Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 1.8.2022 zum Aktenzeichen 20 W 98/21 entschieden, dass eine Eintragung für ein nicht-binäres Elternteil nicht isoliert auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 24.11.2022 ergibt sich:
Die anfängliche Weigerung eines Standesamtes, eine Person nicht-binärer Geschlechtszugehörigkeit als Elternteil ins Geburtsregister einzutragen, kann nach späterer Adoption und daraufhin erfolgter Eintragung nicht isoliert auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt und betont, dass ein solcher Feststellungsantrag im Rechtsschutzsystem der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht besteht und auch keine Veranlassung für eine erweiternde Auslegung besteht.
Die Beschwerdeführer sind seit Sommer 2018 verheiratet und haben – nach reproduktionsmedizinischer Behandlung – ein gemeinsames Kind. Eine der beiden beschwerdeführenden Personen hat eine nicht-binäre Geschlechtsidentität. Schon vor der Geburt des Kindes hatten die Beschwerdeführer beantragt, dass neben der Mutter auch die Person mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in das Geburtsregister als zweites Elternteil eingetragen wird. Dies lehnte das Standesamt ab. Die Gesetzeslage sehe dies nicht vor; es bestehe allein die Möglichkeit der Adoption. Die Eintragung erfolgte erst, nachdem die Person mit nicht-binärer Geschlechtsidentität das Kind adoptiert hatte.
Die Beschwerdeführer möchten – auch im Hinblick auf ihren Wunsch nach weiteren Kindern – festgestellt wissen, dass das Standesamt allein aufgrund der Geburtsanzeige zur Eintragung der nicht-binären Person in das Geburtsregister als Elternteil verpflichtet gewesen sei. Diesen Antrag hatte das Amtsgericht als unzulässig zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Antrag auf Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit der Eintragungsweigerung sei unzulässig.
Das Personenstandsrecht sehe grundsätzlich kein Feststellungsverfahren vor, dass sich nicht als Berichtigung auswirken könne. Um eine Berichtigung gehe es hier nach Eintragung nicht mehr.
Die Beschwerdeführer könnten auch nicht über eine analoge Anwendung der Verfahrensvorschriften (§ 62 FamFG) die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Eintragungsweigerung verlangen. Die Vorschriften umfassten allein die Situation, dass sich eine Entscheidung des Gerichts erster Instanz später erledigt. Hier habe sich das Verfahren jedoch bereits vor der Entscheidung des Amtsgerichts durch die Eintragung des anderen Elternteils nach erfolgter Adoption erledigt.
Es entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Fragen der Rechtswidrigkeit einer erledigten Maßnahme nicht außerhalb dieses gesetzlichen Rahmens geklärt werden können. Ein isoliertes Feststellungsverfahren existiere nicht.
Die Norm sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des grundrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz erweiternd auszulegen. Der Wortlaut des Gesetzes und der Wille des Gesetzgebers sprächen vielmehr dagegen. Auch eine entsprechende Anwendung der einen anderen Fall regelnden Norm auf den vorliegenden Sachverhalt scheide aus. Bedeutung erlange zudem, dass hier die Erledigung auf einer selbstbestimmten Entscheidung der Beschwerdeführer beruhe. Es lägen auch sonst keine Umstände hier vor, die ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführer an der begehrten Feststellung losgelöst vom bestehenden Rechtsschutzsystem stützen könnten.
Die im Beschluss zugelassene Rechtsbeschwerde läuft beim Bundesgerichtshof unter dem VII ZB 354/22.