Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Beschluss vom 27.10.2020 zum Aktenzeichen 4 B 3898/20 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines großflächigen neuen Sportfachmarktes in der Gemeinde Stuhr die Stadt Delmenhorst als Nachbargemeinde nicht in ihren Rechten verletzt.
Aus der Pressemitteilung des VG Hannover vom 27.10.2020 ergibt sich:
Die Gemeinde Stuhr genehmigte nach vorheriger Anpassung ihres Einzelhandelskonzeptes, des Flächennutzungsplanes und Änderung des Bebauungsplans im Dezember 2019 der Beigeladenen die Errichtung des Vorhabens mit einer Verkaufsfläche von 3.565m² im Gewerbegebiet Brinkum-Nord.
Die Stadt Delmenhorst hat als Nachbargemeinde gegen diese Entscheidung Klage erhoben und das Gericht um vorläufigen Rechtsschutz ersucht. Sie vertritt die Auffassung, dass die Genehmigung des Vorhabens unter Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes und der Ziele des Landesraumordnungsprogramms erteilt worden sei. Ihre Belange als Nachbargemeinde seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Mit der Errichtung eines weiteren großflächigen Einzelhandelsbetriebes erweitere die Gemeinde Stuhr die Einzelhandelsagglomeration in Brinkum-Nord und missachte die ihr durch die Landesraumordnung zugewiesene Rolle. Die Errichtung des Sportfachmarktes beeinträchtige durch die zu erwartenden Umsatzverschiebungen in städtebaulich relevanter Weise die Funktionsfähigkeit der Delmenhorster Innenstadt und gefährde so ihren Versorgungsauftrag im bereits vorgeschädigten Segment der Sportbekleidung und -artikel.
Das VG Hannover hat den Eilantrag abgelehnt.
Aus der Gesamtbetrachtung des Vorhabens unter Berücksichtigung der von der Gemeinde Stuhr im Vorfeld eingeholten gutachterlichen Prognosen sei keine hinreichend schwere Beeinträchtigung der Planungshoheit der Stadt Delmenhorst zu erwarten, so das Verwaltungsgericht. Insbesondere betrage die schlüssig prognostizierte Umsatzauswirkung auf den Einzelhandel in Delmenhorst lediglich 0,2 Mio. Euro pro Jahr. Dies entspreche rund 7,5% des branchenspezifischen Umsatzes und bewege sich unterhalb der Schwelle, die städtebauliche Auswirkungen erwarten lasse. Es sei zudem nicht der Zweck des interkommunalen Abstimmungsgebotes, Einzelhandelsbetriebe vor Konkurrenz zu schützen.
Auch habe die Stadt Delmenhorst nicht ausreichend belegen können, dass ihre Innenstadt durch die Gesamtzahl der Einzelhandelsbetriebe in dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin beeinträchtigt werde. Es liege vielmehr nahe, dass der gemessen an dem Nachfragepotenzial geringe Umsatz des Einzelhandels mit Sportartikeln und -bekleidung in Delmenhorst durch die ungünstige Lage zwischen den gut angebundenen Ortszentren der Stadt Bremen und der Stadt Oldenburg sowie die hohe Anzahl von Berufspendlern bedingt sei. Das Gewerbegebiet in Brinkum-Nord sei demgegenüber für die Anwohner von Delmenhorst eher von untergeordneter Bedeutung.
Der Stadt Delmenhorst steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG Lüneburg zu. Das Hauptsacheverfahren zur Anfechtung der Baugenehmigung ist unter dem Az. 4 A 3897/20 weiter anhängig.