Transparenzangaben nach dem Medienstaatsvertrag europarechtswidrig?

19. Dezember 2024 -

Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2024 zum Aktenzeichen 32 L 221/24 Zweifel, ob die Transparenzvorgaben des Medienstaatsvertrages für im EU-Ausland ansässige Medienunternehmen gelten. Daher hat es dem Eilantrag eines Audio-Streamingdienstes gegen eine Anordnung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, bestimmte Transparenzangaben vorzuhalten, stattgegeben. Das Gericht beabsichtigt, im Hauptsacheverfahren den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anzurufen.

Aus der Pressemitteilung des VG Berlin Nr. 36/2024 vom 19.12.2024 ergibt sich:

Die Antragstellerin ist Anbieterin eines großen Audio-Streamingdienstes, unter anderem mit einem umfangreichen Podcast-Angebot, mit Hauptsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat. Nach dem Medienstaatsvertrag müssen Anbieter solcher Vermittlungsdienste zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestimmte Informationen leicht wahrnehmbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Dazu zählen u.a. die zentralen Kriterien einer Aggregation, Selektion und Präsentation von Inhalten und ihre Gewichtung einschließlich Informationen über die Funktionsweise der eingesetzten Algorithmen in verständlicher Sprache. Die Antragsgegnerin, die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, beanstandete die bislang von der Antragstellerin vorgehaltenen Transparenzangaben und forderte sie zur Ergänzung auf. Den vorgenannten Verpflichtungen komme die Antragstellerin auf ihrer Internetseite und in ihren Apps nur unzureichend nach.

Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Diesem Antrag hat die 32. Kammer stattgegeben, weil sie die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung als offen ansieht. Die Kammer hat Zweifel an der Vereinbarkeit der maßgeblichen Vorschriften des Medienstaatsvertrags (§ 93 i.V.m. § 1 Abs. 8 MStV) mit dem Unionsrecht, insbesondere dem in der E-Commerce-Richtlinie verankerten Herkunftslandprinzip. Dieses verbietet es grundsätzlich, einem Dienst der Informationsgesellschaft, der diesen Dienst in einem anderen EU-Mitgliedstaat als demjenigen erbringen möchte, in dem er niedergelassen ist, bestimmte zusätzliche Anforderungen – wie etwa die Verfügbarhaltung von Transparenzangaben – aufzuerlegen. Angesichts des offenen Ausgangs im Hauptsacheverfahren komme dem Interesse der Antragstellerin, vorerst keine weiteren Transparenzangaben vorzuhalten, größeres Gewicht zu, da anderenfalls durch eine Veröffentlichung der Angaben möglicherweise unumkehrbare Zustände geschaffen würden. Die Kammer beabsichtigt, den EuGH um Klärung zu bitten, ob das Herkunftslandprinzip nationalen Transparenzvorgaben gegenüber Anbietern von Audio-Streamingdiensten aus anderen Mitgliedstaaten entgegensteht.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.