Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 25.05.2021 zum Aktenzeichen 2 Sa 39/21 entschieden, dass Vortrag einer anwaltlich vertretenen Partei, der nicht elektronisch oder nicht durch eingebettete Schriftarten elektronisch übermittelt wird, nicht berücksichtigt werden kann.
Das Arbeitsgericht hatte in der Güteverhandlung im Beschluss dem Kläger aufgegeben, die Klage abschließend und ggfs. unter Beweisantritt zu begründen.
Die daraufhin eingereichten Schriftsätze waren formal unzulässig, weil sie nicht über eingebettete Schriftarten verfügten.
Damit ist das elektronische Dokument nicht i. S. v. § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und stellt damit keinen wirksamen Eingang bei Gericht dar.
Zum einen hat sich die Vorsitzende durch Überprüfung der im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass tatsächlich alle Schriftsätze des Klägers beim Arbeitsgericht nicht ordnungsgemäß eingereicht worden sind, weil sie nicht über eingebettete Schriftarten verfügten.
Die per Telefax bzw. in Papierform eingereichten Schriftsätze waren nicht zu berücksichtigen, da seit dem 01.01.2020 nach § 1 der Verordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019 gemäß § 46a ArbGG die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs eingeführt worden ist.
Die eingereichten Dokumente waren unwirksam und daher nicht zu berücksichtigen.
Ob andere, bei anderen Gerichten eingereichte Schriftsätze ordnungsgemäß eingereicht worden sind, hat auf die hier gerügten Mängel keinerlei Auswirkungen.
Gemäß § 46c Abs. 6 Satz 1 ArbGG muss das Gericht die einreichende Partei unverzüglich auf die mangelnde Eignung des eingereichten elektronischen Dokuments hinweisen.
Der Schriftsatz gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, wenn der Kläger den Schriftsatz unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und zudem glaubhaft gemacht hat, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
Das Gericht hat mehrfach ordnungsgemäß auf die Mängel und den Kläger auf die Möglichkeit der Heilung hingewiesen.
Eine Heilung der Mängel hat nicht vorgelegen. Der Kläger hat bis zum Ende des erstinstanzlichen Verfahrens keinen ordnungsgemäßen Schriftsatz eingereicht.
Nicht überzeugend sind die Ausführungen im Urteil des OLG Koblenz vom 09.11.2020.
Das OLG Koblenz argumentiert zum einen damit, dass mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes, wegen der der Zugang zu Gericht nicht durch unverhältnismäßige formelle Anforderungen erschwert werden dürfe, dies nur dann der Fall sei, wenn das eingereichte elektronische Dokument wegen der technischen Mängel tatsächlich nicht für die Bearbeitung durch das jeweilige Gericht geeignet sei.
Soweit Nr. 1 ERVB 2019 die in Nr. 1 lit. a) ERVB 2018 zugelassenen Dateiversionen des Formats PDF weitergehend einschränke, lasse dies bereits die Mindestgültigkeit der Formatfreigaben in Nr. 1 ERVB 2018 bis zum 31.12.2020 außer Acht und sei daher wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 ERVV unbeachtlich.
Darüber hinaus erlaube die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Nr. 1 ERVV der Bundesregierung ohnehin lediglich die zugelassenen Versionen des Dateiformats PDF bekanntzumachen, nicht jedoch diese Versionen mit weitergehenden Anforderungen oder Einschränkungen zu versehen.
Die ERVB 2019 sei daher jedenfalls insoweit nichtig, als darin konkrete Anforderungen oder Einschränkungen bestimmt würden, die über die Definition bestimmter Versionen des Dateiformats PDF hinausgingen. Eine solche Einschränkung stelle die Vorgabe dar, sämtliche Schriftarten in die PDF-Datei einzubetten, da die zulässigen PDF-Versionen bis einschließlich PDF 2.0 – anders als die ebenfalls zugelassenen PDF/A und PDF/UA-Versionen – eine solche Anforderung nicht enthielten.
Bei dieser Argumentation des OLG Koblenz handelt es sich um Zweckmäßigkeitserwägungen, die nicht zu einer Abkehr von den technischen Vorgaben führen können. Vor dem Hintergrund dieser Argumentation ist eine Grenzziehung, ab wann das eingereichte elektronische Dokument für eine Bearbeitung durch das Gericht tatsächlich nicht mehr geeignet ist, nicht mehr möglich. 7
Bereits das Arbeitsgericht Lübeck hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die ERVB 2019 wirksam ist.
Sie setzt einen objektiven einheitlichen Maßstab für alle Gerichte und verstößt hinsichtlich des Einbettungserfordernisses nicht gegen die ERVB 2018.
Die ERVB 2019 setzt – ebenso wie die ERVV – für alle Gerichte die gleichen einheitlichen Vorgaben. Für die technischen Anforderungen an die elektronische Einreichung ist aus Sicht des Gerichts ein objektiver Maßstab anzulegen: Die Frage der Eignung des elektronischen Dokuments für die Bearbeitung durch das Gericht gemäß § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG hängt nicht von der subjektiven Geeignetheit für die Gerichtsbarkeit oder für die entscheidende Kammer ab.
Hiergegen spricht bereits § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG. Danach bestimmt die Bundesregierung und nicht die jeweilige Gerichtsbarkeit oder Landesregierung – je nach Stand der Einführung der elektronischen Akte – die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen. § 46c Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ArbGG sind einheitlich zu verstehen.
Die technischen Rahmenbedingungen in Satz 2 beziehen sich auf die objektive Eignung des elektronischen Dokuments für die Bearbeitung durch das Gericht i.S.v. Satz 1.
Daraus abgeleitet ist eine Differenzierung in § 46c Abs. 6 Satz 1 ArbGG zwischen der Unwirksamkeit des Eingangs einerseits und den geltenden technischen Rahmenbedingungen andererseits nicht mit § 46c Abs. 2 ArbGG in Einklang zu bringen.
Diese würde darauf hinauslaufen, dass die technischen Rahmenbedingungen der ERVV und der ERVB 2019 überflüssig wären, da es ohnehin nur auf die jeweils subjektive Eignung für das Gericht ankäme.
Die Geeignetheit des elektronischen Dokuments ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit objektiv zu bestimmen. Nur durch die Festlegung auf einen abgeschlossenen Katalog von Dateiformaten/Schriftarten wird man der Intention des Verordnungsgebers gerecht, die reibungslose Weiterverarbeitung und elektronische Aktenführung durch die Gerichte weiterzuführen. Ein subjektiver Maßstab, der auf die Geeignetheit (nur) durch das jeweilige Empfängergericht abstellt, genügt hierfür gerade nicht.
Darüber hinaus ist die ERVB 2019 mit der Bekanntmachung zu § 5 der elektronischen-Rechtsverkehr-Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 19.12.2017 (Elektronische-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 201 – ERVB 2018, im Folgenden: „ERVB 2018“) vereinbar.
Diese gibt bzgl. der einzureichenden Dateiversionen lediglich PDF einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2 und PDF/UA vor und enthält aufgrund § 5 Abs. 2 Satz 1 ERVV in Ziff. 1 eine Mindestgültigkeitsdauer bis zum 31.12.2020. Im Unterschied dazu geht die ERVB 2019 nicht auf das Format ein, enthält aber zusätzliche Anforderungen, u. a. dass alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte in der Datei selbst enthalten sein müssen. In Bezug auf diese zusätzlichen Anforderungen ist die Dateiversion nicht entscheidend und wird der Kammer auch nicht spezifisch überprüft.
Insofern ist die Mindestgültigkeitsdauer gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 ERVV in Ziff. 1 der ERVB 2018 direkt nicht betroffen. Der Umstand, dass die Einbettung von Schriften Teil des PDF/A-Standards ist (jedenfalls bei ins PDF-Format exportierten Dateien), führt auch nicht zwingend zum Ausschluss der in der ERVB 2018 als zulässig definierten weiteren PDF-Formate. Die Einbettung ist bei diesen Formaten nicht ausgeschlossen.
Auch bezüglich der bemängelten in der ERVB 2019 nicht normierten Mindestgültigkeitsdauer ist festzustellen, dass die ERVB 2018 vom 19.12.2017 eine Mindestgültigkeitsdauer hinsichtlich der Dateiformate bis mindestens 31.12.2020 angibt. Die ERVB 2019 schreibt die ERVB 2018 fort. Von einer Gültigkeit der ERVB 2019 geht offenbar auch das BAG in seiner Entscheidung vom 03.06.2020 aus in der keinerlei Zweifel an der Rechtsgültigkeit der ERVB 2019 geäußert werden.