Das Amtsgericht Hannover hat am 14.04.2020 darauf hingewiesen, dass eine Vaterschaftsfeststellung auch über die Großeltern möglich ist, soweit Zwangsmittel zur Vaterschaftsfeststellung gegenüber dem potentiellen Kindesvater keinen Erfolg haben.
Aus der Pressemitteilung des Portals des Landes Niedersachsen vom 14.04.2020 ergibt sich:
Hintergrund des Verfahrens war ein Antrag der im März 2018 geborenen Tochter, die durch das Jugendamt vertreten wurde. Durch den Antrag sollte festgestellt werden, dass ein 31-Jähriger ihr Vater sei. Die Mutter habe in der gesetzlichen Empfängniszeit ausschließlich mit dem 31-Jährigen geschlechtlich verkehrt. Das Jugendamt hatte den 31-Jährigen im Vorfeld vergeblich aufgefordert, die Vaterschaft urkundlich anzuerkennen, so dass eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung erforderlich wurde. Einem Anhörungstermin bei Gericht im Juli 2018 blieb er jedoch fern.
Das Gericht hatte im Rahmen dieses Termins beschlossen, die Vaterschaft durch ein Abstammungsgutachten festzustellen. Hierbei war u.a. die Entnahme einer Speichelprobe des potentiellen Kindesvaters erforderlich. Er ist in der Folge jedoch zu insgesamt vier Terminen des Sachverständigen zur Entnahme der Speichelprobe unentschuldigt nicht erschienen. Auch einer gerichtlichen Ladung zur Entnahme einer solchen Speichelprobe für den November wurde keine Folge geleistet, so dass eine polizeiliche Vorführung erforderlich wurde. Eine solche konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da er zwischenzeitlich unbekannten Aufenthalts war. Mitte Februar 2019 meldete er sich bei der Polizei und teilte mit, dass er derzeit in Hannover wohnhaft sei und in der Folge als Schausteller durch Deutschland reisen werde. Daraufhin erging erneut ein Vorführungsbefehl durch das Gericht zur Durchführung einer Probenentnahme für März 2019. Auch diese polizeiliche Vorführung konnte nicht durchgeführt werden. Aufgrund des Umstandes, dass eine Feststellung der Vaterschaft zunächst nicht mehr möglich war, sollte durch Einbeziehung der Eltern des 31-Jährigen eine Vaterschaft festgestellt werden.
Die Tochter beantragte die zwangsweise Einbeziehung der Eltern des 31-Jährigen in das Abstammungsgutachten, welche das Gericht im Juli 2019 beschloss.
Eine Mitwirkungspflicht der Großeltern in einem Abstimmungsverfahren ergibt sich aus § 178 FamFG. Soweit Zwangsmittel keinen Erfolg haben, etwa wegen Auslandsaufenthalt des Beteiligten, kann im Einzelfall auch die Begutachtung Dritter Personen, etwa von Großeltern, in Betracht kommen. § 178 FamFG verpflichtet jede Person zur Mitwirkung, soweit sie erforderlich ist. Hierzu musste jedoch zunächst geklärt werden, ob der 31-Jährige überhaupt das leibliche Kind der Eltern ist. Zur Prüfung, ob es sich bei den Eltern des 31-Jährigen um seine leiblichen Eltern handelt, forderte das Gericht die Abstammungsurkunde an. Diese musste jedoch aus Polen übersandt und dann aus dem Polnischen übersetzt werden.
Zwischenzeitlich hat sich die Mutter des Kindes im Januar 2020 dazu entschlossen, die Großeltern zu besuchen, um das Verfahren ggf. beschleunigen zu können. Bei diesen traf sie den potentiellen Kindesvater persönlich an.
Das Gericht hat in der Folge erneut einen Termin zur Entnahme einer Speichelprobe für den Februar 2020 angesetzt und die polizeiliche Vorführung angeordnet. Zu diesem Termin konnte dann letztendlich eine Probeentnahme im Sitzungssaal durch den Sachverständigen vorgenommen werden. Der 31-Jährige selber teilte mit, dass es grundsätzlich möglich sei, dass er der Kindesvater sei.
Das AG Hannover hat im April 2020 die Vaterschaft des 31-Jährigen durch Beschluss festgestellt, nachdem seitens des Sachverständigengutachtens diese mit einer 99,99%-Wahrscheinlichkeit bestätigt worden war.