Das Bundesverwaltungsgericht hat am 07.07.2023 entschieden, dass das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 22. März 2021 ausgesprochene und am 5. Mai 2021 zugestellte Verbot des Vereins Somalisches Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e.V. als Teilorganisation der Vereinigung Ansaar International e. V. (Ansaar International) rechtmäßig ist.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 57/2023 vom 07.07.2023 ergibt sich:
Der Kläger ist als Hilfsorganisation in Deutschland und Somalia tätig. Mit der genannten Verfügung verbot das BMI Ansaar International mitsamt seinen acht Teilorganisationen, weil Ansaar International mit seinen Zwecken und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufe und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung richte. Begründet wurde dies unter anderem mit der Unterstützung terroristischer Vereinigungen wie der Al-Shabab durch Ansaar International und den Kläger als seiner Teilorganisation bei Hilfsprojekten in Somalia. Der Kläger sei in das Vereinsgeflecht von Ansaar International eingebunden. Seine Einnahmen stammten im Wesentlichen aus diesem Geflecht, mit dem gemeinsame Projekte unter der Führungsrolle von Ansaar International durchgeführt worden seien. Zudem habe der Kläger Ansaar International ein Konto zum Sammeln von Spenden zur Verfügung gestellt und es dieser Vereinigung ermöglicht, Spendenquittungen im Namen des Klägers auszustellen.
Der Kläger hat gegen die Verbotsverfügung Klage erhoben und geltend gemacht, er sei keine Teilorganisation von Ansaar International. Er verwirkliche die gemeinsamen Projekte in Kooperation und entsprechender Arbeitsteilung mit Ansaar International. Die Überlassung eines auf seinen Namen laufenden Kontos zur ausschließlichen Nutzung durch Ansaar International belege eine Trennung der finanziellen Bereiche beider Vereinigungen.
Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich entscheidet, hat keinen Erfolg. Gegenstand der Prüfung in diesem Verfahren ist ausschließlich das Vorliegen der Voraussetzungen einer Teilorganisation und nicht die Verwirklichung von Verbotsgründen. Von einer Teilorganisation ist auszugehen, wenn eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung – der Teilorganisation – besteht. Hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. Die Voraussetzungen einer Teilorganisation müssen noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung vorliegen.
Nach diesem Maßstab handelt es sich bei dem Kläger um eine Teilorganisation von Ansaar International. Zwar verwirklicht der Kläger eigene Projekte in Somalia in einem geringen Umfang unabhängig von Ansaar International. Jedoch werden seine Aktivitäten von den gemeinsam mit Ansaar International in Somalia realisierten Projekten geprägt, die vom Umfang her den Schwerpunkt ausmachen. Für diese hat der Kläger ein Vorschlagsrecht, aber Ansaar International entscheidet ohne Einflussmöglichkeit des Klägers über das „Ob“ der Realisierung, die Finanzierung und die Durchführung. Der Kläger ist dann unter Einbeziehung einer Partnerorganisation lediglich für die Umsetzung vor Ort nach den Vorgaben von Ansaar International zuständig. Außerdem bestimmt Ansaar International die Anforderungen an die Dokumentation der verwirklichten Projekte. Neben dem sich hieraus ergebenden Über-/Unterordnungsverhältnis im Bereich der gemeinsamen Projekte hat sich der Kläger auch der finanziellen Kontrolle eines auf seinen Namen laufenden Kontos zugunsten von Ansaar International vollständig begeben. Diese noch im Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung am 5. Mai 2021 vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme der Eingliederung des Klägers in den Gesamtverein von Ansaar International.