Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit Urteil vom 25.02.2019 zum Aktenzeichen (1 B) 53 Ss-OWi 41/19 (45/19 entschieden, dass ein Autofahrer, der die Höchstgeschwindigkeit überschreitet, weil er dringend auf die Toilette muss, trotzdem mit einem Bußgeld und einem Fahrverbot rechnen muss, denn eine Notdurft sei nicht ohne Weiteres ein Notstand.
Aus der Pressemitteilung des Deutschen Anwaltsvereins VerkR Nr. 43/2019 vom 25.10.2019 ergibt sich:
Der Autofahrer fuhr in der Innenstadt 52 km/h zu schnell. Er sollte 280 Euro Bußgeld bezahlen und erhielt ein Fahrverbot von zwei Monaten. Vorher war er noch nicht negativ aufgefallen. Gegen die Entscheidung der Bußgeldstelle klagte er. Er begründete dies damit, dass er eine dringende Notdurft zu verrichten gehabt hätte. Außerdem habe er unter heftigen Magenkrämpfen gelitten. Deshalb habe er mit hoher Geschwindigkeit die nah gelegene Toilette bei seiner Freundin erreichen wollen. Er habe sich nicht in die Hose machen wollen. Das Amtsgericht hob das Fahrverbot wegen dieser Ausnahmesituation auf, das Bußgeld blieb bestehen.
Das OLG Brandenburg hat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben.
Nach Auffassung des Oberlandesgericht gilt für die Annahme eines rechtfertigenden Notstands ein strenger Beurteilungsmaßstab. Hierbei sei zu prüfen, ob das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiege. Vorliegend habe das Amtsgericht nicht ausreichend geprüft, ob tatsächlich eine Ausnahmesituation vorgelegen habe. Die Angaben des Betroffenen dürften nicht ungeprüft übernommen werden. So könne der Verzicht auf ein Fahrverbot etwa nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn der Betroffene aufgrund einer Notdurft selber – und nicht etwa ein Mitfahrender – zu einer Toilette habe gelangen wollen.
Es sei auch nicht festgestellt worden, wann und wo der Mann losgefahren und wie lange er bereits unterwegs gewesen sei. Es müsse geprüft werden, ob es ihm bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, zur Toilette zu gehen. Auch könnte man in einer solchen Situation im Innenstadtbereich Fast-Food-Ketten oder Tankstellen aufsuchen.