Das Sozialgericht Mannheim hat mit Urteil vom 04.06.2019 zum Aktenzeichen S 9 SO 184/18 entschieden, dass der Sozialhilfeträger auch objektiv unangemessene Unterkunftskosten vollständig übernehmen muss, wenn eine Kostensenkung nicht möglich ist.
Aus der Pressemitteilung des SG Mannheim vom 23.07.2020 ergibt sich:
Die 75-jährigen Eheleute beziehen Altersrenten und ergänzend vom beklagten Kreis Grundsicherung im Alter. Sie bewohnen eine 62 qm große Wohnung, für die eine Bruttokaltmiete von 580 Euro zu zahlen ist. Die Klägerin ist gehbehindert und bewegt sich in der Wohnung mit Gehstock und Rollator fort. Bei ihr sind der Grad der Behinderung mit 100 und die Voraussetzungen des Merkzeichens „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und „B“ (Berechtigung für eine ständige Begleitung) festgestellt. Inzwischen wurde ihr ein Rollstuhl verordnet. Der Beklagte wies die Kläger darauf hin, dass nach den von einem Institut vorgenommenen statistischen Erhebungen in ihrem Umfeld eine Bruttokaltmiete von 461 Euro angemessen sei und forderte sie auf, eine kostengünstigere Wohnung zu suchen. Zunächst übernahm er aber für mehrere Jahre die tatsächlichen Kosten. Ab Mitte 2017 übernahm der Beklagte nur noch die von ihm für angemessen gehaltenen Kosten und bemängelte, die Kläger hätten keine ausreichenden Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen. Sie wandten ein, sie würden gerne in eine behindertengerechte Wohnung umziehen. Solche existierten aber nicht zu dem vom Beklagten genannten Mietpreis. Sie könnten nicht aus ihrer Gegend wegziehen, weil ihre Töchter eigens zugezogen seien, um sie pflegerisch zu unterstützen.
Das SG Mannheim hat den Klägern Recht gegeben und den Beklagten verurteilt, die Unterkunftskosten weiterhin voll zu übernehmen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die Wohnung zwar nach den vorliegenden statistischen Erhebungen zu teuer. Den betagten Klägern sei es jedoch nachvollziehbar nicht möglich, ohne Hilfe eine entsprechende Wohnung zu finden. Hilfestellung, etwa in Form von Übernahme von Maklerkosten, hatte der Beklagte nicht angeboten. Auch sei zweifelhaft, ob eine günstigere Wohnung, die den angesichts der Gehbehinderung der Klägerin speziellen Erfordernissen entspreche, verfügbar sei.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.