Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 16.07.2019 zum Aktenzeichen 14 U 60/16 entschieden, dass derjenige der vollen Haftung zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld unterliegt, wenn er über einen Radweg eine sogenannte Slackline spannt.
Aus der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 18.07.2019 ergibt sich:
Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrrad auf einem ca. 3,4 m breiten Rad- und Fußweg neben ihrem Ehemann im Sportgelände des Freiburger Stadtteils Rieselfeld. Dort hatten die drei volljährigen Beklagten über den Weg eine ca. 15 m lange und ca. 3 – 5 cm breite farbige Slackline gespannt. Diese befand sich zwischen den jeweils deutlich neben dem Weg befindlichen Pfosten eines Basketballkorbs und eines Pavillons in einer Höhe von ca. 15 bis 25 cm über dem Boden. Diese Befestigung hatten die Beklagten gewählt, weil sie keine geeigneteren Möglichkeiten fanden; die in Frage kommenden Bäume waren nicht stabil genug. Die Slackline war nicht zusätzlich optisch gesichert. Als die Beklagten ihre Balanceübungen auf der Slackline unterbrochen hatten, entfernten sie sich kurzzeitig von dort und hielten sich in dem neben dem Weg befindlichen Pavillon auf. Die Klägerin, die auf der leicht abschüssigen Strecke vor der späteren Unfallstelle zunächst eine leichte Linkskurve und dann eine Rechtskurve durchfahren musste, erkannte das über den Radweg gespannte Band zu spät und fuhr dagegen. Infolge des abrupten Halts stürzte sie über ihren Fahrradlenker und fiel mit Kopf und Schultern auf den Asphaltboden. Die Klägerin verlor kurzzeitig ihr Bewusstsein und musste mit einem Rettungswagen in die Universitätsklinik Freiburg verbracht werden. Aufgrund des Sturzes erlitt sie eine Gehirnerschütterung, eine Schultereckgelenksprengung mit Teilzerreißung des Kapsel-/Bandapparates und eine Prellung der Wirbelsäule. Die Klägerin musste sich nachfolgend zwei Operationen, drei Krankenhausaufenthalten und einer Rehabilitationsmaßnahme unterziehen und war etwas mehr als fünf Monate arbeitsunfähig. Sie beklagt neben bleibenden Schmerzen und körperlichen Beeinträchtigungen unter anderem auch Sachschäden und Verdienstausfall.
Das Landgericht hatte die Beklagten dem Grunde zu 100% verurteilt, jedoch nur 10.000 Euro Schmerzensgeld und nur einen Teil des eingeklagten materiellen Schadens zugesprochen. Dagegen haben beiden Parteien Berufung eingelegt.
Das OLG Karlsruhe hat nach Einholung eines technischen Gutachtens ein Mitverschulden der Klägerin nicht als erwiesen erachtet und die Verurteilung der Beklagten durch das Landgericht dem Grunde nach bestätigt.
Das Schmerzensgeld hat das Oberlandesgericht jedoch auch im Hinblick auf die durch den Unfall eingeschränkten beruflichen Möglichkeiten der Klägerin auf 25.000 Euro erhöht. Weiteren materiellen Schaden konnte das Oberlandesgericht mangels unter Beweis gestellten Vortrags nicht zusprechen. Er hat festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts verstößt derjenige gegen § 823 BGB i.V.m. § 315b StGB und § 32 StVO, der in einem öffentlichen Park ohne weitere Sicherungsmaßnahmen über einen Rad- und Fußweg eine sog. Slackline spanne. Er könne sich nicht darauf verlassen, dass die Slackline für einen Fahrradfahrer rechtzeitig sichtbar sei. Durch eine Drehung der ca. 3-5 cm breiten und ca. 2-3 mm hohen Slackline könne diese im ungünstigen Fall erst ca. 5 m vor deren Erreichen von einem Fahrradfahrer als Hindernis erkannt werden. Selbst wenn dieser aufmerksam sei, könne er dann bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h nicht mehr rechtzeitig vor der Slackline anhalten. Derjenige, der die Slackline spanne, könne daher vollumfänglich für die Folgen eines solchen Unfalls haften.