Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat mit Beschlüssen zu den Aktenzeichen 7 L 206/21, 7 L 207/21 und 7 L 208/21 über Eilanträge gegen die Untersagungen mehrerer Versammlungen am 01.05.2021 in Plauen (Vogtland) entschieden. Die Anträge blieben ohne Erfolg.
Aus der Pressemitteilung des VG Chemnitz vom 30.04.2021 ergibt sich:
Hinsichtlich der Versammlung „Plauen ist bunt“ des Colorido e.V. führt die Kammer aus, dass der Antragsgegner zutreffend das vollständige Verbot der geplanten Versammlung verfügt und damit eine Begrenzung der Teilnehmerzahl als im vorliegenden Fall nicht ausreichend angesehen. Der Antragsteller hat nach Auffassung der Kammer nicht die Möglichkeit, den Zustrom von Versammlungsteilnehmern entsprechend den Vorgaben des § 9 Abs. 2 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) auf lediglich bis zu 200 Personen zu begrenzen.
Die Kammer teilt die Einschätzung des Robert-Koch-Institutes, dass das Risiko einer Verbreitung des Corona-Virus durch Versammlungen mit hoher Teilnehmerzahl sowie allgemein durch Zusammentreffen vieler Personen erhöht wird. Denn auch Versammlungen unter freiem Himmel kommt ein relevantes Infektionspotential zu. Angesichts eines dynamischen Geschehens auch bei einer ortsfesten Versammlung, durch das zu erwartende Gedränge an den Einlassstellen besteht die Gefahr, dass der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Darüber hinaus kann es durch lautstarke Meinungsbekundungen zu Aerosolfreisetzungen kommen. Hinzu kommt, dass durch die An- und Abreise in Bussen oder im PKW, wenn Personen mehrerer Hausstände befördert werden, Infektionsgefahren bestehen.
Bei der Abwägung der betroffenen Interessen an einem Gesundheits-, Lebens- und Funktionsschutz des Gesundheitswesens in der derzeitigen Corona-Pandemie einerseits und einer ungehinderten Ausübung des Versammlungs-, Meinungsäußerungs- und Teilhaberechts des Antragstellers an der demokratischen Willensbildung durch Verfolgung seines kommunikativen Anliegens überwiegen die gesundheitlichen Aspekte. Aufgrund der hohen Inzidenzzahlen im Vogtlandkreis, der überregionalen Bewerbung, der fast vollen Belegung der Intensivplätze der regionalen Krankenhäuser sowie der Verbreitung von aggressiveren
Virenformen ist der Antragsgegner zutreffend von einer gesundheitsgefährdenden Pandemiegefahr ausgegangen. Vor dem Hintergrund, dass der Veranstalter die Versammlung bewusst auf dem Wartburgplatz – und damit in unmittelbarer Nähe des Büros der Partei III. Weg – veranstalten will, dies in Kenntnis der zu diesem Zeitpunkt durch die Partei III. Weg ebenfalls auf dem Wartburgplatz für den 01.05.2021 sich zeitlich überschneidenden Zeitraum angemeldete Versammlung, lässt für die Kammer nur den Schluss zu, dass durch die Präsentation der Statements eine nicht genau bestimmbare Anzahl von Personen angezogen werden soll.
Hinsichtlich der Versammlung der Partei der III. Weg stützte die Kammer ihre Entscheidung ebenfalls auf den Vorrang der gesundheitlichen Aspekte im Rahmen der Abwägung der betroffenen Interessen an einem Gesundheits-, Lebens- und Funktionsschutz des Gesundheitswesens in der derzeitigen Corona-Pandemie einerseits und einer ungehinderten Ausübung des Versammlungs-, Meinungsäußerungs- und Teilhaberechts des Antragstellers an der demokratischen Willensbildung durch Verfolgung seines kommunikativen Anliegens. Insbesondere die Prognose des Antragsgegners, dass bei Durchführung der Versammlung in Plauen – entgegen der in der Anmeldung angegebenen Teilnehmerzahl von lediglich 100 Personen – mit einer deutlich über dem in § 9 Abs. 2 Satz 1 SächsCoronaSchVO genannten Grenzwert liegenden Teilnehmerzahl im jedenfalls oberen dreistelligen Bereich zu rechnen ist, ist nicht zu beanstanden. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, dass sich neben dem unmittelbaren Anhängerkreis der Antragsteller auch Personen aus dem Spektrum der Querdenker-Bewegung der Versammlung anschließen werden. Hinzu kommt, dass sich insbesondere die Versammlungen der hier auch von dem Antragsteller adressierten Gegner von Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Infektionslage mehrfach als riskant erwiesen haben, da die Teilnehmer zu größeren Teilen die Einhaltung der nach den Empfehlungen des RKI weiter bedeutsamen und für sie verbindlichen Maßnahmen wie Maskentragung, Abstandswahrung und Aufzugsverbote gezielt verweigert haben, wobei Maßnahmen der Versammlungsleiter und polizeiliche Eingriffe zur Abwehr nicht ausreichten und als wenig Erfolg versprechend erscheinen.
Hinsichtlich der dritten geplanten Versammlung am 01.05.2021 hat die Kammer ihre Entscheidung ebenfalls darauf gestützt, dass bei der Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Versammlungsfreiheit die gesundheitlichen Aspekte überwiegen.
Auch eine zeitliche Begrenzung der drei Versammlung und die Verfügung eines größeren Mindestabstands der Versammlungsteilnehmer zueinander sind keine gleich geeigneteren milderen Mittel.
Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Den Antragstellern steht die Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zu.