Viele junge Menschen haben vor ihrer ersten Tätowierung oder ihrem ersten Piercing im Gesicht gehört: „Damit stellt dich keiner mehr ein!“
Tatsächlich gibt es Branchen, in denen Körperkunst nicht gerne gesehen wird, wie etwa im Finanzwesen, in Anwaltskanzleien, als Flugbegleiter oder im gehobenen Gastro- und Hotelgewerbe.
Dennoch sind immer mehr Arbeitnehmer und Arbeitgeber tätowiert – insbesondere in Handwerks- und Kreativbranchen ist Körperkunst mittlerweile weit verbreitet.
Ist es erlaubt, dass der Arbeitgeber im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs nach Tattoos und Piercings fragt?
Es ist durchaus möglich, dass ein Bewerber aufgrund von sichtbaren Tattoos oder Piercings abgelehnt wird. Aus Sicht des Arbeitgebers ist es daher ratsam, dieses Thema bereits während des Bewerbungsprozesses anzusprechen, um eventuelle Schwierigkeiten zu vermeiden.
Dennoch sollte man im Hinblick auf allgemeine Fragen zu Tätowierungen oder Piercings vorsichtig sein, da es dem Bewerber obliegt, ob er darauf antworten möchte oder nicht.
In einigen Fällen könnte sogar eine Lüge die Folge sein.
Dennoch ist es völlig akzeptabel zu fragen, ob ein Tattoo existiert, das nicht verborgen werden kann.
Auch aus Sicht des Arbeitnehmers kann es von Vorteil sein, bereits bestehende Tattoos oder Piercings im Bewerbungsgespräch zu erwähnen.
Dies fördert eine offene Kommunikation und wirkt potenziellen Problemen in der Zukunft entgegen.
Darf der Arbeitgeber ein Tattoo oder Piercing verbieten?
Ein Arbeitgeber hat das Recht, bestimmte Kleidervorschriften für seine Belegschaft festzulegen, sofern er ein berechtigtes Interesse dafür nachweisen kann.
Dies kann beispielsweise aus Gründen der Sicherheit erfolgen, insbesondere in Berufen mit einem hohen Verletzungsrisiko.
In solchen Fällen kann der Arbeitgeber das Tragen von Schutzkleidung vorschreiben oder das Abdecken von sichtbaren Piercings während der Arbeitszeit verlangen.
Des Weiteren können berechtigte Interessen des Arbeitgebers eine Kleiderordnung erfordern, insbesondere wenn die Angestellten viel Kundenkontakt haben oder um eine einheitliche Identität des Unternehmens nach außen zu tragen.
In solchen Fällen können Tätowierungen und Piercings während der Arbeitszeit möglicherweise nicht sichtbar sein.
Der Arbeitgeber kann auch verlangen, dass bestimmte Tätowierungen verdeckt werden, wenn diese der Unternehmensphilosophie widersprechen.
Die Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Körperverzierung erlaubt oder verboten ist, hängt in der Regel von Faktoren wie der Größe und Sichtbarkeit des Tattoos oder Piercings ab und muss im Einzelfall geprüft werden.
Verbot im Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung
Verbots-Klauseln zu Tätowierung oder Piercing im Arbeitsvertrag sind unwirksam.
Selbst wenn Vorschriften zur sichtbaren Körperkunst in einem Unternehmen existieren, dürfen sie nicht vertraglich festgehalten werden.
Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter nicht allein aufgrund von sichtbaren Piercings oder Tattoos kündigen kann.
Falls ein Mitarbeiter gegen interne Richtlinien zur Körperkunst verstößt, ist es zunächst notwendig, ihn zu einer Anpassung aufzufordern.
Nur wenn die betreffende Person dieser Aufforderung nicht nachkommt, kann eine Abmahnung gerechtfertigt sein.
Erst nach mehreren erfolglosen Abmahnungen könnte letztendlich eine Kündigung in Betracht gezogen werden.
Kündigung wegen Piercing oder Tattoo
Ein Tattoo oder Piercing kann eine persönliche Form der Selbstexpression sein, die für viele Menschen eine wichtige Bedeutung hat.
Grundsätzlich gilt in Deutschland das Prinzip der Privatautonomie, das bedeutet, dass jeder Mensch das Recht hat, sein äußeres Erscheinungsbild nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass das Tragen von Piercings und Tattoos grundsätzlich unter den Schutz der persönlichen Freiheit fällt.
Allerdings hat auch der Arbeitgeber das Recht, gewisse äußere Erscheinungsformen seiner Mitarbeiter zu regeln, insbesondere wenn sie das Image des Unternehmens beeinträchtigen oder Sicherheitsrisiken mit sich bringen.
Wenn ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter aufgrund seines Piercings oder Tattoos kündigen möchte, muss er in der Regel einen triftigen Grund für die Kündigung haben.
Das bloße Vorhandensein eines Körperschmucks reicht dabei in der Regel nicht aus.
Vielmehr muss der Arbeitgeber nachweisen, dass das Piercing oder Tattoo tatsächlich die betriebliche Ordnung stört oder die Sicherheit am Arbeitsplatz gefährdet.
Dabei kommt es vor allem auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
Ein kleiner und unauffälliger Körperschmuck wird in der Regel eher toleriert als ein großflächiges oder provokatives Tattoo.
Auch die Branche, in der man arbeitet, spielt eine Rolle.
In konservativen Branchen wie dem Bankwesen oder der Finanzbranche wird Körperschmuck oft weniger akzeptiert als in kreativen oder alternativen Berufsfeldern.
Wenn einem Arbeitnehmer aufgrund seines Piercings oder Tattoos gekündigt wird, sollte er zunächst das Gespräch mit seinem Arbeitgeber suchen.
Oftmals lassen sich Konflikte auf diesem Weg lösen, indem man gemeinsame Lösungen sucht.
Vielleicht ist der Arbeitgeber bereit, bestimmte Kompromisse einzugehen, wie zum Beispiel das Abdecken des Tattoos mit Kleidung oder das Tragen von unauffälligem Piercingschmuck.
Falls eine Einigung im Gespräch nicht möglich ist, kann es sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht n Anspruch zu nehmen.
Ein Rechtsanwalt kann prüfen, ob die Kündigung rechtlich gerechtfertigt ist und gegebenenfalls Klage gegen die Kündigung einreichen.