Das Landgericht Koblenz hat mit Urteil vom 19.03.2021 zum Aktenzeichen 4 HK O 9/21 entschieden, ob eine Werbung mit einer bestimmten Heizkostenersparnis zulässig ist, wenn der Preisvergleich sich nicht auf das eigene Angebot und die Produkte des im Flyer genannten Konkurrenten bezieht, sondern auf den Heizspiegel.
Aus der Pressemitteilung des LG Koblenz vom 04.05.2021 ergibt sich:
Die Parteien des Rechtsstreits sind Energieversorgungsunternehmen und beliefern Endverbraucher unter anderem mit Gas und Fernwärme. Die Beklagte warb im Gebiet einer Gemeinde, die eine Fernwärmesatzung mit einem Anschlusszwang plant, mittels Werbeplakaten und Flyern für den baldigen Abschluss eines Mietvertrags über eine Erdgasheizung. Hintergrund ist die vorerwähnte geplante Fernwärmesatzung, bei der Ausnahmen vom Anschlusszwang an die Fernwärme für bereits errichtete und genehmigte Bauten geplant sind. Diese geplanten Ausnahmen vom Anschlusszwang gelten allerdings nur bis zu einer Erneuerung oder einer grundlegenden Änderung der Heizungsanlage. Ansonsten sollen Befreiungen und Ausnahmen nur bei anderen ähnlich umwelt- und klimafreundlichen Wärmeversorgungen und bei unzumutbaren Härten möglich sein. Mit Plakaten forderte die Beklagte daraufhin auf, „nein zum Anschlusszwang zu sagen“. Außerdem verschickte die Beklagte parallel hierzu ein Werbeschreiben mit einem Flyer an die Einwohner der Gemeinde. Auch hier wurde wieder darauf Bezug genommen, dass die Bürger dieser Gemeinde „nein zum Anschlusszwang sagen“ sollten und sich ein Miet-Paket der Beklagten für eine neue Heizung sichern sollten, da sie ansonsten abhängig von der Fernwärmeversorgung der Klägerin und deren Preisgestaltung wären. Dieses Paket bewarb die Beklagte unter anderem zusätzlich mit einer Preisersparnis von rund 2,40 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zur Fernwärme und verwies auf den Heizspiegel. Gegen das Plakat und den Flyer wendete sich die Klägerin und behauptete, dass die Werbung in mehreren Punkten unlauter sei.
Das Landgericht Koblenz sah den Werbeflyer hinsichtlich des Preisvergleichs zur Heizkostenersparnis im Vergleich zur Fernwärme als irreführend und damit unzulässig im Sinne des § 5 UWG an.
Der Heizkostenvergleich erweckte nach den Feststellungen des Landgerichts den Eindruck, dass die Beklagte das Fernwärmeangebot der Klägerin mit dem von ihr beworbenen Produkt verglichen habe. Tatsächlich bezieht sich der Preisvergleich aber nicht auf konkrete Angebote der Klägerin oder der Beklagten, sondern auf den im Heizspiegel ermittelten durchschnittlichen Wärmebezug in Deutschland. Zudem bezieht sich dieser Preisvergleich zwischen Fernwärme und Erdgas im Heizspiegel nur auf Häuser mit einer Gebäudefläche von 501-1.000 Quadratmeter.
Im Übrigen erachtete das Landgericht die Werbeaussagen der Beklagten für zulässig. Insbesondere wurde die Werbeaussage, „nein zum Anschlusszwang zu sagen“ nicht als für den Verbraucher irreführend qualifiziert, obwohl es Ausnahme- und Befreiungstatbestände zum von der Gemeinde geplanten Anschlusszwang gibt. Der Verbraucher versteht dies nach Auffassung des Gerichts dahingehend, dass er aufgefordert wird, sich vor Inkrafttreten der geplanten Fernwärmesatzung noch schnell über einen möglichen Vertragsschluss mit der Beklagten über eine Erdgasheizung zu informieren. Auch ist der Begriff „Zwang“ nicht irreführend, denn tatsächlich plant die Gemeinde einen Anschluss- und Benutzungszwang. Diese Werbung wird nicht deshalb unrichtig, weil es in der geplanten Fernwärmesatzung Befreiungstatbestände zu diesem Zwang gibt. Über die Befreiungsmöglichkeiten musste die Beklagte bei ihrer Werbung nicht aufklären, da diese Befreiungen widerruflich und befristet erteilt und mit Nebenbestimmungen versehen werden können. Der Abschluss eines Vertrags mit der Beklagten führt nicht zu einer dauerhaften Befreiung vom Anschlusszwang, da dies nur solange gilt bis eine grundlegende Erneuerung der Heizungsanlage ansteht. Das Gericht sieht jedoch nicht, dass der Bürger durch die Werbung glaube, auf immer und ewig dem Anschlusszwang entgehen zu können. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher rechnet in Anbetracht des erkennbaren Klimawandels nach Auffassung des Gerichts vielmehr damit, dass zukünftig auch noch strengere Regelungen zur Reduzierung von Emissionen erlassen werden könnten. Weiterhin stellt die angepriesene Erdgasheizung in Anbetracht der Endlichkeit der Erdgasvorkommen kein Versprechen für immer dar.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.