Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 27.02.2023 zum Aktenzeichen 7 K 2283/16.WI entschieden, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts für Grundstücke in Mainz-Kastel in der Nähe der Reduit rechtswidrig ist und der Klage einer Wohnungsbaugesellschaft stattgegeben. Die Gesellschaft hat sich gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts für insgesamt 23 Flurstücke mit einer Gesamtfläche von 15.312 m² durch die Stadt Wiesbaden gewendet.
Aus der Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 02/2023 vom 20.03.2023 ergibt sich:
Die entsprechenden Flurstücke liegen in der Umgebung des Bahnhofs Mainz-Kastel und der „Reduit“. Auf ihnen befinden sich zum Teil Gebäude (ehemalige Güterabfertigungshalle), zum Teil Straßen und Parkplätze sowie Brachflächen mit Baum- und Strauchbewuchs.
Im Jahr 2016 erwarb die Klägerin die Grundstücke von der vormaligen Eigentümerin, einer GmbH. Der Magistrat der Stadt Wiesbaden beschloss im Mai 2016 die Ausübung eines Vorkaufsrechts zugunsten der Stadt. Dadurch sollten Planungsziele, die im Interesse der Allgemeinheit lägen, gefördert werden. Hierzu zählten u.a. die bessere Anbindung des Bahnhofs Mainz-Kastel sowie die Errichtung einer Fahrrad- und Mobilitätsstation.
Im November 2016 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, nachdem ein Widerspruchsverfahren erfolglos blieb. Bereits im Jahr 2018 fand eine erste mündliche Verhandlung statt, in welcher die Beteiligten die Absicht äußerten, sich außergerichtlich auf einen Vergleich zu einigen. Nachdem diese Bemühungen scheiterten, wurde aufgrund einer weiteren mündlichen Verhandlung im Februar 2023 nun ein Urteil verkündet.
Die 7. Kammer hat die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Stadt Wiesbaden für rechtswidrig erklärt. Es lägen bereits formelle Fehler vor. Die Klägerin sei vor Ausübung des Vorkaufsrechts nicht angehört worden. Damit habe sie nicht die Möglichkeit gehabt, die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine ihr zustehende sog. Abwendungsbefugnis zu verhindern.
Darüber hinaus sei die Ausübung des Vorkaufsrechts auch materiell rechtswidrig. Zum einen sei dem Magistrat nicht bewusst gewesen, dass er überhaupt ein Ermessen hinsichtlich der Ausübung des Vorkaufsrechts habe. Es liege also ein Ermessenausfall vor. Zum anderen sei der Magistrat davon ausgegangen, dass er sein Vorkaufsrecht nur einheitlich für alle 23 Flurstücke ausüben könne. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordere es, dass für jede einzelne Fläche über die Ausübung des Vorkaufsrechts entschieden werde. Der Magistrat hätte erwägen müssen, ob er seine städtebaulichen Ziele auch durch die Ausübung des Vorkaufsrechts nur für einzelne Flurstücke erreichen kann. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Berufung beantragen.