Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Beschluss vom 11.02.2020 zum Aktenzeichen 32/19.VB-3 entschieden, dass ein abgelehnter Richter zwar über einen Befangenheitsantrag ausnahmsweise selbst entscheiden darf, allerdings nur dann, wenn dieser offensichtlich lediglich dazu dient, das Verfahren zu verschleppen oder mit ihm verfahrensfremde Ziele verfolgt werden.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH NRW vom. 21.02.2020 ergibt sich:
Das bei dem AG Aachen anhängige Ausgangsverfahren betrifft die Räumung und Herausgabe eines Einfamilienhauses. Der Beschwerdeführer ist Beklagter in diesem Rechtsstreit und lehnte den zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil dieser eine Bitte um Überlassung von Kopien aus der Gerichtsakte unbeachtet gelassen habe. Das Amtsgericht verwarf diesen Befangenheitsantrag – durch den abgelehnten Richter selbst – mit der nicht weiter ausgeführten Begründung als unzulässig, der Befangenheitsantrag sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich, da die Bitte um Überlassung von Kopien mit dem sachlichen Gegenstand des Rechtsstreits nichts zu tun habe. Die vom Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde wies das LG Aachen zurück.
Der VerfGH Münster hat die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts aufgehoben und das Verfahren über den Befangenheitsantrag an das AG Aachen zurückverwiesen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs verletzt die Entscheidung des Amtsgerichts den Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter. Der abgelehnte Richter dürfe zwar über einen Befangenheitsantrag ausnahmsweise dann selbst entscheiden, wenn dieser missbräuchlich sei, etwa weil er offensichtlich lediglich dazu diene, das Verfahren zu verschleppen oder mit ihm verfahrensfremde Ziele verfolgt würden. Von der Möglichkeit, selbst über den gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag zu entscheiden, habe der abgelehnte Richter hier indes in sachlich nicht mehr gerechtfertigter und damit willkürlicher Weise Gebrauch gemacht. Die Begründung des Amtsgerichts, die von dem Beschwerdeführer erbetenen Kopien aus der Gerichtsakte seien für den Gegenstand des Rechtsstreits nicht von Bedeutung, sei nicht nachvollziehbar und im Ergebnis unhaltbar.