Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Beschluss vom 10.12.2020 zum Aktenzeichen 20 B 1958/20 entschieden, dass ein für den 11.12.2020 geplanter Transport von 66 trächtigen Rindern nach Marokko stattfinden darf.
Aus der Pressemitteilung des VG Köln vom 10.12.2020 und des OVG NRW vom 11.12.2020 ergibt sich:
Der Rhein-Sieg-Kreis hatte den Tiertransport durch Bescheid vom 08.12.2020 untersagt und dies damit begründet, die Tiere würden in Marokko voraussichtlich nicht tierschutzgerecht behandelt.Den dagegen gerichteten Eilantrag der Spedition aus dem Rhein-Sieg-Kreis lehnte das VG Köln ab. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist auch nach den weiteren, von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen das tatsächliche Schicksal der zu transportierenden Rinder nach wie vor nicht hinreichend klar. Damit seien auch die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Bescheid des Rhein-Sieg-Kreises als offen anzusehen. Die somit erforderliche Abwägung der entgegenstehenden Interessen falle zu Lasten des Transportunternehmens aus. Denn der drohende Eingriff in das Tierwohl sei irreparabel und überwiege den bloßen wirtschaftlichen Schaden des Transportunternehmens.
Das OVG Münster hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Untersagungsanordnung voraussichtlich rechtswidrig. Es sei schon fraglich, ob die angenommenen tierschutz-rechtlichen Verstöße in Marokko der Spedition zuzurechnen seien. Die Annahme einer fortdauernden Verantwortlichkeit allein wegen des Transports begegne zumindest erheblichen Bedenken, wenn die Rinder – wofür nichts konkret Greifbares spreche – nicht sofort im Anschluss an den Transport tierschutzwidrig behandelt würden. Erheblich zweifelhaft sei auch, ob die in Rede stehende Gefahr von Verstößen hinreichend konkret sei. Der Rhein-Sieg-Kreis stütze sich lediglich auf allgemeine Erkenntnisse zum Umgang mit Rindern in Marokko. Deren Verlässlichkeit sei bislang nicht durch neutrale Stellungnahmen etwa staatlicher Stellen abgesichert und sie vermittelten allenfalls ein generelles Bild von in Marokko auch üblichen Methoden des Umgangs mit Rindern. Was mit den Rindern hier nach Beendigung des Transports wahrscheinlich geschehen werde, sei mit Ausnahme der letztendlich – zu einem unbestimmten Zeitpunkt – wohl zu erwartenden Schlachtung ungewiss. Eine solche Erkenntnislage möge es dem Verordnungsgeber erlauben, generelle Verbringungsverbote zu erlassen. Der Rhein-Sieg-Kreis sei als örtliche Tierschutzbehörde für den Erlass derartiger Regelungen aber schon nicht zuständig. Die nach der Erkenntnislage verbleibenden erheblichen Unwägbarkeiten und Ungewissheiten ermächtigen ihn auch nicht dazu, Verstöße als wahrscheinlich zu unterstellen und der Spedition den Nachweis aufzubürden, dass es nicht zu Zuwiderhandlungen gegen Anforderungen des Tierschutzgesetzes kommen wird. Vielmehr müsse die Behörde den Sachverhalt selbst ermitteln.
Bei der allgemeinen Interessenabwägung überwiege das wirtschaftliche Interesse der Spedition. Ob den Tieren schwerwiegende Beeinträchtigungen bis hin zur qualvollen Tötung drohten, sei hier ebenso ungewiss wie die Verantwortlichkeit der Antragstellerin für ein solches Geschehen. Ein faktisches Exportverbot für Rinder in Länder, in denen generell niedrigere Tierschutzstandards als in Deutschland bestünden, wie es mit dem Bescheid erlassen worden sei, sei auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Tierschutzes nicht gerechtfertigt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.