Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 10.10.2017 zum Aktenzeichen 1 BvR 2019/16 entschieden, dass die Regelungen des Personenstandsrechts mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar, als § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht positiv eintragen zu lassen.
Nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PstG ist das Geschlecht des Kindes einzutragen.
Für Frauen mit XX-Chromosomensatz war dies „weiblich“, für Männer mit XY-Chromosomensatz war dies „männlich“. Aber schon immer gab es auch Personen mit X-Chromosomensatz oder XXY-Chromosomensatz, die sowohl weibliche als auch männliche Merkmale zeigen.
Bisher wurde in solchen Fällen nach § 22 Abs. 2 PstG gar kein Geschlecht eingetragen; diese Personen waren damit geschlechtslos. Dies ist jedoch unzutreffend, denn selbstverständlich haben diese Personen auch ein Geschlecht – nur eben kein weibliches oder männliches.
Nach dem Bundesverfassungsgericht schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
Nach dem Bundesverfassungsgericht verstößt das geltende Personenstandsrecht auch gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG), soweit die Eintragung eines anderen Geschlechts als „männlich“ oder „weiblich“ ausgeschlossen wird.
Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung zu schaffen.
Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die betreffenden Normen nicht mehr anwenden, soweit sie für Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich deswegen dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, eine Pflicht zur Angabe des Geschlechts begründen.
Die Gesellschaft tut sich gerade unnötig schwer mit der Situation. Diese Personen als Geschlechtslose zu behandeln oder zu bezeichnen ist falsch. Die Gesellschaft wird eine Lösung finden, dieses neue, dritte, neutrale Geschlecht diskriminierungsfrei und ohne Beleidigung zu bezeichnen.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. ist im Schwerpunkt im Diskriminierungsrecht und Gleichstellungsrecht tätig und steht Ihnen für Rückfragen sehr gern per E-Mail, auf der Website oder per Telefon zur Verfügung!