Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. Mai 2020 zum Aktenzeichen 2 BvR 2054/19 entschieden, dass das Gericht einen Adhäsionsantrag nicht einfach übergehen kann.
Das Urteil des Amtsgerichts vom 18. Februar 2019 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als objektives Willkürverbot.
Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zulässig.
Der Rechtsweg ist im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft, der Grundsatz der Subsidiarität ist gewahrt.
Dem Beschwerdeführer stand als Adhäsionskläger ein Rechtsmittel gemäß § 406a Abs. 1 Satz 2 StPO nicht zu. Die sofortige Beschwerde des Adhäsionsklägers ist gemäß § 406a Abs. 1 Satz 1 StPO nur statthaft, wenn durch Beschluss gemäß § 406 Abs. 5 Satz 2 StPO von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag insgesamt abgesehen wird, der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt wurde und solange eine den Rechtszug abschließende Entscheidung nicht ergangen ist. Da der Beschwerdeführer die Adhäsionsanträge – in zulässiger Weise – erst in der Hauptverhandlung vom 18. Februar 2019 gestellt hat, lagen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
Auch war es dem Beschwerdeführer nicht möglich, die Adhäsionsanträge im Berufungsverfahren erneut zu stellen.
Nach dem gesetzgeberischen Konzept der Durchsetzung der aus einer Straftat folgenden vermögensrechtlichen Ansprüche des Verletzten gegen den Täter im Strafverfahren erwächst ein Ausspruch des Strafgerichts über einen Adhäsionsantrag nur insoweit in materielle Rechtskraft, als diesem stattgegeben wird. Das Strafgericht ist hingegen nicht berechtigt, den Adhäsionskläger mit seinem Antrag rechtskräftig abzuweisen. Soweit das Strafgericht den erhobenen Anspruch nicht zuerkannt hat, kann der Verletzte ihn gemäß § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO anderweitig geltend machen. Hierfür ist er nicht auf ein dem Strafprozess nachfolgendes Zivilverfahren verwiesen. Vielmehr kann er den Anspruch – ohne selbst ein Rechtsmittel einzulegen – grundsätzlich in der Berufungsinstanz erneut zur strafgerichtlichen Entscheidung stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2019 – 4 StR 245/19 -, NStZ-RR 2019, S. 320 <321>; vgl. auch KG, Beschluss vom 7. März 2007 – 4 Ws 22/07 -, NStZ-RR 2007, S. 280). Ein entsprechendes Vorgehen hätte dem Beschwerdeführer, anders als ein Zivilverfahren, die spezifischen Vorteile des Adhäsionsverfahrens erhalten.
Indes war der Beschwerdeführer vorliegend rechtlich nicht in der Lage, die Rücknahme der von der Staatsanwaltschaft und einem der Angeklagten eingelegten Berufungen zu verhindern. § 303 Satz 2 StPO sieht vor, dass die Zurücknahme eines Rechtsmittels des Angeklagten nicht der Zustimmung des Nebenklägers bedarf. Die Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft hängt nach Beginn der Hauptverhandlung gemäß § 303 Satz 1 StPO nur von der Zustimmung des Gegners ab, mithin im vorliegenden Fall nicht von der des Beschwerdeführers, der prozessual nicht Gegner der Staatsanwaltschaft gewesen ist (vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 303 Rn. 3). Auch kann dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten werden, dass er seine als Nebenkläger eingelegte Berufung ebenfalls zurückgenommen hat, da für ihn ein zulässiges Rechtsmittelziel im Sinne des § 400 Abs. 1 StPO ersichtlich nicht gegeben war (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 578/07 -, Rn. 1, 3).
Eine Anhörungsrüge gemäß § 33a StPO hat der Beschwerdeführer in zulässiger Weise erhoben, obgleich das Amtsgericht entgegen § 406 Abs. 5 Satz 2 StPO durch Urteil statt im Beschlusswege von der Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen hat. Zwar ist dieser Rechtsbehelf an sich nur gegen Beschlüsse und nicht gegen Urteile statthaft (vgl. BVerfGE 42, 243 <250>; Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2016, § 33a Rn. 4). Jedoch hängt es nicht von der Bezeichnung ab, ob eine Entscheidung hinsichtlich der statthaften Rechtsbehelfe als Urteil oder als Beschluss anzusehen ist; maßgebend sind vielmehr der Inhalt der Entscheidung und die Gründe, auf denen sie beruht (vgl. BGHSt 25, 242 <243>; vgl. auch BGHSt 50, 180 <186>).
Dass der Beschwerdeführer bisher den Zivilrechtsweg zur Durchsetzung seiner Ansprüche nicht beschritten hat, obwohl dem keine materielle Rechtskraft der strafrichterlichen Entscheidung entgegenstünde, macht seine Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht unzulässig. Denn das Adhäsionsverfahren stellt sich für den Geschädigten im Regelfall als wesentlich günstiger dar als das Zivilverfahren, da hinsichtlich der angeklagten Straftat der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 244 Abs. 2 StPO statt der Beibringungsmaxime des Zivilrechts gilt. Im Einzelfall – wenn zum Beispiel aufwendige Fahndungsmaßnahmen und Zwangsmittel erforderlich sind, um den staatlichen Strafanspruch durchzusetzen – kann die Anhaftung der Entschädigung an das Strafverfahren für den Geschädigten die einzige Möglichkeit darstellen, Kompensation zu erlangen. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund die Rechte des Adhäsionsklägers mehrfach gestärkt in dem Bestreben, dem Adhäsionsverfahren in der Rechtswirklichkeit eine größere Bedeutung zu verschaffen und es zum Regelfall der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Opfers zu machen (vgl. BVerfGK 10, 142 <146>). Diese dem Geschädigten durch den Gesetzgeber zugedachte prozessual vorteilhafte Stellung würde im Falle einer Verweisung auf den Zivilrechtsweg im Wege der Subsidiarität unterlaufen.
Das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers wäre auch bei einer vollständigen Erfüllung der Bewährungsauflagen (je 1.000 Euro Schmerzensgeld) durch die beiden Verurteilten nicht entfallen. Denn abgesehen von den darüber hinausgehenden Feststellungsanträgen hat der Beschwerdeführer das von ihm begehrte Schmerzensgeld auf mindestens 8.500 Euro beziffert.
Zudem vermögen die faktisch bestehenden Vorteile einer Bewährungsauflage zur Leistung von Schmerzensgeld den rechtlichen Nachteil, keine Titulierung des Schmerzensgeldanspruchs zumindest dem Grunde nach erhalten zu haben, nicht auszugleichen. Dem Beschwerdeführer selbst erwächst aus der Bewährungsauflage kein Vollstreckungstitel. Im Falle einer Nichtleistung, bedingt etwa durch eine Änderung der Bewährungsauflagen gemäß § 56e StGB, einen Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung infolge einer neuen Straftat gemäß § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB oder den Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung infolge einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß §§ 55, 58 StGB, hätte der Beschwerdeführer ohne die Beschreitung des Zivilrechtswegs keine Möglichkeit, die Schädiger zur Zahlung anzuhalten. Auch bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit der Schädiger könnte er den vollen Betrag des durch das Amtsgericht für angemessen erachteten Schmerzensgeldes nicht im Wege der Bewährungsauflage von dem solventeren der beiden Schädiger allein erlangen, da insoweit keine gesamtschuldnerische Haftung besteht.
Das Urteil des Amtsgerichts verstößt gegen das Willkürverbot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde auch offensichtlich begründet.
Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird. Von willkürlicher Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BverfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>). Dies gilt nicht nur bei der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts; es gilt auch für die Handhabung des Verfahrensrechts. Das Verfahrensrecht dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Blickpunkt richtiger, aber darüber hinaus auch im Rahmen dieser Richtigkeit gerechter Entscheidungen. Auch die Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht kann demnach – wenn sie willkürlich gehandhabt wird – gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73 f.>; 54, 117 <125>).
Nach diesen Maßstäben stellt sich das Absehen von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge des Beschwerdeführers durch das Amtsgericht als unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar dar. § 406 Abs. 1 Satz 6 StPO lässt das völlige Absehen von der Entscheidung über einen Anspruch auf Zuerkennung von Schmerzensgeld nur wegen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO zu, nicht aber wegen mangelnder Eignung zur Erledigung im Strafverfahren gemäß § 406 Abs. 1 Satz 4 StPO. Im Übrigen kann von der Entscheidung über Adhäsionsanträge abgesehen werden, wenn sie sich auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignen, insbesondere, weil die weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde (§ 406 Abs. 1 Sätze 4 und 5 StPO). Möglich ist es nach herrschender Meinung in der Literatur zudem, die Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung von Schmerzensgeld auf ein Grundurteil zu beschränken (vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 406 Rn. 13; Grau, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2019, § 406 Rn. 15; Zabeck, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 406 Rn. 9; a. A. offenbar Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2009, § 406 Rn. 24). Insoweit steht dem Gericht ein pflichtgemäß auszuübendes Ermessen zu (vgl. BGHSt 47, 378 <381>). Will das Gericht von der Entscheidung über die gestellten Adhäsionsanträge insgesamt absehen, hat es die Verfahrensbeteiligten hierauf hinzuweisen und nach Anhörung des Adhäsionsklägers durch Beschluss von einer Entscheidung abzusehen (§ 406 Abs. 5 StPO).
Diese Rechtslage missachtet das Urteil des Amtsgerichts in objektiv willkürlicher Weise.
Hinsichtlich des Antrags auf Schmerzensgeldzahlung hat das Amtsgericht bereits den rechtlichen Ausgangspunkt verkannt, indem es letztlich allein auf eine mögliche Verzögerung des Verfahrens abstellt, ohne die Einschränkung der Voraussetzungen für das Absehen von einer Entscheidung in § 406 Abs. 1 Satz 6 StPO auch nur in Betracht zu ziehen. Zudem hat das Amtsgericht die Möglichkeit, die Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung von Schmerzensgeld auf ein Grundurteil zu beschränken, nicht erwogen.
Die darüber hinaus gestellten Feststellungsanträge waren zwar zu einem geringen Teil unzulässig, da sie ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der bereits eingetretenen materiellen Schäden nicht erkennen lassen (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 2 StR 145/19 -, Rn. 2; BGH, Beschluss vom 6. August 2019 – 3 StR 258/19 -, Rn. 3 f.). Davon abgesehen ist jedoch eine mangelnde Eignung für die Entscheidung im Strafverfahren nicht erkennbar. Das Amtsgericht hat sich von der Mittäterschaft der beiden Angeklagten überzeugt und von dem bei dem Beschwerdeführer eingetretenen Schaden durch seine Vernehmung und die Verlesung mehrerer Atteste einen Eindruck verschafft. Soweit das Amtsgericht einzelne Schadenspositionen im Rahmen des Schmerzensgeldanspruchs in Zweifel gezogen hat, betrifft dies nicht die Feststellungsanträge, sodass eine so begründete Befürchtung der Verfahrensverzögerung das Absehen von der Entscheidung nicht rechtfertigen kann.
Hinzu kommt, dass das Amtsgericht entgegen § 406 Abs. 5 Satz 2 StPO verfahrensfehlerhaft nicht im Beschlusswege, sondern durch Urteil entschieden hat.
Diese umfassende Missachtung der Vorgaben des § 406 StPO geht über die schlichte einfachrechtliche Unrichtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung hinaus. Insbesondere lässt das Urteil eine Auseinandersetzung mit den je nach Antragsgegenstand abgestuften Möglichkeiten, von einer Entscheidung abzusehen, in keiner Weise erkennen. Das Amtsgericht hat nicht unter die einschlägigen Normen subsumiert. Die Entscheidung stellt sich demnach als willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dar.