Für Reformen im System der Grundsicherung für Arbeitssuchende hat sich eine Mehrheit der Sachverständigen in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ausgesprochen.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 752 vom 07.06.2021 ergibt sich:
Auf der Tagesordnung der Sitzung am Montag standen mehrere Anträge der Oppositionsfraktionen: So fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (BT-Drs. 19/29742 – PDF, 610 KB) die Einführung von Bagatellgrenzen bei Rückforderungen; die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag (BT-Drs. 19/29768 – PDF, 506 KB) einen 25-Prozent-Freibetrag für Rentner. Von der Fraktion Die Linke standen zwei Anträge zur Debatte: für eine sanktionsfreie Mindestsicherung (BT-Drs. 19/29439 – PDF, 566 KB) und die Verhinderung von Grundsicherungskürzungen bei Rentnern (19/24454). Die Grünen plädieren in einem Antrag (BT-Drs. 19/25706 – PDF, 364 KB) dafür, Hartz IV durch eine Garantiesicherung zu ersetzen.
In ihren schriftlichen Stellungnahmen machten die eingeladenen Verbände an ganz unterschiedlichen Punkten Änderungsbedarf in der Grundsicherung aus: So fordert der Deutsche Caritasverband e. V. unter anderem einen Paradigmenwechsel in der Grundsicherung, der das „Fördern“ deutlich markanter ins Zentrum rückt. Integrationserfolge dürften nicht länger durch die Drohungen mit Verwaltungsakten und einem starren Sanktionsregime behindert werden.
Der Deutsche Landkreistag unterstützt, wie die meisten anderen Verbände auch, die Einführung einer Bagatellgrenze für Rückforderungen. „Dies würde zu mehr Bürgerfreundlichkeit und zur Vermeidung unnötiger Bürokratie beitragen.“
Die Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. fordert unter anderem „eine Regelsatzermittlung, die Zirkelschlüsse vermeidet und eine untere Haltelinie gewährleistet und eine Festlegung von Kosten der Unterkunft, die die tatsächlichen Gegebenheiten am Wohnungsmarkt zum Maßstab nimmt“.
Der Deutsche Städtetag schreibt: „Die Städte zweifeln daran, ob der restriktive Umgang der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit jungen Menschen zielführend ist“, deren Ungleichbehandlung im SGB II müsse beendet werden.
Die Bundesagentur für Arbeit befürwortet das System des „Förderns und Forderns“ in der Grundsicherung, schlägt aber dennoch eine Entschärfung des Sanktionsrechts bei unter 25-Jährigen und auch die Einführung einer Bagatellgrenze für Rückforderungen vor.
Der Sozialverband VdK Deutschland e. V. schreibt: „Die Aussetzung der Vermögensprüfung und die Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten im Zuge des erleichterten Zugangs zur Grundsicherung im Zuge der Corona-Pandemie waren sehr sinnvolle Maßnahmen, die unbedingt in einem neuen Grundsicherungssystem fortgesetzt werden müssten.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält es unter anderem für notwendig, die Regelsätze neu zu ermitteln, eine Kindergrundsicherung und ein Recht auf Weiterbildung einzuführen. Während Die Linke jedoch fordere, das neue Leistungsniveau in Höhe einer Pauschale von 1.200 Euro aus der Armutsgrenze abzuleiten, halte der DGB eine Herleitung aus den Verbrauchausgaben für sachgerechter – wenn die Referenzgruppen neu definiert würden und bestimmte Standards erfüllten.
Der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) fordert, „die Regelsätze mittels eines transparenteren Statistikmodells zu ermitteln, das sich am tatsächlichen Bedarf orientiert und auf willkürliche, sachlich nicht begründbare Abschläge und normative Streichungen verzichtet“.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung „unterstützt die Erhöhung des Personalschlüssels beziehungsweise die Reduktion des Betreuungsschlüssels, weil damit zum einen die gesetzliche Forderung nach einer festen Ansprechperson besser erfüllt werden könnte und zum anderen die Beratungsqualität erhöht werden könnte“.