Die BRAK hat sich entschieden gegen ein weiteres Gesetzesvorhaben gewandt, das kurz vor Ende der Legislaturperiode noch realisiert werden soll: Danach soll es künftig möglich sein, nach einem Freispruch vom Vorwurf einer Straftat, die von Gesetzes wegen nicht verjährt (Mord und Völkermord), das Verfahren zu Lasten des Freigesprochenen wieder aufzunehmen, wenn nachträglich neue Beweismittel bekannt werden.
Aus BRAK, Nachrichten aus Berlin Nr. 11/2021 vom 02.06.2021 ergibt sich:
Die bereits vorhandenen Wiederaufnahmegründe, die nur in Härtefällen eingreifen, sollen damit um einen weiteren Grund ergänzt werden. Die BRAK kritisiert scharf, dass die Verbände bei diesem wichtigen Vorhaben nicht eingebunden wurden. Weder fand eine Verbändeanhörung statt noch wurde der Entwurf, der zu einem radikalen Paradigmenwechsel im Strafverfahren führen würde, der BRAK überhaupt zugeleitet.
Die BRAK hatte bereits im Zusammenhang mit der Corona-Krisengesetzgebung wiederholt bemängelt, dass Verbändeanhörungen nicht oder nur mit extrem kurzen Fristen stattfanden. Es sei nicht nachvollziehbar, das nunmehr auch bei Gesetzesvorhaben ohne Corona-Bezug an den Rechtsanwendern als Experten, also der Anwaltschaft, vorbei agiert werde, empörte sich BRAK-Vizepräsidentin Ulrike Paul. Die Schaffung eines neuen Wiederaufnahmegrundes führe zu einem Paradigmenwechsel im Strafrecht, nämlich zu einer klaren Durchbrechung der Rechtskraft. Diese solle hier überdies in einem Hau-Ruck-Verfahren durchgesetzt werden. Für die gebotene sorgfältige Prüfung – und ordnungsgemäße Beteiligung der Verbände – sei bei dem anvisierten sportlichen Zeitplan in den letzten beiden Sitzungswochen des Bundestages schlicht kein Raum.