Der Bundesgerichtshof hat am 21.01.2021 zum Aktenzeichen I ZR 120/19 entschieden, dass die Nutzung des Bildes eines Prominenten als „Clickbait“ („Klickköder“) für einen redaktionellen Beitrag ohne Bezug zu dem Prominenten in dessen Recht am eigenen Bild eingreift und das Presseunternehmen zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr an den Prominenten verpflichtet.
Aus der Pressemeldung des BGH Nr. 13/2021 vom 21.01.2021 ergibt sich:
Der Kläger ist ein in Deutschland sehr bekannter und beliebter Fernsehmoderator. Die Beklagte bietet eine Programmzeitschrift an und unterhält zudem eine Internetseite sowie ein Facebook-Profil. Auf diesem Profil postete sie am 18.08.2015 folgende Meldung:
+++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht.
Der Post enthielt vier Bilder prominenter Fernsehmoderatoren, darunter ein Bild des Klägers, der der Verwendung seines Bildes nicht zugestimmt hatte. Beim Anklicken des Posts wurde der Leser auf das Internetangebot der Beklagten weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die tatsächliche Erkrankung eines der drei anderen Fernsehmoderatoren berichtet wurde. Informationen über den Kläger fanden sich dort nicht. Die Beklagte gab die vom Kläger geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Wegen der Nutzung seines Bildnisses hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer angemessenen fiktiven Lizenzgebühr, mindestens jedoch 20.000 Euro, in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat entschieden, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagte zur Zahlung von 20.000 Euro verurteilt.
Der BGH hat die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebte, zurückgewiesen und das Berufungsurteil damit bestätigt.
Nach Auffassung des BGh steht dem Kläger ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die Nutzung seines Bildnisses zu. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, sei wesentlicher – vermögensrechtlicher – Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Das Berufungsgericht habe aus dem Umstand, dass der Kläger von der redaktionellen Berichterstattung in dem verlinkten Artikel selbst nicht betroffen war, zutreffend geschlossen, dass die Beklagte sein Bildnis allein zu dem Zweck verwendet habe, die Aufmerksamkeit der Leser auf ihr Presseerzeugnis zu lenken. Eine solche Nutzung des Bildnisses des Klägers als „Clickbait“ („Klickköder“) ohne redaktionellen Bezug zu ihm greife in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt seines Rechts am eigenen Bild ein.
Dieser Eingriff sei rechtswidrig. Eine Einwilligung des Klägers (§ 22 Satz 1 KUG) liege nicht vor. Die Beurteilung, ob das Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) zuzuordnen sei und damit ohne Einwilligung des Abgebildeten genutzt werden dürfe, erfordere eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit Recht habe das Berufungsgericht die Interessen des Klägers höher gewichtet als die der Beklagten. Auf Seiten der Beklagten habe es keine berechtigten Belange mit Gewicht in die Abwägung eingestellt und dies unter anderem damit begründet, dass das Posting bezogen auf den Kläger an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung und damit allenfalls am äußersten Rand des Schutzbereichs der Pressefreiheit liege. Mit dem durch den Klickköder veranlassten Anklicken des Posts werden zwar Werbeeinnahmen erzielt, die der Finanzierung der journalistischen Arbeit dienen; dies rechtfertige es aber nicht, das Bildnis einer prominenten Person für eine Berichterstattung zu nutzen, die keinen inhaltlichen Bezug zu ihr aufweise. Der Kläger müsse nicht hinnehmen, dass sein Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt werde, die ihn nicht betreffen.
Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten an den Kläger zu zahlende fiktive Lizenzgebühr mit 20.000 Euro bemessen habe. Das Berufungsgericht habe mit Recht einerseits den ganz überragenden Markt- und Werbewert und die außergewöhnlich hohe Beliebtheit des Klägers berücksichtigt. Es habe andererseits zutreffend angenommen, dass bei der hier allein vorliegenden Aufmerksamkeitswerbung im Vergleich etwa zu einer unzulässigen Testimonial-Werbung mit einem Prominenten eine der eher schwächeren Werbeformen vorliege. Es habe ferner dem Umstand, dass die Beklagte mit der beanstandeten Nutzung des Bildnisses eine Krebserkrankung des Klägers als möglich in den Raum gestellt habe, ohne Rechtsfehler wesentliche Bedeutung für die Höhe der Lizenzgebühr beigemessen.