Das Landgericht Limburg hat am 28.06.2021 zum Aktenzeichen 1 O 45/15 ein Krankenhaus, eine Krankenschwester und eine Belegärztin zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von insgesamt 1.000.000 Euro nebst Zinsen verurteilt.
Aus der Pressemitteilung des LG Limburg vom 28.06.2021 ergibt sich:
Weiterhin hat die Kammer festgestellt, dass dem Kläger sämtliche künftigen unvorhersehbaren immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge einer fehlerhaften Behandlung entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen seien. Gegenüber einem weiteren mitverklagten Belegarzt, der zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht diensthabend war, hat die Kammer die Klage abgewiesen.
Der damals einjährige Kläger war am 22.12.2011 wegen eines Infekts stationär eingewiesen worden. Am 26.12.2011 sollte er über einen Portzugang ein Antibiotikum erhalten. Dies regte den Kläger derart auf, dass er sich an einem zuvor gegessen Stück Apfel verschluckte und infolgedessen schwerste Hirnschäden erlitt. Nach der Beweisaufnahme war die Kammer davon überzeugt, dass die Krankenschwester bei der Gabe der Antibiose wusste, dass der Kläger kurz zuvor gegessen hatte. Auch hätte sie aus den Gesamtumständen damit rechnen müssen, dass sich der Kläger über die Gabe des Medikamentes aufregen würde. Sie hätte daher länger mit der Gabe des Medikamentes warten müssen, um ein mögliches Verschlucken von im Mund verbliebenen Speiseresten zu verhindern. Die nach dem Verschlucken eingeleiteten Rettungsmaßnahmen seien überdies fehlerhaft und in der durchgeführten Form sogar schädlich gewesen.
Für die Höhe des Schmerzensgeldes hat die Kammer maßgeblich auf die Folgen für den Kläger abgestellt. Insoweit hat die Kammer ausgeführt, dass der Kläger ein auch nur näherungsweise normales Leben nie führen werde. Er könne nicht sprechen, nicht laufen. Eine normale Kindheit sei ihm weitgehend verwehrt geblieben. Spielen mit seinen Eltern, Geschwistern oder anderen Kindern, der Besuch eines Kindergartens oder einer normalen Schule, der Aufbau von regulären Sozialbeziehungen zu Gleichaltrigen seien ihm verwehrt. Er könne sich kaum bewegen, nicht selbst essen oder sich waschen und pflegen. Rund um die Uhr sei er auf fremde Hilfe angewiesen. Seine Gefühle und Gedanken könne er nur eingeschränkt äußern. Selbst Essen und Schlafen seien für ihn infolge von Schluckbeschwerden und Epilepsie mit Angstzuständen verbunden.
Mit der zugesprochenen Schmerzensgeldsumme blieb die Kammer erheblich über der vom Kläger beantragten Mindestforderung. Der Kläger hatte beantragt, die Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nach pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes, mindestens jedoch in Höhe von 500.000,00 € zu verurteilen.