Verbund darf Rechtsberatung ohne Gewinnerzielungsabsicht erbringen

11. Dezember 2023 -

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.09.2023 zum Aktenzeichen KZR 73/21 entschieden, dass eine Kommanditgesellschaft (hier: Verbund mittelständischer Brauereien) Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder (hier: Abtretungsvereinbarungen zur Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzforderungen) erbringen darf, sofern sie zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründet worden ist, ohne Gewinnerzielungsabsicht lediglich eine Kostenpauschale für die bei der Verfolgung der Schadensersatzansprüche entstehenden Allgemeinkosten erhebt und die Rechtsdienst-leistung im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs (hier: gemeinsamer Einkauf von Zucker) erfolgt.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ihrer Gesellschafter und hilfsweise aus eigenem Recht zugunsten ihrer Gesellschafter Schadensersatzansprüche wegen kartellbedingt überteuerter Bezugspreise für Zucker in den Jahren 1996 bis 2009 geltend.

Die Klägerin ist ein Verbund von 40 mittelständischen Brauereien in Form einer Kommanditgesellschaft mit einem Jahresumsatz von etwa 1,5 Mio. €. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Förderung der gemeinsamen Interessen ihrer Gesellschafter. Die Klägerin hat keine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz. Die Beklagte und ihre Streithelferinnen sind Zuckerhersteller. Gegen sie hat das Bundeskartellamt mit rechtskräftigen Beschlüssen vom 18. Februar 2014 Bußgelder wegen wettbewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen verhängt. Die Verstöße bezogen sich auch auf die weiterverarbeitende Industrie (Verarbeitungszucker).

Die Klägerin koordinierte für ihre Gesellschafter den gemeinsamen Einkauf von Zucker und schloss zwischen 2000 und 2008 Verträge mit der Beklagten ab, auf deren Grundlage diese jeweils Liefermengen abriefen. Nach Bekanntwerden der Beschlüsse des Bundeskartellamts traten 14 Gesellschafter etwaige kartellrechtliche Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die in den Beschlüssen festgestellten wettbewerbsbeschränkenden Absprachen an die Klägerin ab.

Diese Ansprüche hat die Klägerin zunächst geltend gemacht, hilfsweise aus eigenem Recht mit der Behauptung, die zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Verträge seien Verträge zugunsten Dritter. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin, mit der sie noch Schadensersatzansprüche von elf Gesellschaftern (diese nachfolgend: „Brauereien“) in Höhe von 2.121.000 € weiterverfolgt, zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Gründe

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da eine Abtretung der behaupteten Schadensersatzansprüche gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 3 RDG nichtig sei. Das Rechtsdienstleistungsgesetz sei vorliegend anwendbar. Die Klägerin habe außergerichtlich gehandelt, weil eine Forderungsabtretung eine außergerichtliche Tätigkeit sei, auch wenn die abgetretene Forderung im Anschluss gerichtlich geltend gemacht werde. Die Abtretung der Forderungen und ihre Geltendmachung gegenüber der Beklagten sei eine Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine Prüfung im Einzelfall erfordert habe, wobei die Klägerin die Einziehung der zu diesem Zweck auf fremde Rechnung abgetretenen Forderungen als eigenständiges Geschäft betreibe. Die Rechtsdienstleistung sei weder nach § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung noch gemäß § 6 RDG wegen Unentgeltlichkeit oder gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG als Betreuungstätigkeit einer beruflichen Vereinigung für ihre Mitglieder erlaubt. Die Anwendung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG scheide aus, weil die Klägerin einen gewerblichen Zweck verfolge. Jedenfalls aber diene die Rechtsdienstleistung nicht der Verfolgung gemeinschaftlicher Interessen. Erforderlich sei stets ein über das Interesse eines Einzelnen hinausgehendes Gruppeninteresse. Die Klägerin bündle lediglich die gleichgerichteten Einzelinteressen der Gesellschafter. Es könne allenfalls in Erwägung gezogen werden, dass die Einziehung der Forderungen der Durchführung des gemeinsamen Einkaufs diene. Der gemeinsame Einkauf stelle aber kein Gruppeninteresse dar, das zu einer Privilegierung der Klägerin nach § 7 RDG führen könne. Schließlich sei der Beitritt zur Klägerin auch nicht unproblematisch möglich. Bereits die mit einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft erforderlichen formalen Anforderungen stünden dem entgegen. Zudem sei nach dem Gesellschaftsvertrag ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die von der Klägerin aufgestellten Kriterien für die Aufnahme verlangten eine subjektive Bewertung, die der Gesellschafterversammlung obliege. Die Klägerin könne von der Beklagten auch nicht gemäß § 335 BGB fordern, dass diese an die betroffenen Brauereien Schadensersatz leiste. § 335 BGB sei nicht anwendbar, weil die Klägerin mit der Beklagten keinen Vertrag zugunsten Dritter geschlossen habe.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hätte das Berufungsgericht die Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht mit der Begründung verneinen dürfen, die Abtretungen seien gemäß § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG nichtig.

Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch den Abschluss der Abtretungsvereinbarungen ihren Gesellschaftern eine Rechtsdienstleistung gemäß § 2 Abs. 1 RDG erbracht hat.

Rechtsdienstleistung ist gemäß § 2 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Ob eine eigene oder eine fremde Rechtsangelegenheit betroffen ist, richtet sich danach, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Angelegenheit liegt. Dabei ist in § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG klargestellt, dass die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen nicht als Tätigkeit in einer fremden Angelegenheit anzusehen ist. In allen anderen Fällen, in denen der Handelnde nicht primär im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig wird, ist von einer Fremdheit der Angelegenheit auszugehen (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – I ZR 88/15, NJW 2016, 3441 Rn. 26 mwN – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur).

Das Berufungsgericht hat zu Recht und von der Revision unbeanstandet angenommen, bei der Klägerin und ihren Gesellschaftern handele es sich nicht um nach § 15 AktG verbundene Unternehmen. Es liegt daher keine eigene Rechtsangelegenheit der Klägerin gemäß § 2 3 Nr. 6 RDG vor. Das Berufungsgericht geht ferner ohne Rechtsfehler davon aus, dass die Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände in fremden Angelegenheiten tätig wird, weil die Geltendmachung der Schadensersatzforderung vorrangig im wirtschaftlichen Interesse der jeweiligen Brauerei erfolgt. Die dagegen erhobene Rüge der Revision, § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG sei vorliegend entweder analog anzuwenden, oder es fehle nach dem Rechtsgedanken der Vorschrift an der Fremdheit des Geschäfts, greift nicht durch.

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 2. Juli 2018 – AnwZ(Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 59 mwN; Beschluss vom 28. März 2023 – II ZB 11/22, WM 2023, 1230 Rn. 22 mwN).

An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Es ist schon keine Regelungslücke festzustellen, nachdem der Gesetzgeber die Klarstellung in § 2 3 Nr. 6 RDG ausdrücklich nur auf verbundene Unternehmen bezogen hat. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass eine Regelung lediglich für verbundene Unternehmen getroffen werden sollte, wobei der Umfang der Unternehmensbeteiligung in den Blick genommen worden ist (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 30. November 2006, BT-Drucks. 16/3655, S. 50 f.). Ferner ist der hier zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht auch nicht mit dem vom Gesetzgeber geregelten Fall des § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG vergleichbar.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen von 40 mittelständischen Brauereien, die zumindest zum Teil miteinander und jedenfalls mit weiteren Brauereien im Wettbewerb stehen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Förderung gemeinsamer Interessen der Gesellschafter (§ 3 GWB). Die Brauereien sind von der Klägerin wirtschaftlich unabhängig und verfolgen ihre eigenen wirtschaftlichen Ziele. Sie nutzen die Klägerin, an der sie jeweils mit einer Kommanditeinlage beteiligt sind, als Instrument zur Verfolgung bestimmter gemeinsamer Interessen.

Das Verhältnis zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern ist daher nicht mit den in § 15 AktG aufgeführten Unternehmensverbindungen vergleichbar. Deren enge rechtliche und wirtschaftliche Verbindung als in Mehrheitsbesitz stehende und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) rechtfertigt nach der Begründung des Gesetzes die Annahme, dass die Erledigung aller Rechtsangelegenheiten innerhalb des Unternehmensverbunds keine fremden Angelegenheiten sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 50 f.). Mit einer solchen engen Verbindung ist die Beteiligung der Brauereien an der Klägerin weder rechtlich noch wirtschaftlich vergleichbar. Auch die Revision geht davon aus, dass bei Gemeinschaftsunternehmen die Fremdheit der Angelegenheit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falls zu beurteilen ist.

Daraus folgt zugleich, dass entgegen der Ansicht der Revision die Fremdheit der Angelegenheit nicht nach dem Rechtsgedanken des § 2 3 Nr. 6 RDG abzulehnen ist.

Das Berufungsgericht hat die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG aber rechtsfehlerhaft verneint. Erlaubt sind nach dieser Vorschrift Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen (dazu im Folgenden unter a) im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind (dazu im Folgenden unter b).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin eine Vereinigung im Sinn von § 7 1 Nr. 1 RDG. Sie ist zur Wahrung eines über die Interessen des Einzelnen hinausgehenden Gruppeninteresses gegründet worden. Dem steht weder entgegen, dass die Klägerin als Kommanditgesellschaft einen gewerblichen Zweck verfolgt, noch dass der Beitritt zur Klägerin eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung und der Eintragung in das Handelsregister bedarf.

Das Berufungsgericht geht zu Unrecht davon aus, dass die Anwendung von § 7 1 Nr. 1 RDG auf eine Vereinigung, die nicht hauptsächlich einen ideellen Zweck verfolgt, sondern einem Gewerbe oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachgeht, ausnahmslos und ohne Ansehung der Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen ist.

Der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG gibt für die Beschränkung des Vereinigungsbegriffs auf Idealvereine (§ 21 BGB) und Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit einem ideellen Zweck nichts her. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um eine berufliche Vereinigung oder um eine solche handelt, die zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründet worden ist. Vereinigungen sind rechtliche Zusammenschlüsse von mehreren natürlichen oder juristischen Personen (BGH, Beschluss vom 13. November 1979 – KVR 1/79, WuW/E BGH 1726 [juris Rn. 11] – Deutscher Landseer-Club; vgl. auch Overkamp/Overkamp in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 7 RDG Rn. 4; Kleine-Cosack, RDG, 3. Aufl., § 7 Rn. 8; zum Vereinigungsbegriff des Art. 9 Abs. 1 GG, § 2 Abs. 1 VereinsG Groh, VereinsG, 2012, § 2 Rn. 2; Roggenkamp in Albrecht/Roggenkamp, VereinsG, 2014, § 2 Rn. 9). Eine Kommanditgesellschaft – auch in der Form der GmbH & Co. KG – ist danach eine Vereinigung.

Die vom Berufungsgericht angenommene Beschränkung lässt sich weder aus dem in § 7 Abs. 1 RDG enthaltenen Hinweis auf den satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Vereinigung ableiten (so Dreyer/Geißler in Dreyer/Lamm/Müller, RDG, § 7 Rn. 7) noch – wie die Beklagte meint – dem systematischen Zusammenhang mit § 10 RDG entnehmen. Auch der Gesellschaftsvertrag einer juristischen Person wird üblicherweise als Satzung bezeichnet (vgl. nur §§ 2, 5 AktG, § 40 Abs. 1, §§ 53, 54 GmbHG; BGH, Urteile vom 10. Oktober 1994 – II ZR 18/94, NJW 1995, 194 [juris Rn. 5] zur Kommanditgesellschaft; vom 16. März 2009 – II ZR 302/06, BGHZ 180, 154 Rn. 27 – Wertpapierdarlehen – zur Kommanditgesellschaft auf Aktien; vom 1. März 2011 – II ZR 83/09, NJW 2011, 2578 Rn. 22 zur GmbH; vom 13. Oktober 2020 – II ZR 359/18, WM 2020, 2110 Rn. 12 zur GmbH & Co. KG). Dass § 10 Abs. 1 RDG für die Möglichkeit der Registrierung auf natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit abstellt, lässt entgegen der Ansicht der Beklagten keinen Schluss darauf zu, dass eine Vereinigung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG lediglich ein Idealverein sein kann. Die Vorschriften regeln unterschiedliche Fallgestaltungen, nämlich einerseits Mitgliederberatung durch Zusammenschlüsse, die gemeinsame Interessen verfolgen, andererseits Erbringung von Rechtsdienstleistungen aufgrund besonderer Sachkunde nach Registrierung. Gleiches gilt für die von der Beklagten zusätzlich herangezogene Vorschrift des § 5 RDG.

Soweit die Beklagte auf die Verwendung des Begriffs Verein in der Gesetzesbegründung abstellt (BT-Drucks. 16/3655, S. 60), kann dem keine Absicht des Gesetzgebers entnommen werden, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Vereine zu beschränken, nachdem in der Gesetzesbegründung ebenso häufig der Begriff der Vereinigung Verwendung findet und dieser Eingang in den Wortlaut des Gesetzes gefunden hat.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (ebenso Dux-Wenzel in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 7 Rn. 18) lässt sich die Voraussetzung der Verfolgung eines hauptsächlich ideellen Zwecks auch nicht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen (BGH, Urteil vom 30. November 1954 – I ZR 147/53, BGHZ 15, 315 [juris Rn. 12]).

In dieser Entscheidung zu Art. 1 § 7 RBeratG, der 1935 erlassenen Vorgängervorschrift des seit dem 1. Juli 2008 geltenden § 7 RDG (zur vom Gesetzgeber beabsichtigten vollständigen Ablösung des Rechtsberatungsgesetzes durch das Rechtsdienstleistungsgesetz siehe BT-Drucks. 16/3655, S. 26, 40) wird lediglich die Frage geprüft und verneint, ob Art. 1 § 7 RBeratG eine unentgeltliche Tätigkeit voraussetzt und darauf hingewiesen, dass Art. 1 § 7 RBeratG nicht die Rechtsform eines Vereins fordert, sondern schlechthin von auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildeten Vereinigungen spricht (ebenda, juris Rn. 12; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 2001 – X ZR 134/00, BGHZ 149, 165 [juris Rn. 17] – Auskunftsanspruch bei Nachbau – zur GmbH). Soweit der Entscheidung zudem maßgeblich zugrunde liegt, dass Sinn und Zweck von Art. 1 § 7 RBeratG der Konkurrenzschutz für die Anwaltschaft war (BGHZ 15, 315 [juris Rn. 16 f.]), ist dies durch § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG überholt (siehe auch BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1997 – 1 BvR 780/87, BVerfGE 97, 12 [juris Rn. 97].

Voraussetzung für eine Vereinigung im Sinn von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG ist nach der bisherigen Rechtsprechung, dass sie der Wahrnehmung und Verfolgung gemeinsamer (beruflicher) Interessen ihrer Mitglieder dient (zu Art. 1 § 7 RBeratG: BGH, Urteil vom 20. Dezember 1979 – VII ZR 306/78, NJW 1980, 991 [juris Rn. 10] – privatärztliche Verrechnungsstelle; BGHZ 149, 165 [juris Rn. 17] – Auskunftsanspruch bei Nachbau, zu einer Sortenschutzvereinigung in der Rechtsform einer GmbH; OVG Münster, NJW 1962, 2028, 2029 zu einem Haus- und Grundbesitzerverein; OLG Düsseldorf, NJW 1969, 2289 zu einer privatärztlichen Verrechnungsstelle; LG Kleve, NJW 1991, 756 zu einer privatärztlichen Verrechnungsstelle in der Rechtsform einer GmbH). Nach der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf alle Vereinigungen, die zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründet sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG), kommt es zudem nicht darauf an, welcher Art diese Interessen sind. Erforderlich ist lediglich ein über die Interessen des Einzelnen hinausgehendes Gruppeninteresse (BT-Drucks. 16/3655, S. 59; Dux-Wenzel in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 7 Rn. 29 bis 35; Kleine-Cosack, RDG, 3. Aufl., § 7 Rn. 16).

Das vom Berufungsgericht angenommene Erfordernis der Verfolgung eines hauptsächlich ideellen Zwecks mit der Folge, dass alle Vereinigungen, die ausschließlich oder wesentlich einem Gewerbe oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen, von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG von vornherein nicht erfasst werden können, ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Vorschrift.

Nach der überwiegenden Ansicht in der Literatur können nach Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG Verbände mit Gewinnerzielungsabsicht (so Piekenbrock in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 7 RDG Rn. 3), Vereinigungen, die ein Gewerbe ausüben (so Schmidt in Krenzler, RDG, 2. Aufl., § 7 Rn. 13, 17), die auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (so OVG Münster, NJW 1962, 2028, 2029 obiter) oder auf die Ausübung eines Gewerbes gerichtet sind (Dreyer/Geißler in Dreyer/Lamm/Müller, RDG, § 7 Rn. 7; Müller in BeckOK RDG, 26. Ed. [Stand 1. Juli 2023], § 7 Rn. 5 f.) oder die ausschließlich oder wesentlich einem Gewerbe oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen (so Dux-Wenzel in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 7 Rn. 18, 22) die Privilegierung der Vorschrift nicht für sich in Anspruch nehmen. Zur Begründung wird ausgeführt, Rechtsdienstleistungen durch Vereinigungen im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG seien nur deshalb erlaubt, weil sie nicht mit den Gefahren verbunden seien, denen der Rechtsuchende ausgesetzt sei, wenn er Rechtsdienstleistungen von einem gewerblichen Anbieter erhalte. Sobald mit der Dienstleistung „ein Geschäft gemacht“ werden solle, sei zum Schutz der Rechtsuchenden eine strengere gesetzliche Regelung geboten (so Dux-Wenzel in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 7 Rn. 18). Nach anderer Ansicht kommt es auf einen etwaigen gewerblichen Zweck oder eine Gewinnerzielungsabsicht der Vereinigung nicht an (Kleine-Cosack, RDG, 3. Aufl., § 7 Rn. 10, 36).

Beide Ansichten greifen zu kurz. § 7 RDG beruht auf der Erwägung, dass Rechtsbetreuungseinrichtungen grundsätzlich nach anderen Maßstäben zu beurteilen sind als solche Tätigkeiten, die auf einen Verdienst bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zielen, weil eine echte Betreuungstätigkeit durch berufliche oder zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründete Vereinigungen keine Gefahren für die Rechtsuchenden, die Rechtsordnung und den Rechtsverkehr begründet, denen das Rechtsdienstleistungsgesetz entgegentreten will (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG; vgl. zu Art. 1 § 7 RBeratG BGHZ 15, 315 [juris Rn. 15]). Zwar mag die Verfolgung eines gewerblichen Zwecks durch eine Vereinigung, die Rechtsdienstleistungen erbringt, häufig mit den Gefahren für die Rechtsuchenden, die Rechtsordnung und den Rechtsverkehr einhergehen, zu deren Schutz die Erlaubnispflicht des § 3 RDG dient. Das rechtfertigt indes nicht, Vereinigungen mit einem gewerblichen Zweck ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vom Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG von vornherein auszuschließen, auch wenn ihr eigentlicher Zweck nicht auf die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gerichtet ist. Es ist vielmehr stets eine am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG) orientierte Würdigung der Umstände des Einzelfalls geboten, bei der auch die Wert-entscheidungen des Grundgesetzes miteinzubeziehen sind (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 2021 – II ZR 84/20, BGHZ 230, 255 Rn. 22 mwN zum Begriff der Inkassodienstleistung; vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 110 mwN zur Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters).

Dass die Klägerin als Kommanditgesellschaft nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts einen gewerblichen Zweck verfolgt, steht danach der Anwendung von § 7 1 Nr. 1 RDG im vorliegenden Fall nicht entgegen. Die streitgegenständlichen Rechtsdienstleistungen sind Betreuungsleistungen für ihre Mitglieder, die nach Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG privilegiert sind.

Die Klägerin ist ein seit 1969 bestehender Zusammenschluss mittelständischer Brauereien („Die Freien Brauer“), die zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zulässigerweise gemäß § 3 GWB kooperieren. Nach § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags fördert die Klägerin die gemeinsamen Interessen der Gesellschafter, insbesondere durch einen gemeinsamen Einkauf, das Betreiben gemeinsamer Marktforschung, die Veranstaltung gemeinsamer Schulungen und Seminare, die Entwicklung und Einführung gemeinsamer Marken, die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit für die Kommunikation der Wertegemeinschaft „Die Freien Brauer“ sowie den Aufbau und die Weiterentwicklung von Plattformen zur gemeinsamen Weiterentwicklung. Dass die Klägerin zur Wahrung gemeinsamer beruflicher Interessen ihrer Mitglieder gegründet worden ist, ist daher nicht zweifelhaft. Diese bestehen darin, sich als in Bezug auf ihre Umsätze „kleine“, und unabhängige „freie Brauereien“ im Wettbewerb zu behaupten, wobei sie dieses übergeordnete Marktstrukturinteresse als Mittelstandskartell gemäß § 3 GWB verfolgen. Die in der Satzung enthaltenen Gesellschaftszwecke sind alle auf das übergeordnete Ziel ausgerichtet und bezogen. Das gilt in besonderem Maß für den gemeinsamen Einkauf, mit dem die Verhandlungsmacht gegenüber den Herstellern vergrößert, niedrigere Beschaffungspreise erreicht und damit letztlich auch die Wettbewerbschancen gegenüber den „großen“ Brauereien mit erheblicher Marktmacht verbessert werden sollen. Die in der Satzung genannten Zwecke sind gemeinschaftliche und überindividuelle. Die Klägerin soll das gemeinsame Interesse an der Existenz und der Wettbewerbsfähigkeit kleiner, von den großen Brauereien unabhängiger Brauereien in der Öffentlichkeit und im Wettbewerb fördern und unterstützen.

Die von der Klägerin verfolgten gemeinsamen Interessen beinhalten auch Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmen ihrer Gesellschafter. Das trifft etwa auf die Verhandlungen mit den Zuckerherstellern und die Organisation des gemeinsamen Einkaufs zu. Als ausgegliederter Teil der Gewerbebetriebe ihrer Gesellschafter hat die Klägerin insoweit dieselbe wirtschaftliche Zielsetzung, die die Gesellschafter mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit verfolgen. Das bedingt, dass sie einen kaufmännischen Betrieb führt, der dauernd und planmäßig am Rechtsverkehr teilnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1966 – II ZB 2/66, BGHZ 45, 395 [juris Rn. 6 f.]). Sie musste daher bei ihrer Gründung 1969 die Rechtsform einer handelsrechtlichen Gesellschaft wählen (vgl. BGH, ebenda).

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts handelt die Klägerin bei der Geltendmachung der vorliegenden Schadensersatzforderungen nicht mit Gewinnerzielungsabsicht oder mit dem Ziel, aus der Rechtsdienstleistung „ein Geschäft zu machen“, sondern pauschaliert in zulässiger Weise ihre bei der Verfolgung der Schadensersatzansprüche entstandenen allgemeinen Kosten.

Die Rechtsbesorgung durch eine Vereinigung im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG muss nicht unentgeltlich erfolgen. Das ergibt sich schon aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Zusammenhang mit § 6 RDG, wonach unentgeltliche Rechtsdienstleistungen (ohnehin) erlaubt sind. In den Fällen, in denen die Gewährung der Rechtsdienstleistungen die Mitgliedschaft in einer Vereinigung voraussetzen, richtet sich ihre Zulässigkeit dagegen nach § 7, der für die Mitgliederberatung gegenüber § 6 RDG lex specialis ist (BTDrucks. 16/3655, S. 57; Dux-Wenzel in Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl., § 6 Rn. 16). Es ist einer Vereinigung danach nicht verwehrt, diejenigen Auslagen und Aufwendungen ersetzt zu verlangen, die ihr in Verfolgung der rechtlichen Betreuung ihrer Mitglieder entstanden sind. Sie ist berechtigt, die von ihr an ihre Angestellten tatsächlich gezahlten Gehälter oder die einem Beauftragten gewährten Entschädigungen oder sonstige allgemeine Bürounkosten ihren Mitgliedern – sei es allen oder nur den die Rechtsbetreuung in Anspruch nehmenden – nach einem ihr freigestellten Verteilungsschlüssel in Rechnung zu stellen, ohne dass dabei eine kleinliche Betrachtungsweise erforderlich wäre (BGHZ 15, 315 [juris 16]; vgl. auch BSG, NJW 1992, 197 f.; OLG Köln, NJW-RR 1990, 683, 684; LAG Hamm, MDR 1994, 416; jeweils zu Art. 1 § 7 RBeratG).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich die Klägerin in den Abtretungsvereinbarungen verpflichtet, für den Fall, dass sie die abgetretene Forderung ganz oder teilweise realisieren kann, an die Brauereien den Betrag auszuschütten, der dem Verhältnis der abgetretenen Forderung zu der insgesamt von der Klägerin geltend gemachten Forderung entspricht. In diesem Fall erhält die Klägerin von der jeweiligen Brauerei einen pauschalen Aufwendungsersatz in Höhe von 1 % zuzüglich Umsatzsteuer des auszuzahlenden Betrags. Die Brauerei verpflichtet sich ferner hinsichtlich der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche, sich an den entstehenden Kosten, insbesondere den Prozesskosten, in dem Verhältnis zu beteiligen wie es dem Verhältnis der abgetretenen Forderung zu der Gesamtforderung entspricht.

Auch unterstellt, dass – wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist – die Brauereien der Klägerin aufgrund dieser Regelung unabhängig vom Ausgang des Verfahrens als Teil der Prozesskosten auch die Kosten für das vorgerichtlich eingeholte Gutachten zur Schadenshöhe und andere konkret bei der Anspruchsverfolgung entstandene Kosten zu ersetzen haben, ist eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gegeben. Die Zahlung eines Betrags von 1 % der geltend gemachten Forderungen im Erfolgsfall ist nach den obigen Grundsätzen ein zulässig pauschalierter Aufwendungsersatz für die allgemeinen Kosten der Klägerin, die durch das vorliegende Verfahren entstehen. Es handelt sich nach den Feststellungen abhängig von der Höhe der einzelnen Forderungen (ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Zinsansprüche) um Beträge zwischen 130 € und 4.890 €, insgesamt 21.210 €. Dass dadurch die geschätzten allgemeinen Personal- und Bürokosten, die im vorliegenden Verfahren aus der maßgeblichen Sicht der Parteien bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung zu erwarten waren, sachgerecht abgebildet sind, ist nachvollziehbar. Kartellschadensersatzklagen sind typischerweise schwierige und umfangreiche Verfahren. Bereits für den Klagevortrag sind umfangreiche Unterlagen zusammenzustellen. Auch aus damaliger Sicht war daher damit zu rechnen, dass es zu einer langen Verfahrensdauer und folglich zu einem erheblichen Aufwand durch die Aufklärung des Sachverhalts, die Abstimmung mit den beauftragten Rechtsanwälten, die Teilnahme an Verhandlungen und die Information der Gesellschafter kommen werde. Das hat sich im Übrigen durch die tatsächlichen Entwicklungen bestätigt. Das Verfahren ist seit 2018 anhängig. Am 23. Juni 2023 sind nach umfangreicher Beweisaufnahme in den anhängigen Parallelverfahren die ersten erstinstanzlichen Sachentscheidungen ergangen (vgl. LG Mannheim, Urteile vom 23. Juni 2023 – 14 O 61/18 Kart und 14 O 103/18 Kart, juris). Bezieht man ferner den Umstand mit ein, dass Aufwendungsersatz nur geschuldet ist, wenn die Forderungen erfolgreich geltend gemacht werden, kann auf der Grundlage der Feststellungen eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin nicht angenommen werden. Angesichts der Gesellschafterstruktur der Klägerin wirkt sich diese Regelung dahin aus, dass die allgemeinen Kosten der Verfahrensführung von allen Gesellschaftern gemeinsam getragen werden, wenn die Forderungen nicht realisiert werden können. Das entspricht dem Zweck der in der Klägerin zusammengeschlossenen „kleinen“ Brauereien, sich gemeinsam im Wettbewerb zu behaupten und dabei gegenseitig zu unterstützen. Kommt es indes zu einer erfolgreichen Geltendmachung der Forderungen, ist nachvollziehbar, dass die mit dem Verfahren verbundenen Allgemeinkosten durch diejenigen Gesellschafter ausgeglichen werden sollen, die von der Verfahrensführung profitiert haben.

Danach kann unter den Umständen des vorliegenden Falls die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG auf die Klägerin nicht wegen der Verfolgung eines gewerblichen Zwecks verneint werden.

Die Klägerin gewährt ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten und handelt dabei nicht in ihrem eigenen Interesse zur Gewinnerzielung, sondern verfolgt die gemeinsamen Interessen der in ihr zusammengeschlossenen mittelständischen Brauereien. Sie ermöglicht insbesondere auch denjenigen kleinen Brauereien eine Rechtsverfolgung, die angesichts der damit verbundenen Kosten und Risiken ansonsten aus rationalem Desinteresse davon Abstand nehmen würden (vgl. BGHZ 230, 255 Rn. 29, 33). Das entspricht Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG.

Weder der Schutz der Rechtsuchenden noch der Schutz des Rechtsverkehrs oder der Rechtsordnung erfordern es, der Klägerin die Privilegierung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG zu versagen. Ein Erwerbsinteresse, das sie dazu verleiten könnte, ihre Tätigkeit entgegen den Interessen ihrer Mitglieder und zu deren Schaden auszuweiten, besteht nicht. Ebenso wie andere Vereinigungen im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG ist die Klägerin der Verpflichtung des § 7 Abs. 2 RDG unterworfen, wonach eine zur sachgerechten Erbringung der Rechtsdienstleistungen erforderliche Ausstattung vorhanden und sichergestellt sein muss, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Zudem dient im vorliegenden Fall die Rechtsdienstleistung lediglich der Vorbereitung der gerichtlichen Durchsetzung der Schadensersatzforderungen, die ohnehin durch einen Rechtsanwalt erfolgt. Zwar kann durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts aus einer unzulässigen keine zulässige Rechtsdienstleistung werden (vgl. BGHZ 230, 255 Rn. 28 mwN). Gleichwohl wird der durch die Klägerin mandatierte Rechtsanwalt für eine sachgerechte prozessuale Anspruchsdurchsetzung zu sorgen haben (ebenda Rn. 29). Das schützt auch die Gerichte vor unsachgemäßer Prozessführung und die Beklagte vor einer unberechtigten Inanspruchnahme (ebenda Rn. 32 bis 34).

Vor diesem Hintergrund steht eine Auslegung der Vorschrift dahin, dass ihre Anwendbarkeit auf die Klägerin nicht allein wegen der Verfolgung eines gewerblichen Zwecks verneint werden kann, auch im Einklang mit den Wertentscheidungen des Grundgesetzes. Zwar ist der Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG nicht berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1999, NJW 2000, 1251 [juris Rn. 7] mwN). Betroffen sind aber die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin gemäß Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2001, NJW 2002, 2091 [juris Rn. 22]), oder aber jedenfalls die zugunsten der Klägerin und der Brauereien zu berücksichtigende allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG sowie die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG; vgl. BGHZ 224, 89 Rn. 110), deren Einschränkung nach dem Ausgeführten nicht gerechtfertigt wäre.

Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Vereinigung im Sinn von § 7 1 Nr. 1 RDG handele, weil der Beitritt zur Klägerin wegen ihrer Rechtsform nicht unproblematisch möglich sei, sondern eine Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Eintragung in das Handelsregister (§ 162 Abs. 2 HGB) erfordere. Seine Forderung, ein Beitritt zu einer Vereinigung im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG müsse stets und ohne Ansehung des Einzelfalls „unproblematisch“ und „ohne größere Schwierigkeiten“ möglich sein, ist nicht gerechtfertigt. Es gibt keine Grundlage für eine Einschränkung des Vereinigungsbegriffs dahin, dass der Beitritt zur Vereinigung niemals Rechtsakte voraussetzen oder mit Aufwendungen verbunden sein darf.

Die Ansicht, dass eine gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG privilegierte Vereinigung nur dann vorliegt, wenn jeder der gleichen Berufs- oder Interessengruppe angehörigen Person der Erwerb der Mitgliedschaft einer solchen Vereinigung jederzeit und zu den gleichen satzungsmäßigen Bedingungen „ohne weitere Umstände und ohne weitere Aufwendungen“ möglich ist, geht auf Altenhoff/Busch (Rechtsberatungsmißbrauchgesetz, 1957 Art. 1 § 7 Rn. 117) zurück. Sie wird dort ohne Begründung vertreten und in den späteren Auflagen wiederholt (Altenhoff/Busch/Kampmann, Rechtsberatungsgesetz, 6. Aufl., Art. 1 § 7 Rn. 510; Altenhoff/Busch/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 10. Aufl., Art. 1 § 7 Rn. 682; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 7 Rn. 682). Dem sind weitere Kommentare – ebenfalls ohne Begründung in der Sache – gefolgt (vgl. etwa Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 7 Rn. 4). Unter Verweis auf diese Kommentierungen haben in der Folge auch das OVG Münster (NJW 1962, 2028), das OLG Frankfurt (MDR 1982, 1024) und das OLG München (NJW-RR 1996, 378, 379) auf diese Voraussetzung abgestellt (ebenso Müller in BeckOK RDG, 26. Ed. [Stand 1. Juli 2023], § 7 Rn. 5; Overkamp/Overkamp in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 7 RDG Rn. 6; aA Kleine-Cosack, RDG, 3. Aufl., § 7 Rn. 10).

Das hält einer Überprüfung nicht stand. Der Umstand allein, dass der Beitritt zu einer Vereinigung je nach ihrer Rechtsform bestimmte Rechtsakte und Aufwendungen voraussetzt, wie etwa den Erwerb eines Geschäftsanteils oder die Eintragung in das Handelsregister, hindert das Vorliegen einer Vereinigung im Sinn des § 7 Abs. 1 RDG weder nach dem Wortlaut noch der Systematik oder dem Sinn und Zweck der Vorschrift (vgl. auch BGHZ 149, 165 [juris Rn. 17] – Auskunftsanspruch bei Nachbau, zu einer Sortenschutzvereinigung in der Rechtsform einer GmbH).

Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass der Beitritt zu einer Vereinigung in dem Sinn „unproblematisch“ und „ohne größere Schwierigkeiten“ möglich sein muss, dass damit keinerlei Rechtsakte oder Aufwendungen verbunden sein dürften. Auch spricht gegen ein entsprechendes Verständnis, dass dann alle Vereinigungen, die als Handelsgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft organisiert sind, von vornherein nicht unter die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG fallen könnten. Das steht indes – wie ausgeführt – weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der Vorschrift in Einklang. Zudem erfordert auch der Beitritt zu einem Verein eine Beitrittserklärung und hat in der Regel Verpflichtungen – wie etwa die Zahlung der Mitgliedsbeiträge – zur Folge.

Auch aus der systematischen Stellung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG ergibt sich, dass eine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung „unproblematischer Beitritt“ nicht gerechtfertigt ist. § 7 Abs. 1 Nr. 2 RDG, wonach auch Genossenschaften Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen dürfen, lässt sich entnehmen, dass die Erfüllung formaler Voraussetzungen für einen Beitritt – wie etwa Erwerb eines Geschäftsanteils oder Eintragung im Handelsregister – das Vorliegen einer Vereinigung im Sinn von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG nicht hindert. Denn auch für den Beitritt zu einer Genossenschaft ist gemäß § 7 Nr. 1 GenG der Erwerb eines oder mehrerer (§ 7a Abs. 2 GenG) Geschäftsanteile erforderlich. Angesichts der vom Gesetzgeber anerkannten Nähe genossenschaftlicher Rechtsberatung zur Mitgliederberatung durch Vereinigungen (BTDrucks. 16/3655, S. 60), ist nicht erkennbar, warum der Beitritt zu einer Vereinigung über den Wortlaut hinaus „ohne weitere Umstände und ohne weitere Aufwendungen“ oder „unproblematisch“ und „ohne größere Schwierigkeiten“ möglich sein muss.

Schließlich erfordert auch Sinn und Zweck der Vorschrift nicht generell eine solche über den Wortlaut hinausgehende Einschränkung. Zwar mag etwa der Umstand, dass der Beitritt zu einer Vereinigung nicht allen daran Interessierten gleichermaßen möglich oder mit erheblichen Aufwendungen verbunden ist, zu einer strengen Prüfung Anlass geben, ob ihre Betreuungstätigkeit die Gefahren für die Rechtsuchenden, die Rechtsordnung und den Rechtsverkehr begründet, denen das Rechtsdienstleistungsgesetz entgegentreten will (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG). Dies wird ferner eine kritische Prüfung erfordern, ob die Vereinigung tatsächlich die gemeinschaftlichen Interessen verfolgt, zu deren Wahrung sie gegründet worden ist. Der Umstand allein, dass zum Beitritt bestimmte Rechtsakte und Aufwendungen erforderlich sind, schließt eine Vereinigung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift aber nicht von vornherein vom Anwendungsbereich des § 7 Abs.1 Nr. 1 RDG aus.

Nach diesen Maßgaben steht das Erfordernis der Änderung des Gesellschaftsvertrags und der Eintragung in das Handelsregister (§ 162 Abs. 2 HGB) für den Beitritt zur Klägerin der Anwendung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG nicht entgegen. Soweit das Berufungsgericht ferner beanstandet, dass die Klägerin nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags Kriterien für die Aufnahme erlassen hat, deren Anwendung durch die Gesellschafterversammlung einer Bewertung unterliegt, schließt auch dies ihre Qualifizierung als Vereinigung im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG nicht aus. Ein Mittelstandskartell (vgl. § 3 GWB) kann nach dem mit ihm verfolgten Zweck nur bestimmte Unternehmen aufnehmen. Dass die Klägerin aufnahmewilligen Unternehmen, die die Aufnahmekriterien erfüllen, entgegen den obigen Grundsätzen den Beitritt verweigert hätte, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht schließlich, die Klägerin sei keine Vereinigung im Sinn des § 7 1 Nr. 1 RDG, weil in ihr nur die Einzelinteressen ihrer Gesellschafter gebündelt würden.

Von einer Bündelung von Einzelinteressen ist auszugehen, wenn die Vereinigung nur der Verfolgung bestimmter konkreter Ansprüche dient (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2013 – II ZR 245/11, WM 2013, 1559 Rn. 7) oder etwa jedes Mitglied nur und ausschließlich eigene Interessen verfolgt (BGH, Beschluss vom 30. September 2019 – AnwZ(Brfg) 38/19, juris Rn. 6).

So liegt es hier aber nicht. Wie oben ausgeführt, verfolgen die Gesellschafter der Klägerin das gemeinsame Ziel, sich als in Bezug auf ihre Umsätze „kleine“, und unabhängige „freie Brauereien“ im Wettbewerb zu behaupten. Die in der Satzung enthaltenen Gesellschaftszwecke sind alle auf dieses übergeordnete Ziel ausgerichtet und bezogen. Die Klägerin soll das gemeinsame Marktstrukturinteresse an der Existenz und der Wettbewerbsfähigkeit kleiner, von den großen Brauereien unabhängiger Brauereien in der Öffentlichkeit und im Wettbewerb fördern und unterstützen. Darauf, dass die Klägerin die Schadensersatzforderungen gebündelt durchsetzt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als Einzelinteresse (niemals) ein gemeinschaftliches Interesse darstellen könne. Mit dieser Begründung dürften auch Mietervereine, Gewerkschaften und Sozialverbände keine Rechtsberatung anbieten, weil jeder Mieter (Arbeitnehmer, Versicherte), der sich beraten lässt, letztlich nur sein eigenes Interesse verfolgt. Es ist vielmehr unschädlich und unvermeidbar, dass die Gesamtinteressenvertretung mittelbar auch einzelnen Mitgliedern zugutekommt (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1990, 683, 684).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht die Geltendmachung der Schadensersatzforderungen durch die Klägerin für ihre Gesellschafter auch im Zusammenhang mit ihren satzungsgemäßen Aufgaben und ist nicht von übergeordneter Bedeutung (§ 7 1 Satz 1 Halbsatz 2 RDG).

Die einzelne Rechtsdienstleistung muss im Zusammenhang mit den eigentlichen satzungsmäßigen Aufgaben der Vereinigung stehen und darf diese nicht überlagern. Eine Ausweitung des Satzungszwecks auf die allgemeine Rechtsberatung der Mitglieder ist unzulässig. Die Rechtsdienstleistungen müssen eine dienende Funktion haben und dürfen daher nur Mittel sein, um den Gesamtzweck der Vereinigung zu erreichen (vgl. OLG Frankfurt, K&R 2011, 134, 135 f.). Abhängig vom Satzungszweck und dem Charakter der Vereinigung kann die Erlaubnis aber durchaus in verschiedene Rechtsbereiche hineinreichen (BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 – I ZR 58/10, WRP 2012, 964 17). Entgegen der in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf § 4 StBerG und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2023 (II ZB 11/22, WM 2023, 1230 Rn. 45) geäußerten Ansicht der Beklagten ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Vereinigung mit den (konkret) erbrachten Rechtsdienstleistungen ständig befasst ist. Das Steuerberatungsgesetz enthält eine abschließende spezialgesetzliche Regelung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen (ebenda Rn. 20). Aus § 4 StBerG kann daher eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Rechtsdienstleistungsgesetzes nicht abgeleitet werden. Zudem ergibt sich schon aus der Gesetzesbegründung, dass sowohl die Erteilung von Rechtsrat in komplexen, schwierigen Einzelfällen als auch eine gelegentliche und beiläufige Erteilung von Rechtsrat durch einen Kleinverein zulässig ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 60).

Wie ausgeführt, bestehen die gemeinsamen Interessen der Mitglieder der Klägerin darin, sich als in Bezug auf ihre Umsätze „kleine“, und unabhängige „freie Brauereien“ im Wettbewerb zu behaupten, wobei sie dieses übergeordnete Ziel als Mittelstandskartell gemäß § 3 GWB verfolgen. Die in der Satzung enthaltenen Gesellschaftszwecke sind alle auf das übergeordnete Ziel ausgerichtet und bezogen. Das gilt in besonderem Maße für den gemeinsamen Einkauf, mit dem die Verhandlungsmacht gegenüber den Herstellern vergrößert, niedrigere Beschaffungspreise erreicht und damit letztlich auch die Wettbewerbschancen gegenüber den großen Brauereien verbessert werden sollen. Wird dieses Ziel durch ein Kartell der Zuckerhersteller gefährdet oder beeinträchtigt, steht die Geltendmachung von darauf bezogenen Schadensersatzansprüchen im engen Zusammenhang mit den satzungsmäßigen Aufgaben der Klägerin und dient ihrem Gesamtzweck. Vor diesem Hintergrund liegt im Übrigen auch die von der Beklagten für erforderlich gehaltene Sachnähe vor. So etwa verfügt die Klägerin aufgrund der Durchführung des Einkaufs über die zur Klageerhebung erforderlichen Unterlagen und Informationen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Geltendmachung der Schadensersatzforderungen, zu deren Durchsetzung von der Klägerin das vorliegende Verfahren geführt wird, die satzungsmäßigen Aufgaben der Klägerin überlagert, bestehen nicht. Allein der Umstand, dass die Schadensersatzforderung eine Höhe erreicht, die den jährlichen Umsatz der Klägerin übersteigt, reicht dafür nicht aus. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Streithelferin zu 2 ist auch nicht erforderlich, dass die Satzung, die gemäß § 2 Ziffer 3 die Vertretung der Gesellschaft und der Gesellschafter zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Durchführung des gemeinsamen Einkaufs erlaubt, bereits eine abschließende Kostenregelung für die zu erbringenden Rechtsdienstleistungen trifft.