Das Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.07.2020 zum Aktenzeichen 7 Sa 3/20 entschieden, dass eine tarifvertragliche Regelung, die unterschiedliche Zuschläge für regelmäßige Schichtarbeit einschließlich Nachtarbeit einerseits, und für außerhalb der regelmäßigen Arbeit geleistete Nachtarbeit andererseits vorsieht, sich jedenfalls im Rahmen des den Tarifvertragsparteien eingeräumten Regelungsspielraumes hält, wenn tarifvertraglich jedenfalls gerade hinsichtlich der Pausen erhebliche Vorteile für Nachtschichtbeschäftigte geregelt sind.
Der Kläger arbeitete im Rahmen von Schichtarbeit.
Die Beklagte gewährte ihm für diese Arbeitszeiten Zuschläge von 25%.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Zuschlagsbegehren gerichtlich weiter.
Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Differenzierung zwischen Nachtzuschlägen und Nachtschichtzuschlägen im MTV Brauereien wirksam ist.
Dabei kommt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht darauf an, ob sich ein hinreichender Differenzierungsgrund aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz ergibt. Diesem Zweck des § 6 Abs. 5 ArbZG sollen – wenn auch in unterschiedlicher Höhe – beide Regelungen dienen. Das bedeutet aber nicht, dass sich auch der Grund für die Differenzierung in der Höhe des Zuschlags allein aus dem Zweck des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergeben muss. Für die unterschiedliche Zuschlagshöhe kann der sachliche Grund vielmehr auch aus anderen Umständen folgen.
Der Differenzierungsgrund ergibt sich vorliegend daraus, dass die Tarifvertragsparteien Schichtarbeit einschließlich Nachtarbeit als regelmäßige Arbeitsform geregelt haben, während die Nachtarbeit nur als Ausnahme vorgesehen ist. Für die Schichtarbeit einschließlich Nachtarbeit sieht der Tarifvertrag ein differenziertes Regelungssystem vor, während für die Nachtarbeit außerhalb der Schichtarbeit nur ein Zuschlag geregelt ist.
§ 8 Ziffer 6 MTV Brauereien sieht vor, dass als Schichtarbeit (Tag- oder Nachtschichten) die regelmäßig geleistete tägliche Arbeitszeit gilt, für die es einen Schichtplan gibt. Die Schichtarbeit soll mindestens fünf Tage dauern und muss den Beschäftigten drei Tage vorher angekündigt werden. Aufgrund der Produktionsbedingungen in der Brauereiwirtschaft bedarf es einer ständigen Besetzung der Betriebsanlagen, die nur bei einer regelmäßigen Schichtarbeit rund um die Uhr gewährleistet werden kann.
Anders als die „regelmäßig“ als Schichtarbeit geleistete tägliche Arbeitszeit ist die Nachtarbeit nach § 8 Ziffer 5 MTV Brauereien die außerhalb der Schichtarbeit und damit außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit geleistete Arbeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit. Damit ist Nachtarbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit anfallende Arbeit neben der oder zusätzlich zur Schichtarbeit.
Das sich daraus aus dem Tarifvertrag selbst ergebende Regel-/Ausnahmeverhältnis zwischen Nachtschichtarbeit und Nacharbeit ist ausreichender sachlicher Grund für die von den Tarifvertragsparteien vorgesehene Differenzierung in der Zuschlagshöhe.
Die im MTV Brauereien vorgesehenen unterschiedlichen und differenzierten Regelungen für regelmäßige Schichtarbeit einschließlich Nachtarbeit, die gerade hinsichtlich der Pausen erhebliche Vorteile gerade für Nachtschichtbeschäftigte vorsehen, und für außerhalb der regelmäßigen Arbeit geleistete Nachtarbeit halten sich im Rahmen des den Tarifvertragsparteien eingeräumten Regelungsspielraumes.
Der sachliche Grund besteht in der unterschiedlichen Art der jeweils abgeforderten Arbeit: Nachtarbeit ist die Ausnahme, die neben der regelmäßigen Arbeit und zusätzlich zu dieser anfallen kann. Wegen dieses Ausnahmecharakters kann sie nicht in das System der für Schichtarbeiten vorgesehenen Regelungen eingebaut werden, das gerade die Regelmäßigkeit des Arbeitsanfalls voraussetzt. Weil mithin die im regelmäßigen Schichtsystem für Nachtschichtarbeit vorgesehenen Vorteile hinsichtlich bezahlter Pausen, eines zusätzlichen Freizeittages und eines nicht anrechenbaren Zuschlags auf die Nachtarbeit außerhalb der Schichten nicht übertragen werden können, ist es nicht „außerhalb einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise“, dass für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit ein anrechenbarer Zuschlag von 50% vorgesehen ist. Da die bloße Nachtarbeit außerhalb des Schichtsystems notwendigerweise nicht Teil des differenzierten Regelungssystems für regelmäßige Arbeitszeiten sein kann, dass verschiedenartige Vorteile für Nachtschichtbeschäftigte vorsieht, liegt es vielmehr nahe, dass eine am Gerechtigkeitsdenken orientierte Betrachtungsweise einen höheren Zuschlag für Nachtarbeit geradezu fordert. Ob das der Fall ist, kann aber dahingestellt bleiben, weil es schon ausreicht, dass der geringere Nachtschichtzuschlag durch einen sachlichen Grund getragen wird, der nicht außerhalb einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise liegt.