Wettbewerbszentrale mahnt Werbung für „Dieselklagen“ ab

21. Dezember 2020 -

Die Wettbewerbszentrale hat Check24 abgemahnt, weil das Unternehmen als Makler für Kfz-Versicherungen Fahrzeughalter das Gefühl vermittelt, in jedem Fall erfolgreich wegen des Abgasskandals klagen zu können.

Aus der Pressemitteilung der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vom 21.12.2020 ergibt sich:

In einem an Kfz-Versicherungskunden per E-Mail zugesandten Werbeschreiben werden diese aufgefordert, prüfen zu lassen, ob sie Ansprüche auf Entschädigung wegen der „Abgasmanipulation“ haben. So heißt es:

„Auch … (Fahrzeughersteller) von Abgasmanipulation betroffen – jetzt Ansprüche prüfen! Sehr geehrter Herr …

Der … (Fahrzeughersteller) wird vom Kraftfahrtbundesamt und Umweltorganisationen vorgeworfen, bei vielen Diesel-Fahrzeugen die Abgasreinigung manipuliert zu haben. Immer mehr Gerichte sprechen …-Kunden dafür eine Entschädigung zu. Erst vor kurzem haben sich auch der BGH sowie der EuGH im Abgasskandal auf die Seite der Verbraucher gestellt – die Erfolgsaussichten sind damit so gut wie noch nie.

Auch Ihr … (Fahrzeugmodell) ist von der Manipulation höchstwahrscheinlich betroffen.“

Die Aussagen zum Vorwurf der Abgasmanipulation durch das Kraftfahrtbundesamt entsprechen ebenso wenig den Tatsachen wie die Behauptungen zu den gerichtlichen Verfahren und dem Hinweis, die Erfolgsaussichten bei Dieselklagen gegen den Hersteller seien so gut wie noch nie. Da das Fahrzeugmodell des angeschriebenen Halters keinerlei Manipulationsvorwürfen bei der Abgasreinigung ausgesetzt ist und es bis dato kein rechtskräftiges Urteil – weder gegen den Hersteller und schon gar nicht für das fragliche Fahrzeugmodell gibt – besteht für den Betreffenden überhaupt keine Chance auch nur einen Euro zu erhalten.

Mithin sind auch die nachfolgenden Werbeaussagen grob irreführend zu den der Empfänger der E-Mail gelangt, wenn er die darin hinterlegten Links anklickt:

„Abgasmanipulation – Nutzen Sie Ihr Recht auf Entschädigung für Ihren …, Herr …

  • Bis zu 10.000 Euro Schadensersatz
  • Sehr gute Erfolgsaussichten
  • Ohne Kostenrisiko

Erfolgreiche Urteile und Vergleiche unserer Kooperationskanzleien

In drei einfachen Schritten zur Entschädigung“

Nutzt der Empfänger die „drei Schritte“, erhält er folgende Informationen:

„Ihre Chancen auf Schadensersatz sind gut

Vorbehaltlich der Prüfung Ihrer Unterlagen durch unsere Experten gehen wir davon aus, dass Sie von der Abgasmanipulation betroffen sind. Wenn Sie jetzt Ihre Ansprüche einfordern, können Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Entschädigung rechnen.

  • bis zu 10.000 Euro Schadensersatz
  • ohne Kostenrisiko
  • mit Check24 ohne bürokratischen Aufwand“

Und der positive Eindruck auf eine erfolgreiche Klage wird noch einmal mehr gefördert, wenn man den weiteren Schritten folgt:

„Jetzt frühzeitig registrieren

Vorbehaltlich der Prüfung Ihrer Unterlagen durch unsere Experten gehen wir davon aus, dass Sie von der Abgasmanipulation betroffen sind. Wenn Sie jetzt Ihre Ansprüche einfordern, erhöhen Sie Ihre Chancen auf Entschädigung.

  • durchschnittlich 1.000 Euro Zinsen pro Jahr bei erfolgreicher Klage durch ein frühes außergerichtliches Anspruchsschreiben
  • ohne Kostenrisiko – die Anwaltsgebühren des Anspruchsschreibens übernimmt Check24 für Sie!
  • mit Check24 ohne bürokratischen Aufwand“

Ein solches Geschäftsgebaren fördert die „Dieselklageindustrie“, so Rechtsanwalt Dr. Andreas Ottofülling von der Wettbewerbszentrale in einer ersten Stellungnahme. Eine andere Beurteilung ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht durch das aktuelle Urteil des EuGH vom 17.12.2020 (C‐693/18 „Abschalteinrichtung bei einem Dieselmotor“), so der Anwalt weiter. Denn in dem hier fraglichen Fahrzeug wurde keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut.

Dr. Ottofülling hebt hervor, dass es nicht darum gehe, berechtigte Ansprüche von Geschädigten zu verneinen. Die Praxis zeige aber, dass nicht selten textbausteinartig verfasste Klagen zu Zehntausenden bei den deutschen Gerichten eingereicht wurden und die Justiz lähmen, wie kürzlich der Bayerische Rundfunk berichtet hat. Daher gilt es, offensichtlich nicht erfolgversprechende Klagen mit Aussagen wie den oben zitierten zu vermeiden.