Das Bundessozialgericht hat am 30.10.2019 zum Aktenzeichen B 6 KA 14/18 R über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach Entziehung einer halben Zulassung wegen nur noch geringer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhandelt.
Aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts Nr. 50/19 vom 30.10.2019 ergibt sich:
Der Kläger erhielt nach Eintritt in den Ruhestand aus einer zuletzt im öffentlichen Dienst ausgeübten ärztlichen Tätigkeit im Jahr 2009 eine Zulassung als ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit vollem Versorgungsauftrag für einen Vertragsarztsitz in Berlin-Charlottenburg. Im November 2014 erklärte er den Verzicht auf die halbe Zulassung mit dem Ziel der Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) bei weiterer Tätigkeit in seiner eigenen Praxis im Umfang von 16 Wochenstunden. Daraufhin beantragte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), dem Kläger die halbe Zulassung zu entziehen, weil dieser bereits seit 2010 nicht mehr in nennenswertem Umfang vertragsärztlich tätig sei. Der beklagte Zulassungsausschuss (ZA) gab dem Antrag statt. Nachdem auch der Berufungsausschuss diese Entscheidung bestätigte, verzichtete der Kläger im September 2015 auf ein Rechtsmittel gegen die hälftige Zulassungsentziehung. Nachfolgend stellte der Beklagte fest, dass die Zulassung des Klägers im Umfang eines halben Versorgungsauftrags aufgrund der für ihn ab 1.1.2016 erteilten Anstellungsgenehmigung in einem MVZ zum 31.12.2015 geendet habe. Den im März 2016 gestellten Antrag des Klägers auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens für die halbe entzogene Zulassung lehnte der Beklagte ab. Dem stehe die bestandskräftig gewordene Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entgegen.
Das Sozialgericht hat die unmittelbar hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Mit Bestandskraft der hälftigen Zulassungsentziehung stehe fest, dass insoweit eine fortführungsfähige Praxis nicht mehr vorhanden sei. Soweit hinsichtlich der nicht entzogenen Hälfte noch von der Existenz einer Praxis auszugehen sei, habe der Kläger diese gegen Anstellungsgenehmigung einem MVZ übertragen. Diese Bewertung stehe nicht im Widerspruch zu § 103 Abs. 3a Satz 2 SGB V, der auch im Falle einer hälftigen Zulassungsentziehung eine Entscheidung über die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahren vorsehe. Jener Bestimmung verbleibe ein eigenständiger Anwendungsbereich in Fällen, bei denen eine von vornherein nur bestehende halbe Zulassung wegen Pflichtverletzungen entzogen werde. Der Kläger verfolgt mit der Sprungrevision sein Anliegen weiter. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe eine fortführungsfähige Praxis jedenfalls im Umfang eines halben Versorgungsauftrags noch bestanden.
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Nach Auffassung des BSG hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass der beklagte Zulassungsausschuss die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens hinsichtlich der psychotherapeutischen Praxis des Klägers im Umfang eines halben Versorgungsauftrags zu Recht abgelehnt hat.
Der ZA ist hier der richtige Beklagte. Der Grundsatz, dass gegen eine Entscheidung des ZA zunächst der Berufungsausschuss anzurufen ist und nur gegen dessen Entscheidung Klage erhoben werden kann, gilt nach der Sondervorschrift in § 103 Abs. 3a Satz 11 SGB V nicht, wenn der ZA darüber entscheidet, ob ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird. In solchen Fällen muss eine Klage unmittelbar gegen den ZA und dessen Entscheidung erhoben werden. Die Sonderregelung ist, wie das Sozialgericht richtig gesehen hat, nicht nur anzuwenden, wenn der ZA die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens ablehnt, weil er eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht für erforderlich hält, sondern auch, wenn – wie hier – andere Gründe für seine ablehnende Entscheidung maßgeblich sind.
In der Sache steht der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens hinsichtlich des halben Versorgungsauftrags, für den dem Kläger die vertragsärztliche Zulassung entzogen wurde, entgegen, dass insoweit eine fortführungsfähige Praxis nicht existierte. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem halben Versorgungsauftrag, auf den sich die teilweise Entziehung der Zulassung bezog, und dem anderen halben Versorgungsauftrag, auf den der Kläger später verzichtete. Der Zulassungsentziehung lag zugrunde, dass der Kläger allenfalls einen halben Versorgungsauftrag tatsächlich ausfüllte. Hinsichtlich der entzogenen Hälfte der Zulassung fehlte es damit an der für jede Nachbesetzung erforderlichen fortführungsfähigen Arztpraxis. Nach Bestandskraft der hälftigen Zulassungsentziehung verzichtete der Kläger auf die verbliebene halbe Zulassung, um in einem Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als angestellter Arzt tätig zu werden. Für eine solche Fallgestaltung bestimmt § 103 Abs 4a Satz 1 SGB V ausdrücklich, dass eine Fortführung der Praxis nach Abs 4 nicht möglich ist.