Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hat mit Urteil vom 31.10.2019 zum Aktenzeichen 23 C 158/19 entschieden, dass ein Mieter keinen Anspruch gegen den Vermieter hat, der Haltung eines Zweithundes zuzustimmen.
Die Parteien streiten über die Erteilung einer Genehmigung zur Haltung eines zweiten Hundes.
Die Mieterin ist aufgrund Vertrages vom 10.12.2013 Mieterin einer Wohnung im 2. OG links des Hauses (…), welche aus 2 Zimmern, Bad und Küche, Flur und einem Keller besteht und eine Größe von ca. 50 m² hat.
In § 11 „Tierhaltung“ heißt es im Vertrag: Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere, darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten. Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet. (Für die Einzelheiten wird auf den Mietvertrag, Bl. 4 ff d.A. verwiesen.)
Mit Zustimmung des Vermieters hält die Mieterin eine zehn Jahre alte Mischlingshündin mit einer Höhe von ca. 50 cm, welche an Pankreatitis leidet. Anfang April 2019 bat die Mieterin den Vermieters, ihr die Haltung eines zweiten Hundes, den sie sich aus dem Tierheim ausgesucht hatte, zu genehmigen. Der Beklagte erteilte die Genehmigung nicht.
Die Mieterin meint, der Beklagte müsse ihr aus Gründen der Gleichbehandlung die Haltung des weiteren Hundes genehmigen, da er selbst und auch eine andere Mietpartei im Haus zwei Hunde hielten. Sie behauptet, wegen der Krankheit ihres Hundes sei mit dem Ableben zu rechnen. Sie wolle einen fließenden Übergang in der Hundehaltung haben.
Der Mieterin steht kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung nach § 535 BGB in Verbindung mit § 11 des Mietvertrages zu.
Die mietvertragliche Tierhaltungsklausel ist wirksam. Sie enthält kein generelles Verbot der Tierhaltung, sondern eine zulässige Differenzierung, mittels welcher die Haltung insbesondere von Hunden von der Zustimmung des Vermieters abhängig macht.
Wird die Tierhaltung nicht generell verboten, sondern behält sich der Vermieter durch eine Formularklausel allgemein die Zustimmung zur Tierhaltung vor (beschränktes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), liegt darin die Zusage, über die Tierhaltung unter Beachtung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden. Der Mieter wird bei Vereinbarung einer Vorbehaltsklausel regelmäßig davon ausgehen können, dass der Vermieter seiner Abwägungspflicht nachkommen und die Zustimmung nur bei gewichtigen Gründen versagen wird. So kann der Mieter auf das Tier unter gesundheitlich-psychischen und therapeutischen Gründen angewiesen sein. Bei seiner Entscheidung hat der Vermieter u. a. auch zu berücksichtigen, ob er die Tierhaltung anderen Mietern im Hause erlaubt hat, ob er als im gleichen Haus wohnender Vermieter selbst ein Tier hält und ob ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Der Vermieter kann die Zustimmung versagen, wenn wegen der Größe der Wohnung und der Anzahl der Bewohner eine artgerechte Haltung des Tieres nicht gewährleistet ist. In der Instanzrechtsprechung wird daher überwiegend vertreten, dass die Genehmigung eines (ersten) Hundes gebundenem Ermessen unterliegt, sodass die Haltung eines Hundes nur bei konkreten sachlichen Gründen verweigert werden darf. Die Gegenansicht, wonach der Vermieter schon hierbei ein freies Ermessen habe, welches aus einem Eigentumsrecht resultiere und nur bei Rechtsmissbrauch eingeschränkt sei, wird dagegen inzwischen weniger vertreten.
Die Genehmigung kann danach hier versagt werden. Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Mieterin nicht die Haltung eines ersten, sondern die eines zweiten Hundes begehrt.
Nach dem BGH verbietet sich bei der Frage der Genehmigung einer Haustierhaltung jede schematische Lösung. Zu berücksichtigen seien insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters.
Die Haltung eines Tieres, insbesondere eines Hundes, stellt einen Faktor der Lebensführung dar, welcher einem elementaren menschlichen Bedürfnis entsprechen kann. Vor diesem Hintergrund erscheint die Rechtsprechung der meisten Instanzgerichte zutreffend, wonach der Vermieter eine derartige Tierhaltung nur im Ausnahmefall und bei Vorliegen gewichtige Gründe untersagen kann. Ist aber das genannte elementare Bedürfnis durch die Haltung eines ersten Hundes gedeckt, können ähnlich schwerwiegende Gründe für einen Anspruch auf Genehmigung des zweiten Hundes nicht angeführt werden. Denn zwar mag das Zusammenleben mit mehreren Hunden für den ein oder anderen Menschen wünschenswert sein, der Unterschied zwischen dem Alleineleben und dem Zusammenleben mit einem Hund ist deutlich größer, als der zwischen der Haltung eines oder zweier Hunde. Sich auf ein anderes Lebewesen einzustellen, für es zu sorgen ihm zu kommunizieren ist ganz etwas anderes, als ohne tierische Gesellschaft zu leben. Dagegen verstärken sich diese Aspekte beim Zusammenleben mit mehreren Tieren zwar, es kommt aber nichts genuin Neues hinzu.
Dem Zuwachs an Gesellschaft steht bei der Haltung mehrerer Hunde auf der anderen Seite eine größere Belastung von Wohnung, Haus und Umgebung gegenüber. Auch sehr gut erzogene Hunde sind Lebewesen, die „Emissionen“ verschiedener Art verursachen, das geht von Geräuschen über Gerüche bis zur verstärkten Benutzung der Wohnimmobilie. Die Auswirkungen für Wohnung, Haus und Mitmenschen sind bei der Haltung zweier Hunde im Großen und Ganzen doppelt so stark, wie bei der Haltung eines Hundes. Da der persönliche Nutzen wie oben ausgeführt nicht ebenso stark steigt, erscheint es sachgerecht, dem Vermieter eine Genehmigung eines zweiten Hundes einen deutlich größeren Ermessensspielraum einzuräumen. Seine Interessen am Erhalt des Eigentums und des Friedens in der Hausgemeinschaft erhalten hier ein stärkeres Gewicht. Es ist daher angemessen, das Ermessen des Vermieters bei der Genehmigung eines zweiten Hundes nur dann für eingeschränkt zu halten, wenn ausnahmsweise gravierende persönliche Gründe auf Seiten des Mieters die Genehmigung unabdingbar machen.
Solche gravierenden persönlichen Gründe hat die Mieterin nicht vorgebracht. Insbesondere genügt es nicht, dass die von ihr gehaltene Hündin bereits zehn Jahre alt ist und möglicherweise in den nächsten Jahren versterben wird. Das entspricht nämlich dem normalen Gang des Lebens jeglicher Wesen. Es ist nicht üblich und auch schlecht möglich, hierfür in jeder Lage Vorsorge zu treffen. Wer etwa kurzlebige Rassen hält, müsste dann schon wenige Jahre nach der Anschaffung des ersten ein weiteres Tier anschaffen usw. Mieterin konnte die Krankheit ihres Hundes auch nicht so konkret schildern, dass sicherer absehbar wäre, wann diese versterben dürfte.
Auch die Tatsache, dass der Beklagte selbst zwei Hunde hält, reicht nicht aus um sein Ermessen zugunsten der Mieterin einzuschränken. Denn seine Wohnung ist fast doppelt so groß wie die der Mieterin und seine Hunde sind deutlich kleiner. Sowohl was die Möglichkeit artgerechter Haltung betrifft, als auch hinsichtlich der Beanspruchung des Wohnraums und der Mitbewohner gibt es daher keine Vergleichbarkeit.
Auf die Berufung der Mieterin vor dem Landgericht Berlin unterlag die Mieterin ebenfalls durch Beschluss vom 24.01.2020 zum Aktenzeichen 66 S 310/19.
Ein Anspruch der Klägerin auf Gestattung der Haltung eines weiteren Mischlinghundes mit ca. 60 cm Widerristhöhe gemäß § 535 Abs. 1 BGB i. V. m. § 11 des Mietvertrages besteht nicht.
Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die mietvertragliche Tierhaltungsklausel wirksam ist. Zwar sind Klauseln in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter allgemein verpflichten, „keine Hunde und Katzen zu halten“ wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Eine solche Klausel liegt allerdings nicht vor. Vielmehr differenziert § 11 des Mietvertrages wie folgt:
„Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere, darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten. Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorhergehender Zustimmung des Vermieters gestattet.“
Behält sich der Vermieter – wie vorliegend – durch eine Formularklausel die Zustimmung zur Hundehaltung vor, liegt darin die Zusage, über die Tierhaltung unter Beachtung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 14. Aufl. 2019, BGB § 535 Rn. 563). Denn ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört, erfordert eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters. Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung und des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Amtsgericht die vorgetragenen berechtigten Interessen der Vertragsparteien im vorliegenden Einzelfall umfassend berücksichtigt und gewichtet, gegeneinander abgewogen und in Ausgleich gebracht. Dabei hat es im Grundsatz zutreffend angenommen, dass das Halten eines Hundes vom vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gemäß § 535 Abs. 1 BGB umfasst ist, wenn hierdurch die Belange des Vermieters oder der anderen Mieter nicht beeinträchtigt werden. Die Klägerin begehrt vorliegend allerdings nicht die Gestattung der Haltung eines Hundes; sie hält in ihrer Mietwohnung bereits einen Hund. Vielmehr begehrt sie – zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Hund – die Haltung eines weiteren Hundes.
Zwar handelt es sich auch hierbei um ein berechtigtes Interesse der Beklagten. Soweit das Amtsgericht dieses Interesse im Rahmen der gebotenen Abwägung als weniger gewichtig wertet als das Interesse an der Haltung eines (ersten) Hundes, ist diese Entscheidung jedoch nicht zu beanstanden. Denn die Frage, ob ein Mieter in seiner Wohnung überhaupt zur Tierhaltung berechtigt ist, hat für diesen eine wesentlich weitreichendere Bedeutung als die Frage, in welchem Ausmaß diese Tierhaltung erfolgen darf. Dementsprechend führt der Umstand, dass der Vermieter aufgrund der berechtigten Interessen des Mieters die Haltung eines Hundes gestattet, nicht reflexartig dazu, dass auch ein berechtigtes Interesse des Mieters an der Haltung eines weiteren Hundes besteht. Andernfalls hätte der Mieter, der von seinem Vermieter die Erlaubnis zur Haltung eines Hundes erhält, automatisch einen Anspruch auf die Haltung einer unbegrenzten Anzahl von Tieren. Daher steht dem Vermieter bei der Entscheidung, ob er dem Mieter – zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Hund – die Haltung eines weiteren Hundes gestattet, ein weiterer Ermessensspielraum zu als bei der Entscheidung, ob er überhaupt eine Hundehaltung gestattet.
Der Beklagte hat nachvollziehbare Gründe für die Untersagung der Genehmigung der Hundehaltung vorgetragen, die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Das Amtsgericht hat insofern zutreffend berücksichtigt, dass mit der Haltung mehrerer Hunde auch eine größere Belastung von Wohnung, Haus und unmittelbarer Umgebung einhergeht, da aufgrund der Haltung eines weiteren Hundes insbesondere entsprechende Geräusche durch Bellen, Gerüche sowie eine verstärkte Benutzung der Wohnimmobilie zu erwarten sind. Eine entsprechende Beeinträchtigung der Vermieterbelange oder eine Störung anderer Hausbewohner kann bei einer Hundehaltung (anders als z. B. bei Kleintieren, die in geschlossenen Behältnissen gehalten werden können) zumindest nicht grundsätzlich von vornherein ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin die Haltung eines „neuen“ Hundes begehrt, dessen konkrete Verhaltensweisen und Angewohnheiten ihr derzeit unbekannt sind.
Die oben dargestellten Belastungen sind bei der Haltung eines zweiten Hundes grundsätzlich zumindest im doppelten Maße zu erwarten wie bei der Haltung eines Hundes. Denn durch den zweiten Hund ist die Gefahr gegeben, dass zukünftig durch das Miteinander-Balgen oder das gegenseitige Sich-Anbellen solche Beeinträchtigungen verstärkt gegenüber dem Zustand bei der Haltung nur eines Hundes in der Wohnung auftreten.
Im Rahmen der Abwägung hat das Amtsgericht darüber hinaus – in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung – auch die konkrete Größe der klägerischen Wohnung von ca. 50 m² berücksichtigt. Insofern besteht auch ein wesentlicher Unterschied zu der Hundehaltung des Beklagten. Zwar hält auch dieser zwei (wesentlich kleinere) Hunde, allerdings auf einer fast doppelt so großen Wohnfläche. Im Ergebnis haben somit die Hunde des Beklagten derzeit etwa dieselbe Wohnfläche zur alleinigen Verfügung wie der Hund der Klägerin. Bei der Haltung eines weiteren Hundes würde die Wohnung der Klägerin anteilig aufgrund der „drei Bewohner“ hingegen einer wesentlich höheren Abnutzung unterliegen als die Wohnung des Beklagten. Aufgrund dieser wesentlichen Unterschiede folgt allein aus dem Umstand, dass der Beklagte zwei Hunde hält, kein entsprechender Anspruch der Klägerin.
Der Umstand, dass der derzeit von der Klägerin gehaltene Hund bereits hochbetagt und an Pankreatitis erkrankt ist, führt ebenfalls zu keinem anderen Abwägungsergebnis. Die Klägerin hat bereits die Erlaubnis des Beklagten zur Haltung eines Hundes. Wenn dieser Hund der Klägerin verstirbt, ist es der Klägerin unbenommen, unmittelbar erneut einen Hund bei sich zu halten. Angesichts der oben dargestellten berechtigten Einwände des Beklagten gegen die (zeitgleiche und auf unbestimmte Dauer angelegte) Haltung eines zweiten Hundes, erscheint es der Klägerin vorliegend zumutbar, gegebenenfalls kurzzeitig alleine in der Wohnung zu leben.