Das Landgericht Passau hat am 22.09.2021 im Fall „Maurice“ sein Urteil verkündet und den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Beteiligung an einer Schlägerei sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte mit sechs tateinheitlichen Fällen der Beleidigung verurteilt, jedoch keine Jugendstrafe verhängt.
Aus der Pressemitteilung des LG Passau Nr. 6/2021 vom 22.09.2021 ergibt sich:
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12.05.2020 war durch das Landgericht Passau nur noch zu prüfen gewesen, ob sich der Angeklagten R. (zur Tatzeit 15-jährig), wegen der zuletzt durch ihn gegen den sichtlich benommenen Geschädigten geführten Schläge nicht nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht hat. Ein Tötungsdelikt oder Körperverletzung mit Todesfolge war nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen war der Schuldspruch durch den Bundesgerichtshof aufrechterhalten worden. Da die Feststellungen zum Tatgeschehen im Wesentlichen vom Bundesgerichtshof aufrechterhalten worden waren, konnte die Beweisaufnahme am ersten Verhandlungstag abgeschlossen werden.
Die Staatsanwaltschaft sah eine gefährliche Körperverletzung als verwirklicht an und beantragte, den Angeklagten zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung zu verurteilen. Dem schlossen sich die Nebenkläger im Wesentlichen an. Die Verteidigung hingegen ging nicht von einer gefährlichen Körperverletzung aus, sondern beantragte im streitigen Punkt eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Insgesamt hielt die Verteidigung eine Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten für angemessen und beantragte, diese Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen.
Die Große Jugendkammer des Landgerichts Passau verurteilte den Angeklagten R. – wie im aufgehobenen Urteil – wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Beteiligung an einer Schlägerei sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte mit 6 tateinheitlichen Fällen der Beleidigung.
Bei den letzten Schlägen hat es sich nach Auffassung der Großen Jugendkammer nach den Umständen des Einzelfalls nicht um eine generell das Leben gefährdende Behandlung gehandelt. Der Grad der Benommenheit des Geschädigten und die Intensität der vom Angeklagten gesetzten Schläge habe letztlich nicht verbindlich festgestellt werden können.
Wegen der seit der Tat als durchwegs positiven Entwicklung des Angeklagten verhängte die Kammer keine Jugendstrafe. Heute lägen beim Angeklagten schädliche Neigungen nicht mehr vor. Auch die Schwere der Schuld lasse die Verhängung einer Jugendstrafe nicht zu, insbesondere sei eine solche aber aus erzieherischen Gründen nicht mehr erforderlich. Im Jugendstrafrecht, das auf den zur Tatzeit 15-jährigen Angeklagten R. anwendbar ist, steht vor allem der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Deshalb verhängte die Jugendkammer Auflagen und Weisungen. Der Angeklagte erhält einen Betreuer, der ihn unterstützt und hat sich von Betäubungsmitteln fernzuhalten und dies nachzuweisen.