Streitverkündung im Kostenfestsetzungsverfahren möglich und Kostenfestsetzungsantrag ist nach 10 Jahren nicht verwirkt

15. Juli 2021 -

Das Landgericht Köln hat mit Beschluss vom 14.07.2021 zum Aktenzeichen 9 T 71/21 entschieden, dass eine Streitverkündung im Kostenfestsetzungsverfahren zulässig ist und ein Kostenfestsetzungsantrag auch noch nach 10 Jahren gestellt werden kann und nicht verwirkt ist.

Der Zulässigkeit der Streitverkündung steht nicht der Umstand entgegen, dass die Streitverkündung des Klägers erst im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgte.

Die Streitverkündung ist grundsätzlich in allen Verfahren nach der Zivilprozessordnung zulässig, soweit durch die Entscheidung eine negative Einflussnahme auf die rechtlichen Interessen eines Dritten in Betracht kommt.

Der Zweck der Streitverkündung ist, einem Dritten die Einflussnahme auf einen zwischen anderen Parteien anhängigen Prozess durch Unterstützung einer Partei zu ermöglichen, wenn sich die Entscheidung des Verfahrens auf seine Rechtsstellung auswirken kann, sodass eine entsprechende Anwendung in solchen Verfahren zu erfolgen hat, wo ein auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtliches streitiges Verfahren Einfluss auf die Rechtsstellung eines Dritten (des Streithelfers) haben kann.

Dies ist hier nach dem Vortrag des Klägers der Fall, der gegebenenfalls Regressansprüche gegen die Streithelferin geltend machen möchte.

Dies beträfe nicht nur materiell-rechtliche Ansprüche, sondern auch gebührenrechtliche Forderungen, die durch das Führen des Prozesses entstanden sind. Auch insoweit folgt daher das rechtliche Interesse des Streithelfers für die Streithilfe aus der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung für den möglichen Regressprozess.

Das Kostenfestsetzungsverfahren ist – wie die echten Streitverfahren – ein kontradiktorisches und auf Verurteilung zur Zahlung eines Geldbetrags gerichtetes streitiges Verfahren. Gründe, warum deshalb eine Streithilfe im Kostenfestsetzungsverfahren anders zu beurteilen sein sollte als eine solche in entsprechenden streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sind nicht ersichtlich.

Soweit in der Kommentarliteratur und Rechtsprechung zum Zivilprozessrecht teilweise die Auffassung vertreten wird, dass im Kostenfestsetzungsverfahren eine Nebenintervention bzw. eine Streithilfe nicht möglich sei, teilt die Kammer diese Auffassung aufgrund vorstehender Erwägungen nicht.

Die sofortige Beschwerde ist hingegen begründet, weil das Amtsgericht den Kostenfestsetzungsantrag des Klägers nicht aufgrund eingetretener Verwirkung mit der insofern gegebenen Begründung zurückweisen durfte.

Zunächst kennt § 103 ZPO keine Antragsfrist.

Darüber hinaus ist das Kostenfestsetzungsverfahren zur Überzeugung der Kammer ebenso grundsätzlich nicht geeignet die verwirkungsbegründenden Umstände festzustellen, soweit sie streitig sind bzw. sein sollten.

Auch ist eine Unterscheidung zwischen einer verfahrensrechtlichen Verwirkung des Antragsrechts und einer Verwirkung des Kostenerstattungsanspruchs kaum praktikabel.

Eine Ausnahme ist gerechtfertigt und eine Verwirkung des Kostenerstattungsanspruchs kann in Betracht kommen, wenn alle maßgeblichen Umstände für ein verwirkungsbegründendes Zeit- und Umstandsmoment offensichtlich und unstreitig sind.

Angesichts einer Verjährungsfrist von 30 Jahren betreffend den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, müssten gravierende Umstände gegeben sein, damit eine Verwirkung überhaupt nur in Betracht zu ziehen ist.

Macht ein Kostengläubiger lediglich 10 Jahre von einem Kostentitel keinen Gebrauch, reicht dies im Allgemeinen für eine Verwirkung nicht aus.

Offensichtliche und unstreitig gegebene Umstände für ein verwirkungsbegründendes Zeit- und Umstandsmoment sind hier weder ersichtlich, noch vom Amtsgericht konkret ausgeführt worden.

Insofern verkennt das Amtsgericht, dass es für das verwirkungsbegründende Vorliegen des Umstandsmoments darauf ankommt, dass der Verpflichtete (= der Kostenschuldner) bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten (= Kostengläubiger) entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde.

Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.

Für ein entsprechendes Vertrauen des Beklagten, nicht des Gerichts, ist in diesem Verfahren mangels Rückmeldung des Beklagten nichts ersichtlich.

Auch anderweitige gravierende Umstände sind nicht dargetan. Soweit das Amtsgericht darauf verweist, die Kostenfestsetzung sei zumindest erschwert, weil die in Ansatz gebrachten Kosten ob ihrer Entstehung nicht überprüft werden können, weil die Akte bereits ausgesondert worden sei, sind einerseits strukturelle, organisatorische Gründe auf Seiten der Justiz, die nicht zu einer Verkürzung der Ansprüche der Verfahrensbeteiligten führen können und andererseits ohne weiteres durch weiteren Sachvortrag der Parteien (z.B. Vorlage des Protokolls der mündlichen Verhandlung) aufzuklären.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Verjährungsfrist von 30 Jahren praktisch ins Leere liefe, wenn der aufgrund des Titels bestehende Kostenerstattungsanspruch per se regelmäßig nach sieben Jahren verwirkt sein würde.