Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz hat am 27.07.2020 zum Aktenzeichen VGH O 24/20 die Organklage einer fraktionslosen Landtagsabgeordneten zurückgewiesen, mit der diese sich gegen einen Beschluss des Landtags wendet, ihrem Zusammenschluss mit einem weiteren fraktionslosen Abgeordneten die Anerkennung als „Freie Alternative Gruppe im Landtag“ (FALG) sowie die Gewährung von (weitergehenden) parlamentarischen Rechten und finanziellen Leistungen zu verweigern.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH Koblenz Nr. 6/2020 vom 28.07.2020 ergibt sich:
Die Antragstellerin ist Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD) und seit der 17. Wahlperiode Abgeordnete im Landtag Rheinland-Pfalz. Nachdem sie zunächst Mitglied der Fraktion der AfD war, trat sie am 07.08.2019 aus dieser aus. Im Januar 2020 teilte sie dem Präsidenten des Landtags und dem Ältestenrat mit, sie habe zusammen mit einem weiteren fraktionslosen Abgeordneten, der zuvor aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen worden war, die „Freie Alternative Gruppe im Landtag“ gegründet. Zugleich bat sie um förmliche Anerkennung dieser Gruppe sowie um finanzielle Ausstattung in Höhe von 2.500 Euro je Mitglied des Landtags, Gleichstellung der Redezeit mit den Oppositionsfraktionen im Plenum, entsprechende Berücksichtigung bei der Besetzung der parlamentarischen Ausschüsse und Bereitstellung von Räumlichkeiten und Parkplätzen. Der Landtag lehnte dies in seiner Sitzung am 27.03.2020 auf Empfehlung des Ältestenrates einstimmig ab. Gegen den Beschluss des Landtags erhob die Antragstellerin „Beschwerde“ zum Verfassungsgerichtshof, ohne allerdings einen konkreten Antrag zu stellen. Zur Begründung verwies sie der Sache nach lediglich „auf diverse Entscheide des Bundesverfassungsgerichts“ betreffend den Status fraktionsloser Abgeordneter, die Praxis in anderen Landesparlamenten, Bürgerschaften und den rheinland-pfälzischen Kommunalparlamenten sowie die „Entscheidung des Bundestages zu den Regeln für die Wahrnehmung parlamentarischer Minderheitsrechte“.
Der VerfGH Koblenz hat den Antrag im Organstreitverfahren durch einstimmigen Beschluss als unzulässig zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist der Antrag schon nicht ordnungsgemäß begründet worden. Aus § 23 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof folge für einen Antrag im Organstreitverfahren eine jedenfalls rudimentäre Begründungspflicht, die sich nicht in der bloßen Behauptung einer Verfassungsrechtsverletzung erschöpfe. Es sei Aufgabe des Antragstellers, einerseits den Verfahrensgegenstand durch seinen Antrag festzulegen und andererseits mittels Benennung der als verletzt angesehenen Verfassungsbestimmung den Prüfungsmaßstab zu bestimmen. Würde der Verfassungsgerichtshof diese Aufgabe in eigener Verantwortung anstelle des Antragstellers wahrnehmen, widerspräche dies dem Charakter des Organstreitverfahrens als kontradiktorische Parteistreitigkeit, die gerade nicht einer Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns diene.
Diesen Maßstäben werde die Antragsschrift nicht gerecht. Die Antragstellerin mache darin schon in tatsächlicher Hinsicht nahezu keine Ausführungen und formuliere weder einen konkreten Antrag noch bezeichne sie eine Bestimmung der Verfassung, aus der sie ihre Bedenken gegen den angegriffenen Landtagsbeschluss herleite. Auch aus der überaus knappen Antragsbegründung – die trotz eines ausdrücklichen Hinweises des Verfassungsgerichtshofs ebenfalls keinen Antrag enthalte – lasse sich das prozessuale Begehren der Antragstellerin nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Ihr Vorbringen erschöpfe sich in schlagwortartigen Behauptungen und verfassungsrechtlichen Allgemeinplätzen ohne ausreichenden Bezug zu dem angegriffenen Landtagsbeschluss. Dadurch bleibe insbesondere offen, welche verfassungsmäßigen Rechte die Antragstellerin als verletzt ansehe. In Betracht kämen insoweit zum einen ihre eigenen (Abgeordneten-)Rechte und zum anderen solche ihres parlamentarischen Zusammenschlusses, dessen Anerkennung sie begehrt. Auf der einen Seite trete sie vor dem Verfassungsgerichtshof ausdrücklich als „MdL“ auf und verwende Formulierungen wie „lege ich Beschwerde ein“ oder „Gründe meiner Klage“, wohingegen sie noch gegenüber dem Landtag unter Verwendung eines Briefkopfs der „Fraktionsgruppe“ als „Fraktionsgruppenvorsitzende“ aufgetreten sei. Auf der anderen Seite ziele ihre Argumentation in der Sache – soweit nachvollziehbar – eher auf die Geltendmachung von Gruppenrechten ab. Ihr Vorbringen sei insgesamt widersprüchlich und damit unklar.