Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Urteilen vom 24.05.2024 zu den Aktenzeichen 4 A 2508/22 entschieden, dass die Stadt Solingen die Durchführung ihrer Wochenmärkte in Solingen-Mitte, Solingen-Wald und Solingen-Ohligs künftig im Rahmen eines noch abzuschließenden Durchführungsvertrags an eine lokale Bewerberin vergeben darf. Dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht heute nach gestriger mündlicher Verhandlung verkündet.
Die Stadt Solingen führte ihre Wochenmärkte bis 2014 selbst durch. Um deutliche Gebührenanhebungen zu vermeiden, beschloss der Rat der Stadt bereits im Jahr 2014, die öffentlich-rechtliche Trägerschaft aufzugeben und die Märkte in eine privatrechtliche Organisationsform zu verlagern. Hierdurch sollten die Wochenmärkte als Einrichtung gesichert und Belastungen für die Händler minimiert werden. Nach mehreren gescheiterten Vergabeverfahren veröffentlichte die Stadt im Juli 2020 eine erneute öffentliche Ausschreibung einer Dienstleistungskonzession über die Durchführung der Wochenmärkte. Die Ausschreibung sah u. a. vor, dass mit dem ausgewählten Bewerber ein Durchführungsvertrag abgeschlossen werden und Marktfestsetzungen zu seinen Gunsten erfolgten sollten. Auf die Ausschreibung bewarben sich eine lokale Bewerberin und die Klägerin, eine deutschlandweit tätige Veranstalterin von Wochenmärkten. In der Bewerbung der Klägerin auf die Ausschreibung befand sich auch ein Antrag auf gewerberechtliche Festsetzung der Wochenmärkte.
Ende des Jahres 2020 reklamierte die Klägerin eine fiktive Marktfestsetzung für sich, weil die Stadt über ihren Antrag auf Marktfestsetzung nicht innerhalb von drei Monaten entschieden hatte. Im Januar 2021 teilte die Stadt der Klägerin mit, dass sie sich im Rahmen einer Auswahlentscheidung zugunsten der lokalen Bewerberin entschieden habe. Im Mai 2021 untersagte das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Stadt in einem Eilverfahren, der lokalen Bewerberin den Zuschlag für die Durchführung der Märkte zu erteilen. Im Hauptsacheverfahren wies das Verwaltungsgericht die Klage später ab. Ein Zuschlag für die Durchführung der Märkte ist bisher nicht erfolgt.
Der 4. Senat hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende ausgeführt:
Für die Klägerin besteht zunächst keine fiktive Marktfestsetzung. Ihr Antrag auf Marktfestsetzung war von vornherein nicht vollständig und nicht geeignet, eine fiktive Erlaubniserteilung herbeizuführen. Aus ihrem Antrag ging nicht hervor, dass der Marktdurchführung durch die Klägerin keine sonstigen rechtlichen Hindernisse mehr entgegenstanden. Der Antrag bezog sich nicht auf eine Fläche, über die die Klägerin verfügen durfte. Sie war vielmehr Gegenstand der Ausschreibung einer Dienstleistungskonzession. Die Einführung der Genehmigungsfiktion für Marktfestsetzungen diente lediglich der Umsetzung der verpflichtenden Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie über Genehmigungsregelungen und sollte hierüber nicht hinausgehen. Eine solche unionsrechtliche Pflicht besteht jedenfalls nicht bezogen auf Marktfestsetzungsanträge, die sich auf Märkte beziehen, welche wie in Solingen als öffentliche Einrichtungen, auch im Konzessionsmodell, betrieben werden sollen, und über deren Flächen der Antragsteller etwa wegen einer fehlenden Sondernutzungserlaubnis nicht verfügen kann. Eine weitergehende Regelung war weder beabsichtigt, noch war der Bundesgesetzgeber wegen seiner insoweit nur noch nachwirkenden Gesetzgebungskompetenz hierzu befugt, nachdem das Marktrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen war.
Die von der Klägerin hilfsweise gerügte Auswahlentscheidung zugunsten der lokalen Bewerberin ist ebenfalls in der Sache nicht zu beanstanden. Die Stadt hat die Vergabe der Wochenmärkte im Einklang mit bundes- und unionsrechtlichen Vorgaben fair und transparent öffentlich ausgeschrieben. Die ausgewählte lokale Bewerberin hat sie unter Wahrung ihres Auswahlermessens frei von durchgreifenden Bewertungsmängeln ausgewählt. Im Rahmen der noch ausstehenden Verhandlungsvergabe besteht noch Raum dafür, dass sich die Beklagte Durchgriffsrechte vorbehält, um ihren öffentlich-rechtlichen Bindungen bei der Durchführung der Wochenmärkte entsprechen zu können.
Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.