Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 14. September 2023 zum Aktenzeichen 10 CE 23.796 in einem Eilverfahren entschieden, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die Alternative für Deutschland (AfD) als Gesamtpartei beobachten und die Öffentlichkeit über diese Beobachtung informieren darf.
Im Juni 2022 hatte das LfV entschieden, die AfD als Gesamtpartei sowohl aus öffentlichen Quellen als auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten. Ziel sei es herauszufinden, welchen Einfluss extremistische Strömungen innerhalb der Gesamtpartei hätten und in welche Richtung sich die Partei entwickle. Hierüber wurde die Öffentlichkeit u.a. mit einer Pressemitteilung des LfV vom 8. September 2022 informiert. Der AfD-Landesverband Bayern erhob daraufhin Klage, um den Freistaat Bayern als Rechtsträger des LfV zu verpflichten, sowohl die Beobachtung als auch die Information der Öffentlichkeit über die Beobachtung zu unterlassen. Zur Begründung berief sich der Landesverband auf den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien. Zusätzlich stellte er einen Eilantrag, weil ihn die Beobachtung mit maximaler Schwere treffe und eine weitere Beobachtung bis zum Abschluss des Klageverfahrens unzumutbar sei. Nachdem das Verwaltungsgericht München den Eilantrag mit Beschluss vom 17. April 2023 in erster Instanz abgelehnt hatte, erhob der AfD-Landesverband Beschwerde zum BayVGH.
Der BayVGH hat die Anfang Mai 2023 eingegangene Beschwerde des AfD-Landesverbands nun nach umfangreichem Schriftwechsel der Beteiligten und einer Sichtung und Auswertung von mehreren tausend Aktenseiten ganz überwiegend zurückgewiesen. Das LfV gehe zu Recht davon aus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD als Gesamtpartei bestünden. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Einfluss von Parteimitgliedern auf die Gesamtpartei, die der mittlerweile aufgelösten Sammlungsbewegung „Der Flügel“ angehörten, sowie aus bekannt gewordenen „Umsturzphantasien“ von Mitgliedern des bayerischen Landesverbands. Zahlreiche Anhänger des ehemaligen „Flügels“ würden ebenso wie hochrangige Vertreter der Jugendorganisation der AfD „Junge Alternative“ einen mit dem Grundgesetz nicht vereinbaren völkischen Volksbegriff vertreten. Zudem gebe es zahlreiche Hinweise dafür, dass das Politikkonzept der Gesamtpartei gegen die Menschenwürde von Personen islamischen Glaubens verstoße. Der Verfassungsschutz habe die Öffentlichkeit grundsätzlich auch über die Beobachtung der Partei informieren dürfen, weil die Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen hinreichend gewichtig seien. Lediglich die konkrete Formulierung in der Überschrift und dem ersten Absatz der Pressemitteilung vom 8. September 2022 sei rechtswidrig, weil sie den Eindruck vermittele, dass die AfD insgesamt gesichert extremistisch sei, was selbst der Verfassungsschutz derzeit nicht behaupte.
Gegen den Beschluss des BayVGH gibt es kein Rechtsmittel.