Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 27.02.2020 zum Aktenzeichen 12 K 1039/19.F erstmals Grundsätze zu den Äußerungsbefugnissen von Handwerkskammern aufgestellt.
Aus der Pressemitteilung des VG Frankfurt Nr. 3/2020 vom 28.02.2020 ergibt sich:
Die Klägerin betreibt eine Motoradwerkstatt und ist Mitglied der beklagten Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Sie wendet sich gegen Äußerungen der Beklagten und deren Präsidenten, die im Zeitraum vom Februar bis September 2018 im Zusammenhang mit der Entscheidung des BVerwG zu Dieselfahrverboten und den Themen der Luftreinhaltung öffentlich gemacht wurden. Dabei handelt es sich unter anderem um folgende Formulierungen:
- Pressemitteilung vom 24.08.2018: „Es kann nicht sein, dass wir an allen Ecken und Enden der Stadt Verkehrsversuche starten, sperren und verlangsamen, wenn das auf Kosten der Bevölkerung (…) geht.“
- Pressemitteilung vom 28.08.2018: „Fahrverbote schaden der Region, der Bevölkerung (…)“
- Pressemitteilung vom 05.09.2018: „Die Situation ist für die Mitarbeiter unserer Unternehmen und die Unternehmen selbst eine Katastrophe.“
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte überschreite mit diesen Äußerungen ihren gesetzlichen Aufgabenbereich und bediene sich polemischer Überspitzungen. Zudem sei ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht gegeben, weil die Beklagte die Pressemeldung vom 24.04.2018 gemeinsam mit der CDU-Fraktion Frankfurt am Main herausgegeben habe.
Das VG Frankfurt hat die Rechtswidrigkeit der Pressemitteilung vom 24.04.2018 („an allen Ecken und Enden der Stadt“) festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts haben bei entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BVerwG zu den Industrie- und Handelskammern auch die Handwerkskammern die Gesamtinteressen der Mitglieder ihres Bezirks wahrzunehmen und können sich nur mit der notwendigen Zurückhaltung und Objektivität äußern. Auch sei es Aufgabe der Handwerkskammern in ständigem kommunikativen Austausch mit Behörden und politischen Akteuren zustehen. Als wesentlicher Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung sodann erörtert, dass die streitgegenständliche Formulierung „an allen Ecken und Enden der Stadt“ polemisch überspitzt sei. Hingegen sei der Begriff der „Katastrophe“ zwar ein starker Ausdruck, gehöre aber zum allgemeinen Sprachgebrauch. Weiterhin wurde thematisiert, dass das isolierte Herausgreifen der Formulierung „Fahrverbote schaden der Region“ den Kontext außer Acht lasse. Die aktuellen und kontrovers diskutierten Themen wie Dieselfahrverbote und Luftreinhaltung sowie verkehrspolitische Fragestellungen dürften nicht nur konkret für den Kammerbezirk, sondern auch über dessen Grenzen hinaus relevant sein.
Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum VGH Kassel zugelassen.