Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 6. April 2023 zum Aktenzeichen I ZB 84/22 entschieden, dass ein Vollstreckungsantrag in Justizbeitreibungssachen als elektronisches Dokument eingereicht werden kann und keinen weiteren Anforderungen unterliegt als andere elektronisch eingereichte Dokumente. Ausreichend ist entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine einfache elektronische Signatur bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg.
Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 97/2023 vom 20.06.2023 ergibt sich:
Sachverhalt:
Die Vollstreckungsbehörde betreibt für den Gläubiger, das Land Niedersachsen, gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen Gerichtskostenforderungen. Sie beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft und bei unentschuldigtem Fernbleiben der Schuldnerin den Erlass eines Haftbefehls. Der Antrag schließt mit dem Namen „C. “ und wurde über das besondere elektronische Behördenpostfach der Vollstreckungsbehörde an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Amtsgerichts zur Weiterleitung an den zuständigen Gerichtsvollzieher übermittelt. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ab.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die hiergegen gerichtete Erinnerung des Gläubigers zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Beschwerdegericht hat angenommen, da eine unabhängige und neutrale Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den begehrten Vollstreckungsakt nicht erfolge, müsse der Antrag jedenfalls einer konkreten Person zugeordnet werden können. Das grundsätzlich einen sicheren Übermittlungsweg darstellende besondere elektronische Behördenpostfach erlaube ohne qualifizierte Signatur keine solche Zuordnung zu einer Person.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der angefochtene Beschluss ist bereits deswegen aufzuheben, weil rechtsfehlerhaft nicht der originär zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen hat, sondern die Kammer auf sich selbst. Der Bundesgerichtshof verweist die Sache an das Beschwerdegericht zurück und erteilt für das weitere Verfahren im Wesentlichen folgende Hinweise:
Der Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz entspricht den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn er entweder von der ihn verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden ist oder von der ihn verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 753 Abs. 4 Satz 2, § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Satz 1 und 2 JBeitrG).
Damit hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen abschließend festgelegt. Die nach der Senatsrechtsprechung geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten Vollstreckungsantrag nach der Justizbeitreibungsordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – I ZB 27/14, DGVZ 2015, 146 [juris Rn. 16]) können auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz nicht übertragen werden. Insbesondere muss der Vollstreckungsantrag nicht zusätzlich in Papierform mit Unterschrift und Dienstsiegel eingereicht werden. Er ist auch nicht zwingend qualifiziert elektronisch zu signieren; vielmehr reicht bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg die (einfache) Signatur. Die Anbringung eines aufgedruckten Dienstsiegels ist ebenfalls nicht erforderlich.