Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 25.02.2025 zum Aktenzeichen VI ZB 19/24 mit deutlichen Worten die Anforderungen an eine formwirksame Ersatzeinreichung bei Störungen im besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) konkretisiert und damit eine Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, mit der die Berufung eines Beklagten als unzulässig verworfen worden war.
Sachverhalt
Dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde das Urteil des Landgerichts am 21. März 2023 zugestellt. Die Berufungsfrist endete somit am 21. April 2023 (Freitag). An diesem Tag übermittelte der Anwalt die Berufungsschrift um 11:24 Uhr per Telefax an das Berufungsgericht – mit dem Hinweis: „Vorab als Fax wegen dauerhafter beA-Übertragungsstörung“.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung als unzulässig, da sie nicht formgerecht erhoben worden sei. Der Beklagte legte daraufhin Rechtsbeschwerde ein.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der BGH wies die Rechtsbeschwerde als unzulässig zurück. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO – insbesondere die Notwendigkeit einer Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung – lagen nicht vor. Gleichzeitig bestätigte der BGH die rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts in der Sache.
Rechtliche Würdigung
Nach § 130d Satz 1 ZPO müssen Rechtsanwälte Schriftsätze zwingend als elektronisches Dokument übermitteln. Eine abweichende Übermittlung – etwa per Fax – ist nur dann nach § 130d Satz 2 ZPO zulässig, wenn eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist.
In solchen Fällen muss die vorübergehende technische Unmöglichkeit unverzüglich glaubhaft gemacht werden (§ 130d Satz 3 ZPO). Diese Glaubhaftmachung fehlte im vorliegenden Fall.
Die bloße Angabe im Telefax – „wegen dauerhafter beA-Übertragungsstörung“ – war nicht ausreichend. Der BGH stellte klar, dass eine wirksame Glaubhaftmachung eine aus sich heraus verständliche und geschlossene Schilderung der tatsächlichen Umstände erfordert. Insbesondere sei darzulegen:
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Was konkret nicht funktionierte (z. B. beA-Start, Upload, Signatur)
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Wann genau die Störung auftrat
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Welche Maßnahmen zur Behebung unternommen wurden
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Warum die Störung trotz dieser Maßnahmen nicht rechtzeitig beseitigt werden konnte
Eine pauschale Berufung auf eine „dauerhafte Störung“ ohne diese Angaben reicht nicht aus. Selbst wenn es sich um eine bekannte Störung des EGVP in NRW zwischen dem 18. und 21. April 2023 handelte, hätte der Anwalt die konkreten Auswirkungen auf seinen Übermittlungsvorgang darstellen müssen.
Der BGH betonte außerdem: Selbst bei gerichtsbekannten technischen Ausfällen sei eine individuelle Glaubhaftmachung nicht automatisch entbehrlich. Es müsse ausgeschlossen werden können, dass andere Ursachen – etwa Bedienungsfehler oder Versäumnisse des Einreichers – für die Übermittlungsprobleme verantwortlich waren.
Praxishinweis für Anwältinnen und Anwälte
Die Entscheidung zeigt erneut die hohen Anforderungen an eine formwirksame Ersatzeinreichung außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs. Wer sich auf eine technische Störung beruft, muss:
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Die Störung so konkret wie möglich schildern
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Die zeitlichen Abläufe nachvollziehbar darstellen
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Unverzüglich handeln, also die Glaubhaftmachung entweder zeitgleich mit der Ersatzeinreichung oder unmittelbar danach nachreichen
Andernfalls droht die Unwirksamkeit der Einreichung mit gravierenden prozessualen Folgen – wie hier dem Verlust des Rechtsmittels.
Fazit
Die Entscheidung verdeutlicht die strengen formalen Anforderungen des § 130d ZPO und stärkt die Rechtssicherheit im elektronischen Rechtsverkehr. Sie ist zugleich eine Mahnung an die Anwaltschaft, bei technischen Störungen nicht nur formgerecht, sondern auch dokumentationspflichtig vorzugehen. Die Ersatzeinreichung per Fax bleibt die Ausnahme – und nur dann wirksam, wenn sie substantiiert begründet und glaubhaft gemacht wird.