Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration haben gemeinsam eine Stärkung des Engagements gegen Diskriminierung gefordert.
Aus der Pressemitteilung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom 03.11.2021 ergibt sich:
Die Ergebnisse ihres Vierten Gemeinsamen Berichts an den Deutschen Bundestag unterstreichen demnach die Dringlichkeit, mit der der Einsatz für Menschen mit Diskriminierungserfahrungen gestärkt werden müsse.
Die drei Institutionen geben drei gemeinsame Empfehlungen: Zum einen plädieren sie für einen flächendeckenden und finanziell langfristig gesicherten Ausbau staatlicher und nichtstaatlicher Antidiskriminierungsstellen, wozu auch die Einrichtung von Landesantidiskriminierungsstellen in allen Bundesländern gehört. Sie raten außerdem zum Ausbau alternativer Streitbeilegungsverfahren von Diskriminierungsfällen zum Beispiel durch Schlichtungsstellen insbesondere in zentralen Bereichen wie dem Wohnungsmarkt. Drittens braucht es den Empfehlungen zufolge eine bessere Sichtbarmachung von Diskriminierungsthemen in groß angelegten Datenerhebungen wie dem sozio-ökonomischen Panel SOEP. Empfohlen wird auch ein Gleichstellungsmonitoring in der Bundesverwaltung.
„Die Zahl der Menschen, die Beratung suchen, steigt kontinuierlich“, sagte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke, am Mittwoch in Berlin. Besonders deutlich sei dies bei der Antidiskriminierungsstelle, deren Beratungszahlen allein 2020 um 78 Prozent gestiegen seien. „Wir müssen alles dafür tun, Menschen noch besser zu unterstützen: Durch ein deutschlandweit dichtes Netz an Anlaufstellen, neue und niedrigschwellige Möglichkeiten zur Klärung von Diskriminierungsfällen und einen Ausbau der Forschung, um noch gezielter Wege zur Bekämpfung von Benachteiligung finden zu können.“
Franke rief die kommende Bundesregierung überdies auf, die Rechtsdurchsetzung für Betroffene zu verbessern: „Die seit Jahren von uns und zahlreichen Organisationen geforderte Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darf nicht weiter auf Eis liegen. Wir brauchen eine Stärkung von Menschen, die rechtlich gegen Benachteiligung vorgehen wollen, zum Beispiel durch eine Verlängerung der Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen und ein Verbandsklagerecht.“ Auch sei eine rasche und reibungslose Neubesetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in der neuen Legislaturperiode sicherzustellen, beispielsweise durch eine Direktwahl durch den Deutschen Bundestag.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verzeichnete im Berichtszeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020 16.415 Beratungsanfragen, die sich auf ein durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geschütztes Merkmal beziehen (Alter, Behinderung, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion/Weltanschauung, sexuelle Identität). 3.757 Anfragen betrafen andere Merkmale (sozialer Status, Gesundheit, Familienstand, Aufenthaltsstatus und andere).
Jeweils ein Drittel der Anfragen bezogen sich auf Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft / Rassismus (33 Prozent) bzw. Behinderung (32 Prozent). 24 Prozent bezogen sich auf Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Alter machte 12 Prozent, Religion/Weltanschauung 7 Prozent und sexuelle Identität 4 Prozent aus. Die meisten Anfragen (31 Prozent) bezogen sich auf das Arbeitsleben, 24 Prozent auf Benachteiligung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, 11 Prozent auf Diskriminierung bei Ämtern und Behörden. 6.413 Anfragen (Beschwerde, Hilfe- und Auskunftsersuchen) erreichten den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Der Bürgerservice der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration nahm im Berichtszeitraum 12.929 Eingaben an. Insgesamt verzeichnen alle drei Einrichtungen einen Anstieg bei den Anfragen.
Neben den Beratungsanfragen bei den genannten Stellen wurden für den Bericht Informationen zum Beratungsaufkommen bei staatlichen und zivilgesellschaftlichen Antidiskriminierungsberatungsstellen berücksichtigt und relevante Rechtsprechung analysiert. In die Erkenntnisse fließen außerdem Studien im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle ein, allen voran zur Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung des Diskriminierungsschutzes im zivilrechtlichen Bereich.
Gesetzliche Grundlage für den Bericht ist § 27 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Demnach legen die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zuständigkeits-bereich betroffenen Beauftragten des Deutschen Bundestags und der Bundesregierung gemeinsam dem Deutschen Bundestag alle vier Jahre Berichte über Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen vor und geben Empfehlungen zur Beseitigung und Vermeidung ab.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im August 2006 gegründet worden. Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Weitere Informationen
Vierte Gemeinsamer Bericht „Diskriminierung in Deutschland – Erfahrungen, Risiken und Fallkonstellationen“ (PDF, 2,4 MB)