Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28.08.2018 zum Aktenzeichen VI ZR 509/17 entschieden, dass die Haftung eines Arztes wegen Unterlassens der (vorgezogenen) Aufklärung über die Behandlungsalternative zu einem Kaiserschnitt auch dann in Betracht kommt, wenn der Kaiserschnitt später durchgeführt wird, als er bei rechtzeitiger Aufklärung durchgeführt worden wäre und diese Verzögerung zu einem Geburtsschaden geführt hat.
Im konkreten Fall wurde eine werdende Mutter ins Krankenhaus eingeliefert. Die Mutter nimmt den behandelnden Arzt wegen behaupteter ärztlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit ihrer Geburt auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
Die werdende Mutter lag lang in den Wehen, aber der Muttermund öffnete sich nicht. Während der langen Zeit wurde die werdende Mutter vom Arzt nicht über einen Kaiserschnitt aufgeklärt. Plötzlich ging alles ganz schnell, denn der Arzt stellte fest, dass die Herztöne des Kindes abgefallen seien. Der Arzt ordnete einen sofortigen Kaiserschnitt an. Darüber geriet die Mutter in einen Zustand, den sie selbst als Panik beschrieb. Aufgrund der Paniksituation konnte der Kaiserschnitt erst verspätet durchgeführt werden. Das Kind kam schließlich mit einer Hirnschädigung auf die Welt. Das Kind ist in seiner geistigen und körperlichen Entwicklung bis heute schwer geschädigt und praktisch rund um die Uhr betreuungs- und pflegebedürftig.
Die Bundesrichter stellten fest, dass die werdende Mutter von dem Geburtsarzt früher über einen möglichen Kaiserschnitt und dessen Notwendigkeit hätte aufgeklärt werden müssen. Da die Mutter erst, nachdem das Kind bereits einen schwachen Herzschlag hatte, aufgeklärt wurde und sodann aufgrund der Gesamtsituation in Panik geriet und sich dadurch der Kaiserschnitt weiter verzögerte, was dazu führte, dass das geborene Kind einen Gehirnschaden erlitt, hat sich der Arzt haftbar gemacht.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Arzthaftungsrecht!