeweils geltend gemacht, durch die planungsrechtlichen Vorgaben zur Windenergienutzung zu Unrecht an der Errichtung von Windenergieanlagen gehindert zu sein. Windenergieanlagen sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich grundsätzlich privilegiert zulässig. Um eine beliebige Wahl unter allen geeigneten dortigen Standorten einzuschränken, kann die Errichtung solcher Anlagen aber planerisch gesteuert und gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf bestimmte Standorte konzentriert sowie im Übrigen verboten werden. Solche Planungen sind sowohl auf der Ebene der – in Niedersachsen regemäßig den Landkreisen obliegenden – Regionalen Raumordnung durch ein Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) als auch durch einen gemeindlichen Flächennutzungsplan möglich.
In dem Verfahren 12 KN 51/20 hat der 12. Senat die Regelungen unter Ziffer 4.2.02 des aktuellen RROP des Landkreises Uelzen für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die darin enthaltenen Regelungen teilweise schon nicht hinreichend bestimmt seien. So werde nicht hinreichend deutlich, ob sich auch die – bis zu 80 m langen – Rotoren von Windenergieanlagen innerhalb der festgesetzten Vorranggebiete befinden müssten oder ihre Grenzen überschreiten dürften. Ferner werde aus der maßgebenden Darstellung nicht klar, wo die Teilgebiete begönnen und endeten, in denen nur Windenergieanlagen mit einer maximalen Nabenhöhe von 100 m verwirklicht werden dürften. Inhaltlich sei vor allem zu beanstanden, dass der Landkreis auch Flächen zu Vorranggebieten für die Windenergie erklärt habe, die dazu nicht, nicht im vollen Umfang oder nur möglicherweise geeignet seien. So nutze die Bundeswehr 20 der 22 festgesetzten Vorranggebiete auch für Tiefflüge von Hubschraubern, was nach dem Luftverkehrsgesetz Vorrang vor dem Interesse an einer Nutzung der Windenergie habe. Der Landkreis hätte daher bereits auf der Ebene seiner Planung die Teilflächen identifizieren und aussondern müssen, in denen aus diesem Grund kein Raum für Windenergieanlagen sei, die Klärung dieser Frage also nicht in ein späteres Genehmigungsverfahren verschieben dürfen. So hätten etwa trotz Festsetzung als Vorranggebiet Nr. 1 in Schatensen mehrere Windenergieanlagen nicht genehmigt werden können, weil dem die Bundeswehr zum Schutz ihrer dortigen Tiefflugstrecke im Genehmigungsverfahren widersprochen habe.
In dem Verfahren 12 KN 101/21 hat der 12. Senat das Verbot der Windkraftnutzung außerhalb der drei dargestellten Sondergebiete in der 83. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Diepholz für unwirksam erklärt. Die Stadt habe zwar grundsätzlich das sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergebende Prüfprogramm beachtet, dabei seien ihr aber im Einzelnen mehrere Fehler unterlaufen. So habe auch sie insbesondere nicht hinreichend geklärt, ob und in welchem Umfang militärische Belange, hier zur Gewährleistung des sicheren An- und Abflugs auf den bzw. von dem Fliegerhorst Diepholz, dem Betrieb von Windenergieanlagen in den drei südlich bzw. südwestlich des Flugplatzes gelegenen Sondergebieten entgegenstehen. Dieses Defizit der Planung zeige sich darin, dass der beabsichtigten Errichtung solcher Anlagen in der üblichen Höhe in den Sondergebieten bis heute die überwiegend ablehnende Haltung der Bundeswehr entgegenstehe. Außerdem hätte die Stadt nach der Ansiedlung eines Fischadlers in nur 280 m Entfernung zu ihrem größten Sondergebiet im Sankt Hülfer Bruch zum Schutz des Fischadlers reagieren müssen.
Schließlich habe sich die Stadt bei ihrer Planung auch an dem Ziel im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Diepholz orientiert, dass zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung im Innenbereich ein Abstand von mindestens 500 m einzuhalten sei. U. a. dieses Ziel habe der 12. Senat mit Urteil vom 12. April 2021 (Az.: 12 KN 159/18) für unwirksam erklärt; auch die hieran ausgerichtete Planung der Stadt sei deshalb fehlerhaft.
Die Revision gegen die Urteile hat der Senat jeweils nicht zugelassen. Gegen diese Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Beschwerde eingelegt werden.