Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.12.2019 zu den Aktenzeichen I ZR 173/16, I ZR 174/16 und I ZR 117/17entschieden, dass Unternehmen das „Öko-Test“-Label nur für ein konkret getestetes Produkt verwenden dürfen.
Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 158/2019 vom 12.12.2019 ergibt sich:
Die Klägerin gibt seit 1985 das Magazin „Öko-Test“ heraus, in dem Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht werden. Sie ist Inhaberin einer im Jahr 2012 eingetragenen Unionsmarke, die das Öko-Test-Siegel wiedergibt und markenrechtlichen Schutz für die Dienstleistungen „Verbraucherberatung und Verbraucherinformation bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen“ gewährt. Die Klägerin gestattet den Herstellern und Vertreibern der von ihr getesteten Produkte die Werbung mit dem Öko-Test-Siegel, wenn diese mit ihr einen entgeltlichen Lizenzvertrag schließen. Die Beklagten sind Versandhändler und haben in ihren Online-Shops mit dem Öko-Test-Siegel geworben, ohne zuvor einen Lizenzvertrag mit der Klägerin geschlossen zu haben.
Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 173/16 bot in ihrem Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring an, die von der Klägerin in einer anderen Farbgestaltung getestet worden waren. Neben den Produktpräsentationen fand sich jeweils eine Abbildung des Öko-Test-Siegels, das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „sehr gut“ und der Fundstelle des Tests versehen war. Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 174/16 bot in ihrem Internetportal einen Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungsformen sowie einen in Schwarz, Weiß und Rot gehaltenen Fahrradhelm an. Neben den Angeboten war das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „gut“ bzw. „sehr gut“ und der Fundstelle des Tests versehene Öko-Test-Siegel abgebildet. Die Klägerin hatte den Lattenrost in einer bestimmten Größe mit verstellbarem Kopf- und Fußteil getestet. Den Fahrradhelm hatte sie in einer anderen Farbgestaltung als den von der Beklagten angebotenen Helm getestet. Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 117/17 bot in ihrem Internetportal einen Lattenrahmen und ein Kopfkissen in verschiedenen Größen an. Neben den Angeboten befand sich jeweils eine Abbildung des Öko-Test-Siegels mit dem Zusatz „Richtig gut leben“ sowie mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „gut“ bzw. „sehr gut“ sowie der Fundstelle des Tests. Der Lattenrahmen und das Kopfkissen waren von der Klägerin jeweils nur in einer der angebotenen Größen getestet worden. Erst nach der Veröffentlichung des Angebots durch die Beklagte schlossen die Parteien einen Lizenzvertrag zur Nutzung des Öko-Test-Siegels für das Kopfkissen in der getesteten Größe. Die Klägerin sieht in der Werbung mit dem Öko-Test-Siegel jeweils eine Verletzung ihrer Rechte an der Unionsmarke. Sie hat die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage in dem Verfahren I ZR 173/16 stattgegeben und die Klage in dem Verfahren I ZR 174/16 abgewiesen. In der Berufung waren beide Klagen erfolgreich. Im Verfahren I ZR 117/17 hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Der BGH hat die Revision der Beklagten in den Verfahren I ZR 173/16 und I ZR 174/16 zurückgewiesen. Im Verfahren I ZR 117/17 hat der BGH die Revision der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen und die auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verurteilung zur Unterlassung bestätigt.
Nach Auffassung des BGH in allen drei Verfahren verletzt die beanstandete Zeichennutzung entgegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. c UMV die bekannte Marke der Klägerin. Die Berufungsgerichte haben die Bekanntheit der Klagemarke rechtsfehlerfrei bejaht. Für eine Berücksichtigung von Investitionen bei der Beurteilung der Bekanntheit einer Marke sei nicht erforderlich, dass die Investitionen der Marke unmittelbar zugutekommen; es reiche vielmehr aus, dass die Marke – wie im Streitfall durch Publikationen unter Verwendung der Marke – mittelbar hiervon profitiere.
Es liege auch eine rechtsverletzende Benutzung der Klagemarke vor, weil der Verkehr das jeweils von den Beklagten verwendete Logo mit der Klagemarke gedanklich verknüpfe. Die Beklagten haben dem Verkehr eine Information über die Beschaffenheit oder die Qualität ihrer Produkte vermittelt und sich hierzu auf die unter der bekannten Marke der Klägerin erbrachte Dienstleistung des Warentests bezogen. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Gesamtwürdigung wiegen die Bekanntheit der Klagemarke und die hohe Zeichenähnlichkeit so schwer, dass die Unähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen der Annahme einer gedanklichen Verknüpfung nicht entgegenstehe. Es sei von hochgradiger Zeichenähnlichkeit auszugehen, nicht hingegen von Zeichenidentität, weil die Beklagten jeweils das als Marke geschützte „leere“ Testlogo um die Angaben zum Testergebnis und der Testfundstelle ergänzt haben. Die von der Marke erfassten Dienstleistungen (Verbraucherberatung und -information) und die von den Beklagten jeweils erbrachten Handelsdienstleistungen seien einander nicht ähnlich. Ein Händler, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung in einem von Dritten durchgeführten Test informiere, erbringe neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienstleistung der Verbraucherberatung und -information.
Die Berufungsgerichte haben weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass die jeweils angegriffene Zeichenverwendung die Wertschätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutze oder beeinträchtige. Versuche ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so sei der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin erhebliche wirtschaftliche Anstrengungen für die Schaffung und Erhaltung der Bekanntheit ihrer Marke unternommen habe und die Beklagten sich jeweils die daraus resultierende Werbewirkung der Marke ohne finanziellen Beitrag zunutze gemacht haben, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Berufungsgerichte das Interesse der Klägerin daran, die Werbung mit ihrem Zeichen daraufhin zu kontrollieren, ob sie ihren testbezogenen Maßstäben genüge, höher bewertet haben als das Interesse der Beklagten, ihre Kunden auf die gute oder sehr gute Bewertung ihrer Produkte durch die Klägerin hinzuweisen.