Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 23.03.2021 zum Aktenzeichen L 10 KR 157/21 B ER in einem von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass die Verwaltungsgerichte für Rechtsstreitigkeiten betreffend der Impfverordnung zur Corona-Schutzimpfung zuständig sind.
Für die vorliegende Streitigkeit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht eröffnet.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden nach der enumerativen Aufzählung in § 51 Abs. 1 und 2 SGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in den in Abs. 1 ausdrücklich genannten Angelegenheiten, u.a. nach Nr. 2 des Abs. 1 in solchen u.a. der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden und nach Abs. 2 S. 1 in privatrechtlichen Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Zudem ist die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gegeben nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 V i.V.m. § 68 Abs. 2 IfSG für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der §§ 60 bis 63 Abs. 1 IfSG.
Keine dieser Rechtswegzuweisungen ist vorliegend einschlägig. Die Abgrenzung zwischen den Gerichtsbarkeiten richtet sich dabei, wenn es, wie hier, an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.
Es liegt zunächst keine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2 oder Abs. 2 S. 1 SGB V vor. Zu diesen gehören nach der Rechtsprechung des BSG zwar auch Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses oder gegen die Festsetzung von Festbeträgen durch den Spitzenverband der Krankenkassen. Stets sind jedoch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung i.S.v. § 21 SGB I betroffen. Diese sind gekennzeichnet durch die dort ausdrücklich aufgeführten Leistungen, die in der Zuständigkeit der in § 21 Abs. 2 SGB I genannten gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden.
Die hier in Streit stehende Verpflichtung zur Bescheidung des gestellten Antrags dahingehend, dass der Antragsteller der Gruppe der Impfberechtigten mit höchster Priorität nach § 2 Coronavirus-Impfverordnung angehöre, erfolgt gerade nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Streitgegenstand ist vielmehr die Geltendmachung eines infektionsschutzrechtlichen Leistungs- bzw. Teilhabeanspruchs. Dieser stützt sich zwar auf eine Verordnungsermächtigung in § 20i SGB V und § 5 IfSG, ist jedoch als vorübergehend zugangsbedürftige Impfverordnung in der ausschließlichen Trägerschaft der staatlichen Gesundheitsbehörden ausgestaltet. Ein Sicherstellungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen nach § 132e SGB V besteht nicht. Die Festlegung der Gruppen der Impfberechtigten findet, ebenso wie die Coronavirus-Schutzimpfung, außerhalb der Regelversorgung des SGB V statt.
Auch § 51 Abs. 1 Nr. 6 SGB C i.V.m. § 68 Abs. 2 IfSG ist nicht einschlägig. Weder geht es um die Geltendmachung eines Schadens im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts, noch um die Versorgung des Antragstellers bei Impfschaden oder bei Gesundheitsschäden durch andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, § 60 IfSG.
Ein der übrigen in § 51 SGG genannten Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit kommt nicht in Betracht. Weder diese Vorschrift noch § 68 Abs. 2 IfSG können zudem erweiternd ausgelegt werden. Anders als § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO für die Verwaltungsgerichtsbarkeit enthält § 51 SGG für die Sozialgerichtbarkeit keine Generalklausel. Regelungsmodell der Rechtswegabgrenzung zwischen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu denjenigen der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie zu den Gerichten der übrigen Gerichtsbarkeit ist, dass der Sozialgerichtsbarkeit nur die Angelegenheiten zugewiesen sind, die in § 51 SGG enumerativ aufgeführt sind.
Damit liegt keine Angelegenheit der Sozialgerichtsbarkeit vor. Dem entspricht die bislang vorliegende Rechtsprechung zur Priorisierung bzw. Erreichung einer höheren Priorisierung für Impfungen nach der Coronavirus-Impfverordnung. Lediglich die Entscheidung des VG Oldenburg weicht hiervon ab, der aus den vom LSG Niedersachsen-Bremen in der nachfolgenden Entscheidung genannten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht gefolgt werden kann.