Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss zum Aktenzeichen 5 L 4164/23.F das Verbot des Aufzugs für den 23.12.2023 in der Zeit von 15 bis 20 Uhr in der Frankfurter Innenstadt für rechtswidrig erklärt. Das Verbot der Kundgebung „Stoppt den Genozid in Gaza! Schluss mit der Besatzung Palästinas!“ hält der gerichtlichen Prüfung nicht stand.
Aus der Pressemitteilung des VG Frankfurt am Main Nr. 15/2023 vom 22.12.2023 ergibt sich:
Die Antragstellerin und zugleich Anmelderin der Versammlung hat unter dem 21.12.2023 gegen die Verbotsverfügung der Stadt Frankfurt am Main vom 20.12.2023 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Das von der Stadt erlassene Verbot der Versammlung hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Anmelderin in jüngerer Vergangenheit in Frankfurt am Main und in Berlin als Anmelderin pro-palästinensischer und anti-israelischer Versammlungen aufgetreten ist und es zu befürchten sei, dass auch bei der jetzt angemeldeten Veranstaltung antisemitisches Gedankengut verbreitet werden soll.
Laut einer Gefahrenprognose der Polizei vom 18.12.2023 sei die Anmelderin in dem Verein Palästina e.V. tätig, dessen Satzungszweck unter anderem darin bestehe, sich mit allen Formen des palästinensischen Widerstands zu solidarisieren. Darunter sei aktuell auch die Solidarisierung mit Gewaltverbrechen an Zivilisten zu verstehen.
Das Gericht führt in seinem Beschluss demgegenüber aus, dass im Rahmen der summarischen Überprüfung die Verbotsverfügung offensichtlich rechtswidrig sei.
Nach § 14 Abs. 1 HVersFG kann die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Maßnahmen erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit ist in diesem Sinne gefährdet, wenn eine konkrete Sachlage vorliegt, die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge den Eintritt eines Schadens mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lässt und daher bei ungehindertem Geschehensablauf zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt.
Ein Versammlungsverbot als schwerste mögliche Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit könne nur dann verhängt werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit durch die Versammlung unmittelbar gefährdet werde. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche unmittelbare Gefährdung habe die Antragsgegnerin nicht vorgetragen.
Die vorgelegte Gefahrenprognose beziehe sich lediglich undifferenziert auf Erfahrungen der vorangegangenen Kundgebungen, die sich im Nachgang als fehlerhaft erwiesen hätten. Gerade die Versammlung am 9.11.2023 sei ausweislich des Verlaufsberichts der Polizei bis zu deren Auflösung störungsfrei verlaufen.
Allein die Zuordnung der Anmelderin zu dem nicht verbotenen Verein Palästina e.V. lasse keine Rückschlüsse auf befürchtete strafbare Äußerungen zu.
Die Strafbarkeit der von der Antragstellerin getätigten anti-israelischen und antisemitischen Äußerungen sei nicht abschließend geklärt, auch sei es nicht sicher, ob die Antragstellerin überhaupt auf der Versammlung das Wort ergreifen werde.
Es sei auch nicht erkennbar, ob mildere Mittel als das Verbot der Versammlung überhaupt geprüft worden seien.
Sollte es während der Versammlung zu Straftatbeständen durch die Teilnehmer kommen, so könne die Behörde hierauf jederzeit reagieren.