Das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein hat am 24.09.2021 zum Aktenzeichen LVerfG 1/18 einstimmig festgestellt, dass die Volksinitiative „Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind“ unzulässig ist.
Aus der Pressemitteilung des LVerfG SH vom 24.09.2021 ergibt sich:
Der Gesetzentwurf der Volksinitiative verstoße gegen das Rechtsstaatsgebot und damit gegen Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Landesverfassung (LV).
Ziel der Volksinitiative war die Aufnahme einer Vorschrift in das Landesplanungsgesetz, nach der bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen keine Flächen für die Erforschung, Entwicklung und Nutzung von Windenergie vorgesehen werden dürfen, wenn sich die betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften dagegen ausgesprochen haben und anderweitig genügend Flächen zur Verfügung stehen. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hatte beschlossen, dass die Volksinitiative nach der Landesverfassung unzulässig sei. Der Gesetzentwurf widerspreche entgegen Artikel 48 LV den Grundsätzen des Rechtsstaats. Dagegen hatte die Volksinitiative das Landesverfassungsgericht angerufen.
Das Landesverfassungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Volksinitiative unzulässig sei. Das Land Schleswig-Holstein habe zwar die formelle Gesetzgebungskompetenz für eine entsprechende Regelung, inhaltlich verstoße der Gesetzentwurf aber gegen die Grundsätze des demokratischen und sozialen Rechtsstaats.
Die Landesverfassung beschränke die Kontrolle von Gesetzesentwürfen, die durch eine Volksinitiative vorgelegt werden, nicht allein auf die nachträgliche verfassungsgerichtliche Überprüfung, sondern sehe ausdrücklich eine Präventivkontrolle durch den Landtag und – wie vorliegend – auch durch das Landesverfassungsgericht vor. Wenn ein Gesetzentwurf einer Volksinitiative gegen das Rechtsstaatsgebot verstoße, dürfe der Landtag von Verfassungs wegen – unabhängig von politischen Erwägungen zum Inhalt des Gesetzentwurfs – nicht deren Zulässigkeit feststellen.
Auch das Landesverfassungsgericht sei nicht auf eine Kontrolle der Gründe beschränkt, die der Landtag in seiner Entscheidung über die Unzulässigkeit der Volksinitiative be-nennt. Im Rahmen dieser Kontrolle seien alle sich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip ergebenden Anforderungen zu prüfen. Eine dieser Anforderungen sei das Gebot gerechter Abwägung der von staatlicher Planung berührten öffentlichen und privaten Belange. Die von der Volksinitiative vorgeschlagene Regelung im Landesplanungsgesetz führe dazu, dass gesetzlich auf eine solche Abwägung, die als Ausdruck einer rechtsstaatlichen Planung erforderlich und Kern des durch die Landesplanung vorzunehmenden Planungsakts sei, verzichtet werde. Denn ein negatives Votum der Gemeinde solle nach dem Willen der Volksinitiative verhindern, dass überhaupt noch in einen Abwägungsprozess seitens der Landesplanungsbehörde eingetreten werde.
Aufgabe der Raumordnung sei es nach dem Landesplanungsgesetz aber, den Gesamtraum des Landes und seine Teilräume zu ordnen und zu sichern. Die Abwägung sei daher allein aus der übergeordneten Perspektive der Landesplanung vorzunehmen. Belange der Gemeinden könnten dabei zwar berücksichtigt werden. Deren Singularinteressen dürften aber nicht ausschlaggebend sein. Andernfalls werde die Funktion der Landesplanung konterkariert und das Rangverhältnis zwischen der Regionalplanung des Landes und der örtlichen Planung der Gemeinden umgekehrt.
Der durch eine Mehrheitsentscheidung dokumentierte Wille einer Gemeinde, die Windkraftnutzung auf ihrem Gemeindegebiet auszuschließen, sei nicht geeignet, die über das einzelne Gemeindegebiet gerade hinausgehenden Ziele der Raumordnung auf Landesebene zu prägen. Er sei somit auch kein für die Raumordnung relevanter Belang.