Verlängerung der gerichtlichen Räumungsfrist in Wohnraummietsache wegen Corona-Pandemie

28. März 2020 -

Das Landgericht Berlin hat am 26.03.2020 zum Aktenzeichen 67 S 16/20 entschieden, dass gerichtliche Räumungsfristen in Wohnraummietsachen wegen der Corona-Pandemie zumindest bis zum 30.06.2020 verlängert werden müssten.

Aus der Pressemitteilung des KG Nr. 22/2020 vom 27.03.2020 ergibt sich:

Das AG Berlin-Mitte hatte den Mieter in der ersten Instanz zur Räumung verurteilt und eine Räumungsfrist bis zum 31.03.2020 bewilligt.
Der Mieter hatte im noch laufenden Berufungsverfahren vor dem LG Berlin eine Verlängerung der Räumungsfrist bis zum 30.06.2020 mit der Begründung beantragt, insbesondere wegen der Corona-Krise keinen Ersatzwohnraum anmieten zu können.

Das LG Berlin hat dem Antrag stattgegeben.

Gemäß § 721 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO kann eine Räumungsfrist auf Antrag verlängert werden. Für den Erfolg eines solchen Verlängerungsantrags ist wesentlich, ob die in einem Urteil gewährte Räumungsfrist hinreichend lang bemessen ist, um einem Mieter die Erlangung von Ersatzwohnraum zu ermöglichen.

Nach Auffassung des Landgerichts war die vom Amtsgericht Berlin-Mitte bis zum 31.03.2020 gewährte Räumungsfrist für den beklagten Mieter aufgrund seines unstreitigen Antragsvorbringens nicht hinreichend lang bemessen, um Ersatzwohnraum zu beschaffen. Es komme hinzu, dass der Senat von Berlin Verordnungen zur Eindämmung des Coronavirus in Berlin erlassen habe, die das öffentliche Leben im Land Berlin weitgehend beschränkt und zum Erliegen gebracht hätten. Vor diesem Hintergrund sei die erfolgreiche Beschaffung von Ersatzwohnraum, die in Berlin wegen der Anspannung des örtlichen Wohnungsmarktes ohnehin besonders erschwert sei, für einen zur Räumung verpflichteten Mieter derzeit überwiegend unwahrscheinlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen. Zu welchem Zeitpunkt die Anmietung von Ersatzwohnraum bei hinreichendem Bemühen eines Räumungsschuldners wieder erfolgreich sein werde, sei ungewiss. Die genaue Bemessung der insoweit erforderlichen Zeitspanne könne hier jedoch dahinstehen, da der beklagte Mieter die Verlängerung der Räumungsfrist lediglich bis zum 30.06.2020 beantragt habe. Jedenfalls der sich bis zu diesem Termin erstreckende Zeitraum sei wegen der weitgehenden Beschränkung des öffentlichen Lebens erforderlich, um Ersatzwohnraum in Berlin anzumieten.

Deshalb seien gerichtliche Räumungsfristen gemäß § 721 ZPO derzeit grundsätzlich bis zum 30.06.2020 zu erstrecken oder entsprechend zu verlängern. Eine davon abweichende Beurteilung käme ausnahmsweise nur in Betracht, wenn der Verbleib eines Räumungsschuldners in der Mietsache eine Gefahr für Leib oder Leben begründen würde oder gleichrangige Interessen des Vermieters oder Dritter eine umgehende Räumung der Mietsache gebieten würden. Diese vorgenannten Ausnahmevoraussetzungen seien im konkreten Fall aber nicht erfüllt.