Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Urteil vom 09.12.2019 zum Aktenzeichen 12 U 249/18 entschieden, dass das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden eine typische tierische Verhaltensweise darstellt, so dass der Hundehalter für einen infolge des „Hundegetümmels“ entstandenen Schaden haftet.
Aus der Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 04.02.2020 ergibt sich:
Die Klägerin führte ihre beiden Jack-Russell-Terrier an der Leine aus und passierte hierbei das Grundstück des Beklagten. Dort lief plötzlich der Hund des Beklagten vom Grundstück hinunter und auf die beiden Terrier zu. In der Folge entstand zwischen den Hunden ein „Getümmel“, in dem die Klägerin, die weiterhin die Leinen ihrer Hunde festhielt, stürzte. Sie zog sich hierbei eine Radiuskopffraktur zu und klagte wegen der erlittenen Verletzung und der hiermit einhergegangenen Einschränkungen auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. mindestens 6.000 Euro. Die Klägerin machte erstinstanzlich geltend, ihr Sturz sei durch den heranstürmenden Hund des Beklagten verursacht worden. Der Beklagte wandte u.a. ein, die Klägerin habe sich in den Leinen der eigenen Hunde verheddert und sei hierdurch gestürzt.
Das LG Koblenz hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin sei es nicht gelungen darzulegen, dass der Sturz auf das Verhalten des Hundes des Beklagten zurückzuführen sei. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklich habe. Gegen das Urteil legte die Klägerin Berufung ein.
Das OLG Koblenz hat das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts abgeändert.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist es unschädlich, dass die Klägerin nicht eingrenzen kann, weshalb sie letztlich zu Fall kam. Entscheidend sei, dass der Hund des Beklagten Auslöser des „Getümmels“ und der Sturz unmittelbare Folge dieses „Getümmels“ gewesen sei. Damit habe sich die von dem Hund ausgehende sog. Tiergefahr, d.h. die in dem unberechenbaren, instinktgesteuerten Verhalten des Tieres liegende Gefahr, in dem Sturz realisiert. Denn das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf das Zusammentreffen mit anderen Hunden stelle eine in vorgenanntem Sinne typische tierische Verhaltensweise dar. Allerdings müsse sich die Klägerin die von ihren eigenen Hunden ausgehende und mitursächlich gewordene Tiergefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen. Die Höhe des Mitverschuldens sei im konkreten Fall mit einem Drittel zu bewerten.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.