Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des OLG Karlsruhe in einem Verfahren wegen Versagung einer grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung teilweise erfolgreich

15. Februar 2022 -

Der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg hat am 03.02.2022 zum Aktenzeichen 1 VB 85/17 entschieden, dass ein Beschluss des OLG Karlsruhe die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, soweit darin die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird und hat den Beschluss insoweit aufgehoben.

Aus der Pressemitteilung des VerfGH BW vom 14.02.2022 ergibt sich:

Im Übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit zurückgewiesen.

Mit dem Beschluss hatte das Oberlandesgericht die Beschwerde, welche die Beschwerdeführerin gegen die Versagung der nach dem Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG) erforderlichen Genehmigung für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke erhoben hatte, zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Beschwerdeführerin hat gerügt, dass der angegriffene Beschluss ihre Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung nach Art. 2 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletze, indem er die Versagung der Genehmigung des Grundstückskaufvertrags bestätige. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde verletze zudem ihr Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 2 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

Wesentliche Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts ist, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf den gesetzlichen Richter rügt, zulässig und begründet.

Die Beschwerdeführerin ist als juristische Person des Privatrechts beschwerdefähig. Nach § 55 Abs. 1 VerfGHG ist „jeder“ beschwerdefähig, der Träger des von ihm geltend gemachten Rechts sein kann. Voraussetzung für die Beschwerdefähigkeit ist damit die Grundrechtsfähigkeit. Diese richtet sich auch für die Grundrechte der Landesverfassung nach Art. 19 Abs. 3 GG, da die Verweisung auf die Grundrechte des Grundgesetzes in Art. 2 Abs. 1 LV auch diese Regelung erfasst und dadurch in Landesverfassungsrecht transferiert. Demnach gelten Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Dies ist bei den hier mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Grundrechten der Fall.

Unerheblich ist, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz nicht in Baden-Württemberg hat. So wie die als „Deutschen-Grundrechte“ formulierten Grundrechte des Grundgesetzes auch nach ihrer landesverfassungsrechtlichen Rezeption allen Deutschen Grundrechtsschutz gewähren und sich nicht nur auf Angehörige des Landes beziehen, erfasst auch das Merkmal der „inländischen“ juristischen Person aus Art. 19 Abs. 3 GG nach seiner Übernahme in Landesrecht alle Organisationen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Art. 2 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht auf den gesetzlichen Richter. Dieser ergibt sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts. Der gesetzliche Richter kann auch dadurch entzogen werden, dass ein Gericht der gesetzlich vorgesehenen Pflicht zur Zulassung eines Rechtsmittels nicht nachkommt.

Das Oberlandesgericht hat die Zurückweisung der Beschwerde und damit die Bestätigung der Versagung der Genehmigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ASVG tragend darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin zum einen kein anerkannter Naturschutzverband i.S.d. § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) sei und zum anderen weder der Erwerb des Grundstücks noch ihr Projekt mit öffentlichen Mitteln finanziell gefördert werde. Hinsichtlich beider Aspekte ergibt sich aus der angegriffenen Entscheidung nicht hinreichend nachvollziehbar, warum die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist, obwohl die Zulassung nahegelegen hätte.

Als Folge der Aufhebung des Beschlusses, soweit er die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde betrifft, muss das Oberlandesgericht Karlsruhe über die Zulassung der Rechtsbeschwerde erneut entscheiden.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie eine Verletzung der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung durch die Zurückweisung der Beschwerde und Bestätigung der Genehmigungsversagung im angegriffenen Beschluss rügt. Mit der Aufhebung der Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist der Rechtsweg gegen die Sachentscheidung wieder eröffnet.